Dr. Benjamin Krebs arbeitet als Projektleiter der Paderborn Unit of Research in Entrepreneurship (PURE) bei TecUP, dem Existenzgründungs- und Transfercenter der Universität Paderborn. Zudem ist er für das Lehrangebot des an TecUP angeschlossenen Lehrstuhls International Business verantwortlich und in diesem Rahmen auch für das curriculare Entrepreneurship Education & Training-Angebot. Dieses wird im Rahmen des Exzellenz Start-up Centers OstwestfalenLippe (ESC.OWL) auch an weiteren Hochschulen in der Region angeboten.
Herr Dr. Krebs, welche Rolle spielen die Gründungseinstellungen von Personen bei der Entscheidung, ein Unternehmen zu gründen?
Positive Einstellungen zu Gründung und Unternehmertum sind sicherlich notwendig, aber bestimmt nicht hinreichend dafür, zu gründen. Zumindest mit Blick auf unsere Studierenden mangelt es nicht an positiven Einstellungen gegenüber Gründung – Startups und Entrepreneure sind hip. Und auch eine kürzlich in den Academy of Management Discoveries erschienene explorative Studie von Suárez und Kollegen (2021) kommt zu dem Schluss, dass in New York Times und Financial Times – also Mainstream-Tageszeitungen – in Bezug auf Entrepreneure/Founder eine positivere Stimmung vermittelt wird als in Bezug auf Manager/Executives. Bis zur Entwicklung einer Gründungsintention oder gar einer tatsächlichen Gründung ist es von da an aber noch ein weiter Weg.
Im Rahmen des Global Entrepeneurship Monitors wird die Gründungseinstellung von Personen unter anderem anhand der Wahrnehmung der eigenen Gründungschancen und -fähigkeiten und anhand der Angst vor dem Scheitern gemessen - Wie untersuchen Sie Gründungseinstellungen?
Wir konzentrieren uns hier auf objektive Indikatoren. Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele Studierende erst durch unser Lehrangebot zu Entrepreneurship überhaupt auf den Karrierepfad als Unternehmerin oder Unternehmer aufmerksam werden und ihn ernsthaft in Erwägung ziehen. Sensibilisierung ist daher ein großes Thema bei TecUP und dem ESC.OWL. Die Hürde, es einfach mal zu probieren und „loszulaufen“, ist hoch. Das beobachten wir zumindest mit Blick auf die „Conversion Rate“ von Teilnehmenden unserer curricularen Lehrangebote im Bereich Entrepreneurship und Innovation, die zum Großteil in der Entwicklung eines Businessplans kumulieren, zu weiterführenden extra-curricularen Qualifizierungsformaten und Events sowie dem Gründercoaching von TecUP. Am höchsten ist diese Conversion Rate im Bereich unserer Corporate Entrepreneurship-Lehrformate, in deren Rahmen wir Mitarbeitenden von Praxispartnerinnen und -partnern mit Studierenden zur Ideation von Geschäftsideen zusammenbringen und bis zum Enabling der besten Ideen begleiten und unterstützen. Hier sind die Hürden zur Gründung deutlich reduziert (Verfügbarkeit von Kapital, Zugang zu komplementären Ressourcen und Branchenexpertise, Incentivierung über Unternehmensanteile und Gehälter). Mit Sensibilisierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen wollen wir auch für „normale“ Gründungen die wahrgenommenen Hürden weiter senken, denn gerade für abschlussnahe Studierende und Doktoranden sind die Rahmenbedingungen für eine Gründung in Deutschland eigentlich sehr attraktiv.
Männer haben etwas positivere Gründungseinstellungen als Frauen. Wie erklären Sie sich das?
Ich gehe davon aus, dass die prototypischen Attribute, die einem Gründenden hierzulande zugeschrieben werden, nach wie vor stark agentisch und wenig kommunal geprägt sind und daher Frauen vermutlich eine größere Lücke zwischen ihren eigenen Eigenschaften und denen eines „prototypischen Gründers“ wahrnehmen und sich daher mit der Gründerrolle weniger identifizieren können als Männer. Vielleicht braucht es hier einfach mehr weibliche Rollenvorbilder und Community-Building mit Angeboten „von Frauen für Frauen“, wie sie sich auch in (typischerweise männlich dominierten) Risikosportarten großer Beliebtheit erfreuen.
Welche Maßnahmen sind sinnvoll, um die Gründungseinstellung von Personen positiv zu beeinflussen? Welchen Beitrag leisten Sie hier bzw. Ihre Hochschule?
Unser Ansatz setzt zum einen auf niedrigschwellige Angebote, um für das Thema Gründung zu begeistern, und ergänzt dies um ein umfangreiches „Starthilfe“-Angebot, um den Unwägbarkeiten einer Gründung so weit wie möglich den „Schrecken“ zu nehmen: Mit kostenlosen Büroräumen und Co-Working Spaces, einem Maker Room für das Prototyping physischer Produkte, Ideation Workshops für Gründungsinteressierte ohne Idee und Team, mit einer kohorten-basierten „Startup-School“ für angehende Gründende, Unterstützung bei der Beantragung von Gründerstipendien und Förderanträgen, Team-Matching- und Investor-Pitch Events, und einem Coachingangebot, das die Teams bis zum Product-Market Fit und, wenn gewünscht, sogar darüber hinaus begleitet. Für die Wachstumsphase bietet das Startup-Ökosystem OWL ebenfalls attraktive Unterstützungsmöglichkeiten, sodass erfolgreiche Startup Teams in der Region bleiben können.
Was muss zukünftig passieren, damit sich Gründungseinstellungen in der Gesellschaft in Deutschland verbessern?
Die Opportunitätskosten einer Gründung sind nach wie vor sehr hoch, der Arbeitsmarkt bietet hier gerade für stark nachgefragte Berufsgruppen die finanziell ergiebigere und mit weniger Risiko behaftete Alternative. Auch die Arbeitsbedingungen, z.B. hinsichtlich der Arbeitszeit, sind sicherlich für viele ein Argument für die Karriere in einem etablierten Unternehmen und gegen eine Gründung. Allerdings ist gerade die Gründung aus der Hochschule heraus durch das relativ großzügige Angebot an Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten und die noch geringen Ansprüche an finanzielle Sicherheit eigentlich sehr attraktiv; hier muss noch mehr Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit geleistet werden.
Vielen Dank für Ihre Einblicke!
Literatur
Quelle: Juan Luis Suárez, Roderick E. White, Simon C. Parker, & Antonio Jiménez-Mavillard. “Entrepreneurship bias and the mass media: Evidence from big data”, Academy of Management Discoveries, 2021, Vol. 7, No. 2, 247–265.
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