Prof. Dr. Sebastian Vogt ist Geschäftsführer des TecUP (Technologietransfer- und Existenzgründungs-Center) der Universität Paderborn sowie der garage33, dem Gründungscenter der Uni Paderborn.
Sein Weg in die Welt der Startups begann schon während seines Wirtschaftsstudiums an der JLU Gießen: Hier hat er mit zwei Kommilitonen das Startup eOpinio gegründet. Von 2009 bis 2016 war er als geschäftsführender Gesellschafter bei eOpinio tätig und durfte selbst universitäre Ausgründungserfahrungen über den gesamten Gründungsprozess hinweg (Geschäftsmodellentwicklung, EXIST-Stipendium, Unternehmensaufbau und -verkauf) sammeln. Diese Erfahrungen kann er nun bei TecUP direkt weitergeben.
Seit 2016 ist er wieder zurück in seinerr Heimatstadt Paderborn und Geschäftsführer bei TecUP. Mit seiner Arbeit möchte er dazu beitragen, eine Gründungskultur in Paderborn, OWL und ganz NRW zu etablieren. Sein Ziel ist es, ein Gründungsökosystem in OWL aktiv mit aufzubauen: Jede Gründerin und jeder Gründer aus der Region soll wissen, dass TecUP aktive Hilfestellungen in nahezu allen gründungsrelevanten Themenfeldern anbietet.
Herr Prof. Vogt, wie tragen Sie dazu bei, das Gründungsgeschehen zu beleben?
Das Technologietransfer- und Existenzgründungs-Center der Universität Paderborn (TecUP) setzt sich bereits seit 2014 für die Sensibilisierung und Qualifizierung im Themenfeld Existenzgründung aus der Hochschule ein und versteht sich als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Hier werden jungen kreativen Köpfen Wege in die Selbstständigkeit aufgezeigt – durch die Lehre an der Universität Paderborn, durch Events und Workshops sowie durch individuelles Coaching. Im Freiraum der garage33 setzt TecUP nicht nur auf eine gute Vernetzung und den Austausch von Gründenden und gestandenen Unternehmerinnen und Unternehmern, sondern auch auf den Zugang zu Wagniskapital – so etwa über den Technologiefonds OWL oder auch das Business Angel Netzwerk OWL (BAN.OWL). Als gründungsfreundliche Hochschule und eines von sechs Exzellenz-Start-up-Centern in Nordrhein-Westphalen bieten wir jegliche Unterstützungsleistung, um unseren Studierenden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bestmöglich dahingehend zu befähigen und/oder zu unterstützen, erfolgreiche Geschäftsmodelle in den Markt zu überführen.
Welche Rolle spielen Hochschulen bei der Motivation und Ausbildung von Gründungsinteressierten?
Hochschulen können Brutstätten sein, die qualifizieren, vernetzen (vor allem auch zur Wirtschaft) und (infrastrukturell) unterstützen. Hochschulen können Innovationstreiber sein, indem sie junge Menschen ermutigen, ihre Ideen und (wissenschaftlichen) Erkenntnisse in reale Geschäftsmodelle transferieren.
Welche Ansatzpunkte sind am sinnvollsten, um das regionale Gründungsgeschehen zu beleben?
1. Act local, shine global
Als Universität Paderborn, in deren Leitbild die Gründungsförderung fest verankert ist, bieten wir durch starke strategische Konzepte und bereits bestehende Strukturen zur Förderung der Forschungsexzellenz hin zu einer Gründungsexzellenz die ideale Basis zum Aufbau eines Exzellenz Start-up Centers in Ostwestfalen-Lippe. Wir unterstützen bereits seit vielen Jahren junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Gründung erfolgreicher Start-ups. Mit einem Projektvolumen von 20 Millionen Euro werden die Maßnahmen zur Überführung von Forschungserkenntnissen mit großem Marktpotenzial in überzeugende Geschäftskonzepte weiter ausgebaut und verstärkt. Unser Ziel ist es, uns zu einem Leuchtturm mit internationaler Strahlkraft für Gründungsvorhaben zu entwickeln. Die Schwerpunkte liegen, wie in der Region OWL selbst, in den Bereichen digitale Transformation, Internet der Dinge (IoT) und Business-to-Business- Gründungen (B2B-Gründungen). Vor allem soll die Zahl der B2B-Gründungen in enger Kooperation mit der Wissenschaft und der technologieorientierten Wirtschaft in der Region Ostwestfalen-Lippe erheblich gesteigert werden.
2. Gemeinsam ans Ziel
Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, haben wir nicht zuletzt die Fachhochschule Bielefeld (FH Bielefeld) und die Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) in das Projekt integriert. Durch die Bündelung unserer Kompetenzen wird das Start-up-Ökosystem nachhaltig gestärkt, sodass die gesamte Gründungsregion OWL von dem Projekt profitiert. Gemeinsam sensibilisieren wir unsere jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für unternehmerisches Denken und Handeln und unterstützen die Ideengebenden in jeder Phase des Gründungsprozesses. In unserem Exzellenz-Programm konnten wir unter anderem zwei Entrepreneurship-Professuren einwerben, von denen jeweils eine an der FH Bielefeld sowie der TH OWL Sensibilisierungs- und Qualifizierungsaufgaben vorantreiben. Weitere Maßnahmen sind die Etablierung von Gründungsbotschafterinnen und -botschaftern an den fünf Fakultäten der Universität Paderborn sowie an der FH Bielefeld und der TH OWL in Verbindung mit den neu eingerichteten Entrepreneurship-Professuren sowie die Einführung von Transferscouts an allen Fakultäten und allen drei Hochschulen, um das Gründungspotenzial von Forschungsergebnissen zu identifizieren. Auch die Talentförderung durch das Top Talent Programm, das überdurchschnittlich engagierte Studierende während des Studiums für Unternehmertum qualifiziert, eine Hightech-Gründungsunterstützung durch Veranstaltungen zu Prototyping und zur Geschäftsmodellentwicklung sowie durch den Aufbau eines Maker Space als Zugang zu Prototyping- Kapazitäten sollen uns näher an unser Ziel bringen.
Was macht Ihre Region als Gründungsstandort einzigartig?
Ostwestfalen-Lippe (OWL) ist die Region der Spitzentechnologie in Nordrhein-Westfalen und landesweiter Vorreiter der digitalen Transformation. Als digitale Modellregion, Heimat des Spitzenclusters Intelligente Technische Systeme (it’s OWL) und der Fraunhofer Institute IEM und IOSBINA gestaltet OWL die Zukunft. Hierbei verfügt die Region nicht nur über eine Hochschullandschaft mit Spitzenforschung, sondern zugleich als Region der familiengeführten Hidden Champions über mittelständische Technologie- und Weltmarktführer, um gemeinsam Forschungserkenntnisse zu marktfähigen Produkten und Geschäftsmodellen zu transferieren. Aufbauend auf diesem Nährboden leistet das TecUP als Exzellenz Start-up Center.OWL (ESC.OWL) wertvolle Pionierarbeit zum Aufbau eines OWL-weiten Start-up Ökosystems, welches die Spitzenposition der transferorientierten Forschung an der Schnittstelle zwischen Informatik, Ingenieurwesen, Natur- und Wirtschaftswissenschaften sowie Kulturwissenschaften gezielt als Wettbewerbsvorteil und Differenzierungsmerkmal nutzt.
Was muss zukünftig passieren, damit die Gründungsquoten in Deutschland steigen?
Die Gründung eines Unternehmens sollte bei jungen Menschen bereits frühzeitig als Karriereoption gelten. Um dies zu erreichen, müssen wir noch früher und vor allem breiter und deutlicher für das Thema sensibilisieren. Wir sind das Land der Dichter und Denker. Auf diese Tugenden sollten wir uns besinnen und sie immer wieder in uns selber wecken. Angefangen bei Schülerinnen und Schülern bis hin zu Mitarbeitenden im späteren Berufsleben (Corporate Entre- bzw. Intrapreneurship) … auf allen Ebenen unseres Lebens sollten Angebote uns ermuntern, unsere Ideen in Unternehmensgründungen zu überführen.
Vielen Dank für Ihre Einblicke!
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