Jan Radicke vertritt den Ilmkubator Gründerservice an der TU Ilmenau. Der Ilmkubator ist ein in der Linie EXIST-Potentiale vom BMWK gefördertes Projekt. Mit ihren Aktivitäten kümmern sie sich zum einen um die Verankerung des unternehmerischen Denken und Handelns bei ihren Zielgruppen und befördern und steigern die Gründungsaktivitäten an der Universität, aber auch im Umfeld dieser. Herr Radicke darf sich neben der koordinativen Funktion im Projekt auch um Netzwerkbelange, die Verknüpfung mit anderen Transferaktivitäten an der Hochschule und in der Region und nicht zuletzt auch um die konkrete Beratung innovativer Gründungsprojekte kümmern.
Herr Radicke, welche Rolle spielen Hochschulen, bzw. speziell die TU Ilmenau, bei der Motivation und Ausbildung von Gründungsinteressierten?
Hochschulen kommt eine sehr wichtige Rolle insbesondere im innovativen Gründungsgeschehen zu - sei es durch sensibilisierende Aspekte auf verschiedenen Ebenen, aber auch durch konkrete Impulse im curricularen und extracurricularen Bereich. Den typischen Gründungsinteressierten/die typische Gründungsinteressierte gibt es m.E. übrigens gar nicht – jeder Weg zum Gründen ist immer etwas anders und somit einzigartig. Somit ist die Frage der Motivation auch immer eine Frage von Kontext: persönlicher Erfahrungsschatz gepaart mit Neugier, das Aufnehmen von Chancen und Timing. Hierbei flankiert dann die Wissensvermittlung und Betreuung, wenn es konkreter im Gründungsprozess wird. Bei all diesen Facetten stehen wir zur Seite.
Wie tragen Sie dazu bei, das Gründungsökosystem/Gründungsgeschehen zu beleben?
Unsere Aktivitäten sind ganzheitlich gedacht. Wir möchten unser regionales Gründungsgeschehen aktiver gestalten und damit gründungsaffinen Personen und Teams den Nährboden und die Wachstumsbeschleuniger an die Hand geben. Ein Beispiel: Wir hatten längere Zeit aufgrund fehlender Ressourcen keine Möglichkeit potentiell aussichtsreichen Teams im technischen Bereich den „Raum“ zum Tüfteln zu ermöglichen – seit knapp zwei Jahren können wir erfreut beobachten, wie dies mit kleinen Bürolösungen gelingt und wiederum andere auch mitzieht. Hierzu gehören aber u.a. auch die engmaschige Begleitung von ausgewählten Teams auf Augenhöhe mit einem eigenen Masterclass-Programm, unserer Ilmkubator Class.
Welche Ansatzpunkte sind am sinnvollsten, um das regionale Gründungsgeschehen zu beleben?
Nicht nur in kurzfristigen Erfolgen und Aufmerksamkeitsgewinnen denken, sondern auch strategisch rückgekoppelt an Bedarfen und Möglichkeiten der Region handeln. Im eher ländlich geprägten Umfeld unserer Hochschule gibt es ein interessiertes und hilfreiches Unterstützungsnetzwerk bei innovativen KMUs, in der Wirtschaftsförderung und auch bei privaten, ehrenamtlich tätigen Akteurinnen und Akteuren, das aktiv mit uns arbeitet und den Gründungsinteressierten auch zu Gute kommt. Hierzu zählen gemeinsame Aktivitäten, um Ilmenau und die Region als Gründungsstandort zu positionieren, bspw. zu begeistern für gute technologieorientierte Gründungsstories und die vielfältigen Möglichkeiten, die eine Technische Universität im Gründungskontext bietet.
Was macht Ilmenau als Gründungsstandort einzigartig?
Ilmenau hat als Stadt im ländlichen Raum eine Menge zu bieten, auch bei den weichen Standortfaktoren. Dazu gehören im Gründungskontext das schon erwähnte gründungsunterstützende Netzwerk, aber auch eine positive Ausgründungsentwicklung mit weit über 220 Ausgründungen aus der TU Ilmenau sowie durch Hochschulangehörige seit 1990, Tendenz in den letzten drei bis vier Jahren wieder steigend. Die allermeisten der innovativen Tech-Gründungen sind am Standort geblieben und bilden mit ihren Niederlassungen im Umfeld der TU Ilmenau auch eine sichtbare Motivation für nachfolgende Gründungsgenerationen.
Inwiefern hat die Corona-Pandemie das Gründungsgeschehen in Ilmenau beeinflusst?
Die Corona-Pandemie hat m.E. zu einer sicht- und fühlbaren Steigerung der Gründungsaktivitäten in unserem Umfeld geführt. Biographien wurden hinterfragt oder mussten auch zwangsläufig angepasst werden. Wir konnten mit unseren Angeboten nahtlos auf elektronische Kommunikation umstellen und haben somit auch in unwägbaren Zeiten sensibilisieren und betreuen können, dies hat auch noch einmal andere Zielgruppen erreicht. Wir haben direkt auch Gründungsprojekte mit technischen Lösungen in Verbindung mit Patentanmeldungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie.
Vielen Dank für Ihre Einblicke!
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