Dr. Ronald Kriedel ist seit 2017 Geschäftsführer des Centrums für Entrepreneurship & Transfer (CET) der TU Dortmund sowie in der Geschäftsführung der Tochtergesellschaften TU concept GmbH und TU capital GmbH tätig. Mit den drei Organisationen bieten sie einerseits Raum und andererseits Formate für Transfer- und Innovationsvorhaben. Ziel ist ein unbürokratischer und multidirektionaler Austausch und Fluss von Wissen und Kompetenzen zwischen der Universität und der Wirtschaft. Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen dabei in der Entwicklung, Transformation und Etablierung von Geschäftsmodellen sowie in der Durchführung und Etablierung von Innovationsprozessen und -formaten.
Herr Dr. Kriedel, welche Rolle spielen Hochschulen, oder speziell Ihre Hochschule, bei der Motivation und Ausbildung von Gründungsinteressierten?
Hochschulen spielen eine bedeutende Rolle bei der formellen Ausbildung junger Menschen. Hinzu kommen weitere eher informelle Kompetenzen wie Entrepreneurship, welche auch das Basiswissen für eine Gründung bilden. Kombiniert man nun die formellen Ausbildungswege, wie bspw. Maschinenbau, Informatik, Chemie, Journalismus oder Kulturwissenschaft mit entrepreneurialem Kompetenzerwerb, werden den Lernenden Möglichkeiten und Perspektiven neben einem klassischen Karriereweg aufgezeigt. So wird eine Hochschule der ideale Ort, um für das Thema Gründung zu sensibilisieren, zu befähigen und schlussendlich auch zu begeistern. Für die TU Dortmund setzen wir diesen Weg konsequent auf der Ebene der Studierenden und wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um. Hinzu kommen die Vernetzung und das Einbinden von Role-Models, die den Weg schon erfolgreich gehen bzw. gegangen sind.
Wie tragen Sie dazu bei, das Gründungsgeschehen zu beleben?
Als 2019 ausgezeichnetes Exzellenz Start-up Center können wir als zentrale universitäre Einrichtung umfangreich die Studierenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Alumni der TU Dortmund sowie die Gründungsinteressierten der Region unterstützen. Dieses tun wir einerseits mit der Unterstützung von formellen Lehrformaten und andererseits mit unseren wiederkehrenden informellen Angeboten, welche wir anhand der Zielsetzung in drei Transferwege unterteilt haben: „Technologie & Innovation“, „Entrepreneurship Education“ und „Start-up Incubation“. Bei allen Transferwegen bieten wir unterschiedliche Programme und Angebote, die dabei helfen, Transferpotenziale zu heben, ein unternehmerisches Mindset und eine Kompetenz auszubilden und Gründungsvorhaben in allen Phasen umfangreich zu unterstützen. Ergänzt werden die Transferwege durch die Transferservices: Gründungs- und Transferberatung, Infrastruktur (Maker-, Data- und CoWorkingSpace), Kooperationen & Netzwerk sowie IP Management. Diese Angebote und Services übernehmen die praktische Unterstützung unserer Zielgruppen in allen Transferwegen und -phasen.
Welche Ansatzpunkte sind am sinnvollsten, um das regionale Gründungsgeschehen zu beleben?
Aus unserer Sicht ist es ungemein wichtig, für alle Phasen – von der Begeisterung und ersten Ideenentwicklung bis zum Wachstum – Unterstützungsangebote anzubieten. Ansonsten besteht die Gefahr, dass vielversprechende Gründungsvorhaben entwickelt werden, dann jedoch wieder verloren gehen. Eine enge Zusammenarbeit aller Akteure aus der Gründungsförderung der Region (z.B. Wirtschaftsförderungen, Hochschulen etc.) ist unerlässlich, um Maßnahmen zu entwickeln, die sich ergänzen und den Gründerinnen und Gründer so eine ideale Unterstützung bieten können. Zudem ist es aus unserer Erfahrung sehr wichtig, erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer als Mentorinnen und Mentoren und Gastreferentinnen und Gastreferenten (Role-Models) einzubinden und den Austausch unter den Gründerinnen und Gründer anzuregen, indem Räume für Austausch und Vernetzung geschaffen werden. Abschließend ist der Zugang zu Kapital sowie das Mitdenken der Finanzierung von Beginn an wichtig. Hierzu haben wir mit der Tochtergesellschaft TU capital GmbH einen Partner direkt vor Ort, der durch die Finanzexpertise die Teams kontinuierlich unterstützt.
Was macht Ihre Region als Gründungsstandort einzigartig? Inwiefern hat die Pandemie das Gründungsgeschehen in Ihrer Region beeinflusst?
Durch die Pandemie wurden nahezu alle unsere Formate digitalisiert. Hierdurch konnte einerseits eine Steigerung der Teilnehmendenanzahl erreicht werden, aber der persönliche und zufällige Austausch sogenannte „Clash of Innovation“ wurde unterbunden, was wirklich fehlt. Die TU Dortmund liegt mit dem CET mitten in einem der größten Technologieparks Europas. Diese Nähe von Wissenschaft und Unternehmen bietet zahlreiche Potenziale. Die Dichte an Hochschulen im Ruhrgebiet ist einzigartig und trägt dazu bei, dass der Wissens- und Innovationsstandort gestärkt wird. Die als iCapital 2021 (europäische Innovationshauptstadt) ausgezeichnete Stadt Dortmund („Brückenschlag Südwestfalen“) sowie die TU Dortmund mit dem CET orientieren sich zudem nach Südwestfalen, welche einen starken Mittelstand und eine große Anzahl an „hidden champions“ aufweist. Die Zusammenarbeit zwischen Start-ups, der Innovationskraft der Universität und den KMU zeigt immense Potenziale auf. Und ein nicht ganz unwichtiger Punkt für Start-ups: Die Mieten und Lebenshaltungskosten sind deutlich niedriger im Vergleich zu den Start-up Hotspots Berlin und München.
Was muss zukünftig passieren, damit die Gründungsquoten in Deutschland steigen?
Hier möchte ich mich gerne Herrn Laguna de la Vera von der SPRIND Agentur oder auch Herrn Prof. von Grünberg anschließen. Beide beschreiben die zentralen Herausforderungen, die entstehen, wenn öffentliche auf private Gelder treffen. Hierbei entstehen immer Bereiche, wo Unterstützungsformate durch bürokratische Prozesse an ihre Grenzen stoßen. Dadurch laufen Transfervorhaben und Ausgründungen Gefahr, nicht umgesetzt oder ggf. gar nicht erst angestoßen zu werden. Hier müssen tragfähige, schlanke und standardisierte Prozesse etabliert werden, wie dieser Wissenstransfer zwischen Universitäten und dem Markt direktional funktioniert. Hierzu haben wir mit der TU concept GmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der TU Dortmund, einen entscheidenden Schritt gemacht. Ziel ist es, dass kein Transferprojekt oder keine Gründung an den Rahmenbedingungen scheitert, sondern angegangen wird.