5.2.2 Rückfragen, Mängel in Unterlagen und die Komplexität der Wirklichkeit

5.2.2 Rückfragen, Mängel in Unterlagen und die Komplexität der Wirklichkeit

Der Bedarf nach einem Ansprechpartner zur Klärung von Fragen steigt mit der Komplexität einer Gründung. Während die Mystery Shopper Gewerbeanmeldungen und Eintragungen in die Handwerksrolle weitgehend ohne Probleme bewältigen konnten, ließen sich die Makler- und Apothekenbetriebserlaubnis nicht immer so einfach beantragen. Die Häufigkeit, mit der die Beantragung der Maklererlaubnis Hilfe erforderte, ist auch darin begründet, dass dem Antrag oftmals sechs wiederum zu beantragende Bescheinigungen beigelegt werden müssen, die hier bereits mit eingerechnet sind. Dennoch gibt Abbildung 35 zunächst wenig Anlass zur Beunruhigung, da die Zahl der gestellten Rückfragen im Verhältnis gering erscheint. Dieser Eindruck ändert sich jedoch, wenn die Ergebnisse aus der Qualitätssicherung mit einbezogen werden. Obwohl die Mystery Shopper im Vorfeld eine ausführliche Beratung erhielten, wäre die Gründung in 16 Fällen ohne Korrektur gescheitert. Der Grund dafür lag vor allem in fehlenden Unterlagen, die entweder vom Mystery Shopper übersehen wurden oder sich ihm nicht erschlossen haben. Hinzu kommen zehn Fälle, in denen Unterlagen unnötigerweise besorgt wurden, bei denen der Mystery Shopper nicht erkannte, dass die betreffenden Unterlagen durch den EA besorgt werden.

Die Erkenntnis, dass selbst gut vorbereitete Gründer offensichtlich zu einem signifikanten Teil die Gründung fehlerhaft durchführen, erklärt die Bedenken der Interviewpartner aus den Ordnungsbehörden (vgl. Kapitel 5.1.1.2). Die grobe Schätzung eines Sachbearbeiters einer Ordnungsbehörde, wonach rund ein Drittel der elektronisch oder postalisch vorgenommenen Gründungen fehlerhaft seien, lässt sich angesichts oftmals weniger gut vorbereiteter Gründer nachvollziehen. In der Wahrnehmung der Sachbearbeiterin einer anderen Ordnungsbehörde verursachen persönlich erstattete Gewerbeanmeldungen lediglich rund ein Drittel des Aufwands im Vergleich zu einer postalisch oder elektronisch erstatteten Anzeige, wobei die per Briefpost eingegangenen Meldungen den höchsten Aufwand mit sich brächten.

In den Gesprächen wurde aber auch deutlich, dass die Verwaltungsmitarbeiter für die fehlerhaften Anzeigen und Anträge nicht ausschließlich den Gründer verantwortlich machen. Wesentliche Ursachen seien vielmehr Abgrenzungsschwierigkeiten bei bestimmten Tätigkeiten (z.B. im Hinblick auf die Frage, ob das Unternehmen gewerblich oder freiberuflich oder in welche Gefahrenklasse zur Veranlagung in der Berufsgenossenschaft die Tätigkeit einzuordnen ist) oder die Komplexität umfangreicher Genehmigungsverfahren, wozu etwa die Gaststättenerlaubnis oder die Baugenehmigung gehören. Gerade bei Baugenehmigungen hängt der Umfang der tatsächlich geforderten Unterlagen von dem einzelnen konkreten Vorhaben ab, was sich im Mystery Shopping mangels einer realen Lokalität nicht vollständig abbilden ließ. Die Mystery Shopper erfassten zwar die auf den Seiten aufgeführten Unterlagen, eine abschließende Beurteilung der Vollständigkeit war aber nicht immer möglich. So sind die beizubringenden Unterlagen in Hamburg nur über einen Hinweis auf die dortige Bauvorlagenverordnung zu erahnen. Bei einer realen Gründung wäre eine Rücksprache mit der Baubehörde zwingend erforderlich, um die tatsächlich benötigten Unterlagen zu bestimmen. Ähnlich lassen sich auch in den anderen Bundesländern die Anforderungen an einen Bauantrag zur Nutzungsänderung oftmals nur beim Sachbearbeiter erfragen.