5.1.2 Die Inhalte der Seiten

5.1.2 Die Inhalte der Seiten

Sofern nun der Gründer die Seiten zur Gewerbeanmeldung gefunden hat, stellt sich im nächsten Schritt die Frage, wie hilfreich die ermittelten Informationen sind. Denn schließlich soll der Gründer seine Anmeldung vollständig über das Internet abwickeln, wozu er aber eben auch dort die notwendigen Auskünfte zur Verfügung haben muss. Einige, vor allem kleinere Gemeinden stellen jedoch lediglich einen Link zum Portal des Landes zur Verfügung. Von den 20 in Abbildung 26 in der rechten Hälfte aufgeführten Gemeinden haben zwar acht noch eine weitere Seite mit Inhalten zur Gewerbeanmeldung, 12 allerdings verzichten vollständig auf eine Seite mit eigenen Inhalten.

Die Gesprächspartner aus den interviewten Kommunen stehen der Zentralisierung von Informationen ambivalent gegenüber. Auf der einen Seite wird die Entlastung gesehen, wenn Doppelarbeit vermieden wird. Auf der anderen Seite sind die Kommunen aus mehreren Gründen skeptisch:

  • Die Gemeinde respektive der Kreis ist nach den Erfahrungen der Interviewpartner für den Bürger der erste Anlaufpunkt zur Einholung von Informationen über eine Verwaltungsleistung. Daher sollte die Seite der Kommune zumindest die grundlegenden Informationen zur Verfügung stellen.
  • Die Inhalte auf den Seiten der Kommune müssen mit denen des Landesportals verzahnt sein, um Vollständigkeit und Konsistenz zu gewährleisten, womit aber auch ein gewisser Aufwand für die Pflege verbunden ist.
  • Die Gestaltung des Internetauftritts ist nicht zuletzt auch ein Standortfaktor, weshalb die Gesprächspartner sich vom Landesportal eine nahtlose Integration (Stichwort „Look & Feel“) in das eigene Corporate Identity Design wünschen.

Grundsätzlich kann im Hinblick auf die erstellten Inhalte zwischen zwei Arten von Portalen unterschieden werden: Erstens erstellt und pflegt das Land die Inhalte allein, womit zwar die Kommune weniger Arbeit hat, aber auch weniger Einfluss auf Inhalt und Gestaltung der Seiten. Zudem merkte ein Interviewpartner an, dass Änderungen nur mühsam umzusetzen sind. Zweitens stellt das Land nur ein Content Management System (CMS) zur Verfügung, wobei dann die Inhalte von den Kommunen selbst erstellt oder ergänzt werden, womit die Kommune zwar die Hoheit über die Inhalte behält, aber einen – in Abhängigkeit der verfügbaren Schnittstellen – höheren Aufwand für die Pflege hat. In den Gesprächen berichteten Interviewpartner aus Bayern und Thüringen, dass die Inhalte in den Landesportalen zusätzlich zu denen auf den eigenen Seiten gepflegt werden müssen, womit entweder eine Doppelarbeit oder das Fehlen von Inhalten im Landesportal verbunden ist. Zwar stellen die Länder Schnittstellen zur automatisierten Datenübernahme aus den kommunalen Systemen zur Verfügung, die jedoch noch nicht von allen Anbietern kommunaler Verwaltungssoftware unterstützt werden. So ergab die Nachfrage beim Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung tatsächlich lediglich vier Anbieter die Schnittstelle zum BayernPortal unterstützten.

Die Möglichkeit einer Integration zumindest von Teilen eines Portals in den eigenen Internetauftritt wird bereits heute von einigen Kommunen genutzt, wie das Beispiel im vorangegangenen Kapitel zu den Informationen zur Maklererlaubnis auf den Seiten der Stadt Flensburg illustriert. Allerdings beschränkt sich die Integration nach den Erfahrungen aus der Untersuchung nur auf die Informationen zur Verwaltungsleistung. Andere Teile eines Landesportals – etwa die Dateneingabe oder der Dokumentenversand – sind bislang nur auf gesonderten Seiten verfügbar.

Die Gemeinden, die eine eigene Seite mit Informationen zur Gewerbeanmeldung haben, bieten in Abbildung 27 ein gemischtes Bild. Der überwiegende Teil erfüllt zwar die Pflicht, indem die wichtigsten Schritte oder zumindest Rechtsnormen genannt werden, der Anteil der umfassenden und verständlichen Erläuterungen ist jedoch gering. Zudem stellen 14 Gemeinden gar keine oder nur kaum Informationen zur Verfügung.

Informationen zur Gewerbeanmeldung finden sich aber nicht nur auf den Seiten der Gemeinde, sondern auch auf denen des jeweiligen Portals, wodurch fehlende Informationen auf den Seiten der Gemeinden unter Umständen ergänzt werden können. Wie Abbildung 28 zeigt, gelingt das in Portalen in unterschiedlichem Ausmaß. Während die Portale der Länder sowie die Seiten der Gemeinden zumindest die grundlegenden Informationen mehrheitlich wiedergeben, beschränken sich die Portale der Kommunen überwiegend auf die reine Datenerfassung, was insofern unproblematisch ist, solange die hinführende Seite die notwendigen Auskünfte enthält. Positiv zu erwähnen bleibt die Nutzung multimedialer Inhalte im niedersächsischen Landesportal in Form eines Videos, das zumindest die Funktionsweise des Portals erklärt.

Im Hinblick auf die Informationen zu den Erlaubnisverfahren weisen die auf den Seiten der jeweils zuständigen Behörde verfügbaren Auskünfte eine ähnliche Streuung auf wie die zur Gewerbeanmeldung, wobei zur Apothekenbetriebserlaubnis noch seltener umfangreiche Auskünfte zu erhalten sind als zu den anderen Verfahren. Vermutlich gehen die Behörden davon aus, dass ein Apotheker ohnehin die wesentlichen Anforderungen und Verfahrensschritte kennt.

Zwar kann der hohe Anteil an Behörden und Kammern, die keine oder kaum Informationen zur Verfü- gung stellen, nicht befriedigend sein, dennoch ließen sich in der Stichprobe auch positive Ansätze feststellen:

  • Die HWK Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald präsentiert zur Eintragung in die Handwerksrolle ein Video zur Sinnhaftigkeit der Mitgliedschaft in der Handwerkskammer. Damit wird zwar das Verfahren nicht erklärt, aber doch zumindest der Versuch unternommen, beim Gründer Verständnis für die Verwaltungsleistung zu schaffen. Die Recherche zeigte, dass dieses Video mittlerweile von einigen Kammern genutzt wird, wie z.B. von der HWK für Ostfriesland, die ebenfalls über eine serviceorientierte Seite zur Handwerksrolle verfügt.
  • Einige Behörden stellen auf ihren Seiten umfangreiche und zum Teil mit weiterführenden Links versehene Seiten zur Maklererlaubnis bereit. Die Mystery Shopper fanden solche Seiten nicht nur in größeren Städten wie Düsseldorf oder Halle, sondern auch bei den Kammern für Wolfsburg und Oldenburg sowie im Amt Crivitz.
  • Die Seiten mit Informationen zum Bauantragsverfahren sind oftmals aufgrund der Besonderheit jedes Einzelfalls nicht sehr aussagekräftig. Ausnahmen in der Stichprobe stellen z.B. Potsdam und die kleine Gemeinde Hohenbrunn dar. Dabei nutzt Hohenbrunn die Möglichkeit, Informationen im BayernPortal zur Verfügung zu stellen.

Abschließend zu den Inhalten einer Seite erfassten die Mystery Shopper nicht nur die Informationen zur Verwaltungsleistung der Gewerbeanmeldung, sondern auch die Auskünfte zum konkreten Verfahren in der jeweils betreffenden Gemeinde:

Die Mystery Shopper konnten in über 40 % der Gemeinden keine Auskünfte dazu finden, wer was wie wem übermitteln muss. Wie Abbildung 30 veranschaulicht, haben vor allem kleinere Städte oftmals zwar Erläuterungen zur Gewerbeanmeldung allgemein auf ihren Seiten, lassen den Gründer aber im Unklaren, welche Schritte er nun zu gehen hat. Ein Grund dafür liegt in dem Ansatz einiger Gemeinden, vorgefertigte Texte des Landes per „Copy & Paste“ zu übernehmen, ohne jedoch die jeweils gemeindespezifischen konkreten Verfahrensschritte zu ergänzen (vgl. auch Kapitel 4.1.6).

Zusätzlich zu den quantitativen Ergebnissen konnten auf Basis von Hinweisen aus dem Mystery Shopping und der Qualitätssicherung weitere Erkenntnisse zur Gestaltung der Inhalte im Detail gewonnen werden:

  • Mitunter werden die Bemühungen um das eGovernment durch fehlende oder unglückliche Erläuterungen konterkariert. So besorgt z.B. der EA in Brandenburg im Rahmen der Beantragung einer Maklererlaubnis in einem auch die Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis, die Negativbescheinigung des Insolvenzgerichts und die Unbedenklichkeitsbescheinigung des kommunalen Steueramts. Allerdings wird dieser Service nicht erklärt, sondern zeigt sich lediglich in den Anlagen zum Antrag in Form von Amtshilfeersuchen, die sich dem juristischen Laien aber nicht erschließen. Aus den Anlagen wird weder ersichtlich, um welche Bescheinigung es sich handelt noch, dass der Gründer die Bescheinigung nicht selbst einholen muss. So war dem Mystery Shopper denn auch die korrekte Erfassung erst nach Rücksprache möglich.

    Ein anderes Beispiel sind die Erläuterungen zur Auskunft aus dem Vollstreckungsportal auf den Seiten Berlins. Zwar sind die Erläuterungen ausführlich und informativ, jedoch unvollständig. Die Ausführungen erklären zwar die Beantragung aus dem Vollstreckungsportal über den Postweg mit Freischaltung mittels PIN, weisen aber nicht auf die elektronische Beantragung mittels eID hin, wodurch ein Medienbruch entsteht, der dem Gründer einen erhöhten Aufwand und eine unnötige Wartezeit verursacht, sofern er nicht die – ebenfalls nicht direkt ersichtliche – Option im Vollstreckungsportal findet.
  • Der von einigen Gemeinden in Niedersachsen genutzte Standardtext des Wirtschaftsministeriums zur Beantragung einer Maklererlaubnis führt bei den benötigten Unterlagen eine „Auskunft über Einträge gem. § 26 Absatz 2 Insolvenzordnung (InsO) und § 882 ZPO im Schuldnerverzeichnis des zuständigen Amtsgerichts“ an. Darüber hinaus enthält die Seite nur noch zwei Links zu den betreffenden Gesetzestexten, die aber auch keinen weiteren Aufschluss über die tatsächlich geforderten Unterlagen ermöglichen, weshalb der Mystery Shopper eine rechtskonforme Beantragung nicht ohne weitere Rücksprache durchführen konnte.
  • An zwei Stellen der Untersuchung sind kritische Auskünfte zur steuerlichen Erfassung aufgefallen. Im ersten Fall enthält das Landesportal in Nordrhein-Westfalen die Auskunft „Die Gewerbetreibenden bekommen nach der Gewerbeanmeldung in der Regel automatisch vom Finanzamt den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung zugeschickt.“ Im zweiten Fall steht auf der Seite der IHK Frankfurt a.M. „Bei Gewerbebetrieben schickt das Gewerbeund Ordnungsamt automatisch eine Kopie an das zuständige Finanzamt, so dass dort eine zusätzliche Anzeige nicht vorgenommen werden muss.“ Bei der weiteren Recherche zeigte sich, dass solche Auskünfte auf den Seiten einiger Gemeinden, Landesbehörden und Kammern zu finden sind. Diese Auskünfte bergen für den Gründer allerdings ein Risiko, da erstens die Finanzämter laut der Neuerfassungsstelle eines Amts in Nordrhein-Westfalen nicht (mehr) automatisch dem Gründer den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung zusenden und zweitens die Mitteilung der Gewerbemeldestelle an das Finanzamt die steuerliche Erfassung nicht ersetzt. Nach Auskunft der Mitarbeiterin des Finanzamts werden Gründer in der Praxis, wenn diese nicht selbst innerhalb des vorgegebenen Monats die steuerliche Erfassung vornehmen, aber erst einmal angemahnt, bevor Sanktionen erlassen werden.
  • Es kam vor, dass sich Auskünfte auf der Internetseite, in Merkblättern und Formularen widersprachen. Besonders aufgefallen ist dies in Niedersachsen, wo zwar eigentlich die jeweilige IHK für die Maklererlaubnis zuständig ist, jedoch sowohl das Landesportal als auch einzelne Gemeinden ein eigenes Formular und eigene Auskünfte zur Verfügung stellen, die allerdings im Hinblick auf die verlangten Unterlagen von denen der Kammer abweichen.
  • In ein paar Fällen waren Auskünfte schlicht veraltet, wie das Beispiel in Aachen zeigte. Sowohl auf der Seite der Kreisbehörde als auch im Formular selbst wird zur Beantragung einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis auf das Portal Ve§uV verwiesen, das aber bereits 2016 durch das Vollstreckungsportal ersetzt wurde.
  • Ein weiteres Problem, das an verschiedenen Stellen beobachtet wurde, ist die Trennung von eigentlich zusammengehörenden Informationen. Ein Beispiel hierfür gibt die IHK für Ostfriesland und Papenburg, die die Formulare unter dem Menüpunkt Gewerbeerlaubnisse – und auch wirklich nur die Formulare – verortet, die Auskünfte hingegen unter dem Menüpunkt Gewerberecht zur Verfügung stellt.
  • Manchmal sorgte das Zusammenspiel von Gemeinde und Landesportal für Verwirrung, wie am Beispiel des BayernPortals deutlich wird. Die Gemeinde stellt ein eigenes Portal zur Gewerbeanmeldung zur Verfügung, ist aber durch das OZG verpflichtet, diese Leistung auch im Landesportal zu hinterlegen. Die Gemeinde hat nun auf ihrer Seite einen Link zum BayernPortal, wo dann wiederum der Gründer durch einen Link zurück auf die Seite der Gemeinde geführt wird. Der Mystery Shopper kam zwar an sein Ziel, dennoch kann eine solche Gestaltung einen Gründer irritieren.
  • Die Mystery Shopper wurden gebeten, neben der eigentlichen Erfassung des Gründungsprozesses auf besonders übersichtliche oder besonders unübersichtliche Seiten hinzuweisen. Selbst wenn sich die Seiten kleiner Gemeinden nicht mit denen eines Stadtstaats vergleichen lassen, so weisen doch z.B. die Städte Hamburg und Berlin, obwohl beide zur Gewerbeanmeldung die gleiche technische Plattform nutzen, erhebliche Unterschiede in der Übersichtlichkeit auf. Eine Kritik des Mystery Shoppers war, dass bereits in der Einstiegsseite von Hamburg fast die Hälfte des Bildschirms mit der Werbung einer Supermarktkette ausgefüllt wird. Werbung ist zwar nicht grundsätzlich abzulehnen – eröffnet sie den Kommunen doch etwas mehr finanziellen Spielraum für innovative Webseiten, allerdings darf sie die eigentliche Funktion der Seite nicht beeinträchtigen oder sogar, wie auf der Seite zur Gewerbeanmeldung, Werbung enthalten, die Gründer in Verbindung mit der Verwaltungsleistung in die Irre führen kann:

Während die seitenübergreifende Gestaltung von Internetauftritten in der Regel bei einem zentralen Verantwortlichen liegt, werden die Inhalte der Seiten zu den einzelnen Verfahren nach Auskunft der Interviewpartner in den Kommunen ausschließlich von Mitarbeitern der jeweiligen Fachbereiche verantwortet, was die Unterschiede selbst innerhalb eines Internetauftritts sowie die oftmals fehlenden gegenseitigen Bezüge erklären könnte. Bei der Frage, weshalb Informationen manchmal nur unvollständig sind17, wurde in den Gesprächen vor allem argumentiert, dass die Mitarbeiter die Inhalte zusätzlich zu ihrer fachlichen Tätigkeit nebenbei erstellen. Dadurch fehle ihnen sowohl die Zeit als auch mitunter die notwendige Kompetenz zur Pflege einer Webseite. Nach Ansicht des Verwaltungsleiters einer Gemeinde lässt sich hier nur Abhilfe schaffen, indem die Leitung erstens die Mitarbeiter anweist und zweitens Ihnen für die Aufgaben eine Art Checkliste an die Hand gibt, woraus die Anforderungen hervorgehen. 

17 Die Gründe, warum Angebote zur elektronischen Übermittlung fehlen, wurden bereits in Kapitel 5.1.1.2 angesprochen und werden noch in den Kapiteln 5.2 sowie 5.3 vertieft diskutiert.