2 Zweck und Ziel

2 Zweck und Ziel

Grundsätzlich ist jede Initiative zu begrüßen, die Unternehmensgründerinnen und -gründern ihr Vorhaben erleichtert. Allerdings ist von einer Digitalisierung der Verwaltungsverfahren keine neue Start-up-Welle zu erwarten. Wie die oben erwähnten Studien zur Bürokratiebelastung von Gründern zeigen, sind die Verfahren zwar mehr oder weniger aufwendig, halten aber niemanden von der Gründung ab. Die Optimierung des Gründungsprozesses mit Hilfe digitalisierter Verfahren ist dennoch aus mehreren Gründen ein lohnenswertes Unterfangen:

Erstens fördert ein konsequent kundenorientiertes Verfahren eine Kultur der Selbstständigkeit, indem den Gründern der Eindruck vermittelt wird, dass der Staat ihnen ihren Start erleichtern will. Durchgehend digitalisierte Verwaltungsprozesse können zumindest einen kleinen Beitrag hierzu leisten, was angesichts der im Global Entrepreneurship Monitor ermittelten Werte für die betreffenden Indikatoren (Sternberg et al. 2018) auch geboten erscheint. Obwohl sich ein direkter Einfluss einer gründerfreundlichen Verwaltung nur schwer nachweisen lässt, so deutet der internationale Vergleich insbesondere mit den Ländern, die eine hohe Gründungsquote aufweisen, auf einen Zusammenhang hin (Global Entrepreneurship Research Association 2018).

Zweitens wirkt sich die Digitalisierung auch auf die Aufbaustruktur und die Arbeitsprozesse in einer Verwaltung aus (Heuermann et al. 2018, S. 244). In Verbindung mit der oben erwähnten Aufgabenkritik ermöglicht Digitalisierung so nicht nur die elektronische Übermittlung der Gewerbeanmeldung, sondern erleichtert den gesamten Gründungsprozess erheblich, indem überflüssige Anforderungen identifiziert werden und die Koordination der einzelnen am Gründungsprozess beteiligten Behörden durch die Vernetzung gefördert wird. Auf diese Weise erfolgt eine Entlastung auch innerhalb der öffentlichen Verwaltung und realisiert Einsparungen in der Bürokratie selbst.

Damit in Verbindung besteht drittens die Chance, das Informationsangebot für die Gründer zentral und übersichtlicher zu gestalten, als dies jeweils den einzelnen Behörden möglich wäre. Dies reduziert nicht nur den Aufwand der Gründer, sondern bewahrt ihn außerdem vor Fehlern, die dann tatsächlich eine Gründung zum Scheitern bringen könnten.

Und schließlich viertens sei an dieser Stelle – in Vorwegnahme der Ausführungen zu den Interviews in Kapitel 4.6 – auf die Anmerkung des Leiters einer Ordnungsbehörde hingewiesen, der den Vorteil einer tatsächlich medienbruchfreien Kommunikation mit den Gründern nicht nur in der Reduktion des Verwaltungsaufwands für die Behörde sieht, sondern außerdem in der höheren Flexibilität digitalisierter Prozesse, womit überhaupt erst die Möglichkeit der Einrichtung von Heimarbeitsplätzen geschaffen werde. Gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel in der öffentlichen Verwaltung sei dies ein Argument zur Werbung z.B. von Müttern, die so über ein VPN Vorgänge zeitlich flexibel bearbeiten könnten.

Zusammenfassend verfolgt der Auftrag somit den Zweck, die flächendeckende Schaffung digitaler kundenfreundlicher Lösungen unter Beachtung des komplexen Zusammenspiels der einzelnen Behörden im Gründungsprozess als Ganzem zu unterstützen, wobei ein Nutzen sowohl für die Gründer als auch für die Behörden generiert werden soll.

Um dem Zweck des Auftrags gerecht zu werden, verfolgt das Projekt das Ziel, ein möglichst vollständiges Abbild von dem zu erhalten, was bereits an der Schnittstelle zwischen Gründern und Kommune im Hinblick auf die Digitalisierung des Gründungsprozesses – und insbesondere auf die medienbruchfreie Erledigung aller regulatorischen Anforderungen – möglich ist. Hierzu ist zwar keine Repräsentativität im engen Sinne – also die Ermittlung des Anteils der Kommunen, die ein bestimmtes Merkmal erfüllen – erforderlich, allerdings genügt allein die Benennung von einzelnen Good Practices nicht. Es galt sicherzustellen, alle infrage kommenden Ansätze und Hemmnisse zu identifizieren. Die Erfassung dieser Ansätze und Hemmnisse allein wäre jedoch hinsichtlich des verfolgten Zwecks wenig hilfreich gewesen, weshalb außerdem die mit den Ansätzen korrespondierenden Rahmenbedingungen zu ermitteln waren, wodurch der Transfer geeigneter Lösungen – und somit die effektive Unterstützung – überhaupt erst möglich wird.