Der Geschäftsführer eines kleinen Industrieunternehmens findet im Rahmen eines Strategieprozesses für sein Unternehmen seine bereits seit einiger Zeit bestehende Vermutung bestätigt, dass er zur Umsetzung seiner Geschäftsziele in den sehr unterschiedlichen Marktsegmenten, in denen sein Unternehmen sich bewegt, eine eigene Funktion (Abteilung) "Personalarbeit" schaffen (und personell besetzen) muss:

1. Einrichtung einer Personalabteilung[1]

Der Geschäftsführer eines kleinen Industrieunternehmens findet im Rahmen eines Strategieprozesses für sein Unternehmen seine bereits seit einiger Zeit bestehende Vermutung bestätigt, dass er zur Umsetzung seiner Geschäftsziele in den sehr unterschiedlichen Marktsegmenten, in denen sein Unternehmen sich bewegt, eine eigene Funktion (Abteilung) "Personalarbeit" schaffen (und personell besetzen) muss:

Erstens wird und muss das Unternehmen in den nächsten Jahren sowohl in einem Preismarkt (hohe Stückzahlen auf relativ niedriger Qualitätsstufe in Lohnfertigung zur Auslastung einer neuen sehr teuren Anlage) im Kostenwettbewerb, als auch in einem Qualitätsmarkt im Wettbewerb mit weiteren innovativen Anbietern, die ebenfalls in der Lage sind, sehr komplexe Baugruppen zu fertigen und zu montieren, erheblich wachsen; Dies bedeutet für die Auftragssteuerung, Führung und Kompetenzanforderungen seiner Produktion eine wachsende Spreizung sehr heterogener (personalwirtschaftlicher) Anforderungen.

Zweitens wird das Unternehmen insgesamt in den nächsten 2 – 3 Jahren um ca. 20 – 30 Mitarbeiter wachsen und damit eine Wachstumsschwelle überschreiten, die den bisherigen Rahmen der Personalarbeit, ein Nebenbei-Erledigen der Personal(verwaltungs)arbeiten durch eine Sachbearbeiterin der Controllingabteilung, deutlich sprengt.

Insgesamt unterstreicht der Strategieprozess, dass das Unternehmen  

  • einen deutlichen Zuwachs an Facharbeitern,
  • weitere angelernte Kräfte mit Berufserfahrung in der Metallindustrie,
  • außerdem das Personal für eine neu einzurichtende Arbeitsvorbereitung (vor allem wegen der o.g. Spreizung) – insbesondere einen AV-Leiter,
  • aufwändig (passend) qualifizierte Nachfolger für einige wenige absehbar (in 2 – 3 Jahren) ausscheidende Schlüsselkräfte auf Schlüsselpositionen (u.a. Vertriebsleiter)
  • sowie eine Erhöhung seiner Ausbildungsquote in 2 Berufsfeldern

braucht. Im Einzelnen waren all diese Sachverhalte dem Geschäftsführer und dem Führungskreis bekannt. Erst der Strategieprozess jedoch macht sie im Zusammenhang sichtbar unter der Überschrift der strategischen Schlüsselgröße "Attraktivität für die passenden Personen"[2] und zeigt die Dringlichkeit, die Struktur des Unternehmens um die Funktion "Personalarbeit" zu erweitern, sprich: einen Personalverantwortlichen/ Personalleiter zu beschäftigen.

Mit dieser Bestandsaufnahme im Strategieprozess hat der Geschäftsführer bereits die ersten Antworten auf die im Ergebnis sich aufdrängende Frage nach dem erforderlichen Aufgabenprofil seines zukünftigen Personalleiters gefunden:

  • Dieser muss relativ schnell dafür sorgen, dass passende Facharbeiter eingestellt werden;
  • Er muss für neue anzulernende Produktionsmitarbeiter mit einem Minimum an Berufserfahrungen in der Metallindustrie sorgen;
  • Er muss geeignete Azubis finden und einzustellen und dafür ggf. Ausbildungsmarketing leisten ;
  • Er muss einen AV-Leiter entweder intern aufbauen und (extern) qualifizieren lassen oder extern rekrutieren (was bei der gegebenen Arbeitsmarktlage ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen wäre);
  • Er muss dafür sorgen, dass in den nächsten Jahren Nachfolger für 2 Schlüsselkräfte (einer ist der Vertriebsleiter!) aufgebaut werden.

Natürlich fallen der neu einzurichtenden Funktion Personalarbeit auch all die personalverwaltenden Tätigkeiten (Entgeltabrechnung, Sozialversicherungen der Mitarbeiter etc.) zu, die bisher eine Sachbearbeiterin nebenher erledigt – wie man sieht, ein insgesamt sehr heterogenes Anforderungsprofil, dass von einer Sachbearbeiterin der Controllingabteilung auch bei erheblichem Weiterbildungsaufwand nicht leistbar wäre.

Durch die strategische Brille ist nun folgendes klar sichtbar:

  • Der Beitrag, den die Personalfunktion zur Umsetzung der Unternehmensstrategie zu erbringen hat;
  • Der Beitrag der Personalfunktion zur Wertschöpfung des Unternehmens;
  • Die Tatsache, dass die Personalfunktion ihren Wertschöpfungsbeitrag jedoch nicht allein, aus eigenem Antrieb heraus erbringen kann, sondern nur auf der Grundlage eines Auftrags von und einer entsprechenden Auftragsklärung mit der Geschäftsführung (bzw. dem Management).

Deutlicher als die Betrachtung manches größeren mittelständischen Unternehmens mit etablierter Personalabteilung zeigt das Beispiel des kleinen Industrieunternehmens, dass das Anforderungsprofil "Personalarbeit" in einem mittelständischen Unternehmen sich aus drei sehr unterschiedlichen Aufgabenarten zusammensetzt, die jeweils sehr unterschiedliche Kompetenzanforderungen an die Personalverantwortlichen begründen:

  • Primäre Aufgaben, das sind all die Aufgaben, die unmittelbar aus den geschäftlichen Anforderungen des Unternehmens und seiner Geschäftsfelder (ggf. auch seiner Funktionen) resultieren, also die benötigten Mitarbeiter, in der benötigten Anzahl mit den benötigten Fähigkeiten zur richtigen Zeit und am richtigen Platz verfügbar zu haben.
  • Sekundäre Aufgaben, das sind all die (Fach-)Aufgaben, die aus den primären Aufgaben resultieren, weil sie zu deren erfolgreicher Erfüllung erforderlich sind, z. B. Qualifizierung, Bindung, Marketing etc. Je größer ein mittelständisches Unternehmen ist, desto mehr sekundäre Aufgaben gibt es normalerweise – und desto höher das Risiko, dass diese sich gegenüber den primären Aufgaben verselbständigen, mit dem Folgerisiko, dass eine Personalabteilung in Begründungsnöte gerät. All die schönen Worte wie Talent Management, Employer Branding, Arbeitgeberattraktivität etc. werden grundsätzlich überschätzt, wenn deren strikter Bezug zu den konkreten primären Aufgaben eines Unternehmens nicht plausibel herstellbar ist.
  • Tertiäre Aufgaben, das sind alle personalverwaltenden Aufgaben wie Entgeltabrechnung, Zeiterfassung, Sozialversicherung der Mitarbeiter etc.; Sie haben mit dem eigentlichen Personalmanagement nichts zu tun und können leicht outgesourced werden. Es sind standardisierte Grundfunktionen, deren Erledigung (im Unterschied zu den primären und sekundären Aufgaben) nicht eines Auftrages an die Personalabteilung bedarf und daher auch nicht als interne Dienstleistung der Personalabteilung organisiert werden muss.

Die vorstehende Betrachtung zeigt, dass richtig verstandene Dienstleistungsqualität der Personalarbeit in einem mittelständischen Unternehmen ihren primären Aufgaben (s.o.) oberste Priorität geben muss und diese immer in Auftragsklärungen mit dem Management zu präzisieren und zu detaillieren sind und dabei sehr genau darauf zu achten ist, dass sich gegenüber den (beauftragten) primären Aufgaben die daraus abgeleiteten sekundäre Aufgaben nicht verselbständigen. Wenn das Management geschäftlich notwendige Beauftragungen versäumt, kann eine Personalabteilung sich nicht selbst beauftragen (obwohl dies in der Praxis häufig geschieht bzw. versucht wird). Der richtige Weg in solchen Fällen ist stattdessen, in Kommunikation mit dem Management klare Aufträge zu erreichen.

Besonderes Augenmerk für die Personalarbeit verdienen also die verschiedenen möglichen Auftragskonstrukte für die Aufträge aus dem Management; sie können aus der Unternehmensstrategie, aus den Strategien der verschiedenen Geschäftsfelder, aus der Jahresplanung, aus Funktionalstrategien oder aus Ad-hoc-Aufgaben des Managements der Arbeitssysteme eines Unternehmens abgeleitet werden.

2. Workshop „Wertschöpfungsbeitrag der Personalabteilung“[3]

In einem größeren mittelständischen Unternehmen beobachtet die Geschäftsführung, dass die Personalkostenproduktivität[4] sinkt und auf eine Größenordnung zusteuert, die vom Management als kritisch angesehen wird (< 1,8). Hinzu kommt die weitere Beobachtung, dass das Tun der Personalabteilung für die Geschäftsführung nur noch teilweise nachvollziehbar ist und als intransparent empfunden wird. Die Personalleiterin kann zwar ihre Budgets, Maßnahmen und auch ihr teilweise angebotsorientiertes Leistungsportfolio (z.B. einen Weiterbildungskatalog) rhetorisch immer wieder gut begründen – trotzdem fehlt aus der Sicht des Management die Überzeugungskraft. In dieser Situation erteilt die Geschäftsführung der Personalleiterin den Auftrag (!), sich in einer internen Klausur (ggf. mit externer Moderation) intensiv mit 2 Fragen zu beschäftigen:

  1. Worin sieht die Personalabteilung den Wertschöpfungsbeitrag der Personalarbeit für das Unternehmen?
  2. Wie stellt die Abteilung die Dienstleistungsqualität ihrer internen Leistungen sicher?

Hilfreiche Fragen für die interne Positionsklärung einer Personalabteilung:

  • Welches ist der Zweck der Personalfunktion? Welches sind unsere (internen) Kunden? Welche Aufgaben ergeben sich aus den Aufträgen unserer Kunden? Welche Beiträge leisten wir für den Nutzen unserer Kunden?
  • Welche unserer Aufgaben lassen sich als primäre Aufgaben kennzeichnen und konkretisieren, und welche als daraus abgeleitete sekundäre?
  • Wie findet derzeit die Auftragsklärung mit dem Management für unsere primären und für unsere sekundären Aufgaben statt?
  • Welche der sekundären Aufgaben, die wir bislang ggf. wahrnehmen, sind weder aus primären Aufgaben noch aus Managementaufträgen ableitbar und daher zu streichen?
  • Mit welchen Auftragskonstrukten sollten/ könnten wir zukünftig unsere Personalarbeit strukturieren?
  • Wie soll unser Leistungsportfolio zukünftig aussehen?
  • Wie sollen unsere Leistungen intern verrechnet werden?
  • Welche Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten (AKV)[5] sollen die Arbeit innerhalb der Personalabteilung künftig strukturieren?

 [1] Das folgende Beispiel entstammt einem Strategieprozess, den das RKW Kompetenzzentrum in Erprobung eines neu entwickelten Leitfadens in einem kleinen Industrieunternehmen durchgeführt hat.

[2] Vgl. Hoffmann, T.: Strategie für kleine Unternehmen. RKW: 2015, S. 8-11

[3] Dieses Beispiel ist zusammengesetzt aus mehreren einzelnen sehr aktuellen Erfahrungen in mittelständischen Unternehmen. Es beruht nicht ausschließlich auf einem einzelnen Fall. Die Situation, die das Beispiel beschreibt, kommt auf immer mehr Personalabteilungen mittelständischer Unternehmen zu.

[4] Personalkostenproduktivität = Rohertrag : Personalkosten

[5] Vgl. Roman Stöger: Produktivitätssteigerung und Ergebnisverbesserung. Stuttgart: Schäffer-Poeschel 2012, S. 173 ff.