Wie unterstützen Mittelständler ihre Mitarbeiter bei deren beruflicher Weiterentwicklung? Wie eröffnen sie Karriereperspektiven und gestalten Fach- und Führungslaufbahnen? Diese Fragen standen bei unserem zweiten Netzwerktreffen "strategische Personalarbeit" am 3. März 2016 im Mittelpunkt.

Mein persönliches Fazit: Expertenlaufbahnen sind eine interessante und innovative Möglichkeit, Schlüsselkräfte ans Unternehmen zu binden und ihre Stärken zu fördern. Denn nicht Alle, die fachlich Herausragendes leisten, haben auch das Talent zur Führungskraft oder wollen diese Aufgabe übernehmen. Eine auf das Unternehmen zugeschnittene Fachlaufbahn erfordert allerdings einige Anstrengungen, zahlreiche Fallstricke sind zu umgehen. Viele Mittelständler lösen das bisher mit eher informellen, historisch gewachsenen Strukturen, die die Position von einzelnen Fachkräften stärken, z.B. mit größerer Budgetverantwortung oder anderen Handlungsspielräumen.

 Das Netzwerk "strategische Personalarbeit" entwickelt sich rund um unser Projekt "Wettbewerbsfähig mit Personalstrategie" (WePstra). Es beschäftigt sich mit der Frage: Was muss ein kleines oder mittleres Unternehmen personalseitig heute entscheiden und beginnen, um auch morgen noch erfolgreich im Geschäft zu sein? Und wir meinen: Eine Fachlaufbahn kann eine Antwort darauf sein, denn sie bietet Unternehmen die Möglichkeit,

  • für wichtige Mitarbeiter an Attraktivität zu gewinnen,
  • diese dadurch stärker zu binden,
  • sie entsprechend ihrer Stärken und Interessen zu fördern und dadurch gleichzeitig
  • Führungspositionen für talentierte Führungskräfte frei zu halten.  

 Bei allen Vorteilen, müssen gerade mittelständische Unternehmen aber auch die (mitunter besser passenden) Alternativen im Blick behalten. So war der Fokus der Veranstaltung mit "Laufbahnen, Entwicklungswege und Perspektiven für Fachkräfte im Mittelstand" entsprechend offen gewählt. Der Erfahrungsaustausch der über 30  Teilnehmer bestätigte uns darin. Mehr dazu erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.  

 1. Fachlaufbahnen im Mittelstand – der RKW-Ansatz

Den Auftakt machte Dr. Thomas Hoffmann aus dem WePstra-Projektteam. Er präsentierte den neuen RKW-Ansatz zu Fachlaufbahnen und machte klar: Individuelle Lösungen sind gefragt. In acht Schritten können Unternehmen genau dorthin kommen und typische Fallstricke umgehen. Damit kommt aber auch ein nicht unerheblicher Einführungsaufwand auf sie zu und zunächst die zentrale Frage: Was ist der Nutzen und rechtfertigt er den Aufwand? Wie bei allen WePstra-Konzepten sind dabei die strategischen Unternehmensziele Ausgangs- und Bezugspunkt sämtlicher Überlegungen. Denn nur wenn die Fachlaufbahnen diese unterstützen, lohnt ihre Einführung langfristig. 

Mit im Gepäck hatte Thomas Hoffmann den neuen Leitfaden "Fachlaufbahnen in mittelständischen Unternehmen", der den RKW-Ansatz beschreibt und ab sofort zum kostenfreien Download zu Verfügung steht.  Außerdem präsentierte er druckfrisch die neue RKW-Studie "Karrieren jenseits von Führung – Grundlagen und Gestaltungsdimensionen von Expertenlaufbahnen in der betrieblichen Praxis"  von Lena Patricia Lindenstruth, die den aktuellen Wissensstand zum Thema zusammenfasst.

 2. Entwicklungswege und Laufbahnen in der Praxis

 Im zweiten Teil präsentierten insgesamt drei Tandems ihre Erfahrungen mit Laufbahnen in der Praxis. Den Anfang machten Nicole Greiner, Fachbereichsleiterin Personal und Organisation der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg, und Silke Balbierz von der komzept Beratungsgesellschaft die gemeinsam von ihren Erfahrungen bei der Einführung von Führungs- und Fachlaufbahnen in der Bezirksärztekammer berichteten. Im Anschluss daran interviewte Thomas Hoffmann Anne-Kristin Wissel, Personalentwicklerin in der fischerwerke GmbH & Co. KG, zu den Motiven und zur Vorgehensweise bei der Gestaltung von Fachlaufbahnen in ihrem Unternehmen. Den Abschluss bildete mein Kollege Sascha Hertling im Gespann mit Andreas Ingold, Geschäftsleiter der kd-projekt-consulting GmbH, die einen "Pipeline"-Ansatz vorstellten, der Talente aus dem Unternehmen frühzeitig an wichtige und schwierig zu besetzende Positionen heranführt.

Die Beispiele zeigten, dass zahlreiche Gründe Unternehmen dazu bewegen, sich mit dem Thema Laufbahnen auseinanderzusetzen. In einem Fall mag dies eine sich abzeichnende Personallücke bei wichtigen Schlüsselkräften z. B. aufgrund vermehrter Schwangerschaften sein. In anderen Fällen geben die Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung den Anstoß. Und manche gehen auch aktiv voran, weil sie aufgrund der Arbeitsmarktlage Schwierigkeiten bei der Besetzung bestimmter Positionen erwarten.     

Darüber hinaus wurde die These des Vorredners bestätigt, dass es jeweils einer individuellen Lösung bedarf, die auf den gegebenen Strukturen und Personen aufbaut. Entscheidend ist auch, geeignete Mitarbeiter möglichst objektiv zu identifizieren, für den passenden Entwicklungsweg auszuwählen und entsprechend zu qualifizieren.

3. Mittelstandstaugliche Anforderungsprofile für Jobfamilien

In unseren Ansätzen rund um die strategische Personalarbeit arbeiten wir mit Schlüsselpositionen und Jobfamilien, weil sie uns helfen, die Stellen in Unternehmen sinnvoll zu strukturieren und nach ihrer strategischen Bedeutung zu priorisieren. Um solche Stellen zielgenau besetzen zu können, sind geeignete Anforderungsprofile sehr hilfreich.

So gab Eika Schoenmakers, Geschäftsführerin von business solutions, den Teilnehmern einen Überblick über die "Do‘s and Dont‘s" bei der Erstellung von Anforderungsprofilen. Demnach sollte ein treffsicheres Anforderungsprofil alle derzeit relevanten Muss- und Wunschanforderungen wie etwa Angaben zur Ausbildung, Berufserfahrung oder wichtige Fach-, Methoden und Sozialkompetenzen umfassen. Im Sinne einer strategischen Personalarbeit braucht es jedoch auch den Blick in die Zukunft. So können auch die Anforderungen der Stellen berücksichtigt werden, die langfristig zur Umsetzung der strategischen Ziele notwendig sind.    

Die Teilnehmer waren darüber einig, dass aussagekräftige Anforderungsprofile nicht nur die professionelle Personalbeschaffung erleichtern. Darüber hinaus sind sie eine wesentliche Grundlage für die sinnvolle Gestaltung von Fach- und Führungslaufbahnen. Denn sie ermöglichen es z. B. zu beantworten, wer eine bestimmte Position übernehmen könnte, wer sich für eine Fachlaufbahn eignet oder was getan werden muss, um einen Mitarbeiter entsprechend zu entwickeln.

 4. Die Leadership Pipeline – eine Innovation?

 Zu guter Letzt stellte meine Kollegin Kathrin Großheim mit der "Leadership Pipeline" ein neues Konzept zu Führungslaufbahnen zur Diskussion. Es kommt aus den USA und unterstreicht, dass je nach Führungsebene von der jeweiligen Führungskraft unterschiedliche Aufgaben bewältigt werden müssen, d.h. jede Stufe ist auch mit besonderen Anforderungen verbunden.  

 Unterschiede bestehen hinsichtlich der benötigten Fähigkeiten, der einzunehmenden Haltungen und der Verwendung seiner Arbeitszeit. Nach Thomas Hoffmann geht es darum, Stufe für Stufe vom Tun zum Beobachten und zum strategischen Blick fürs Ganze zu kommen. Jede neue Stufe erfordert damit das Erlernen neuer und das bewusste Loslassen von bisherigen Arbeitsmodi.

 Die Leadership Pipeline machte die Parallelen und Unterschiede zwischen Fach- und Führungslaufbahnen deutlich und führte viele Ergebnisse des Tages nochmals zusammen. Ähnlich wie bei Spezialisten täten mittelständische Unternehmen nach Ansicht vieler Teilnehmer gut daran, sich passende Führungskräfte in diesem Sinne selbst zu entwickeln. Fach- wie Führungskräfte müssen auf unterschiedlichen Ebenen allerdings unterschiedlichen Anforderungen gerecht und entsprechend ausgewählt, vorbereitet und geschult werden. Während Fachexperten allerdings ihren Aufgabenschwerpunkt zunehmend in den Fachinhalten sehen, müssen Führungskräfte diese von Stufe für Stufe stärker loslassen.

"Laufbahnen für Fachkräfte im Mittelstand": Wir bleiben dran!

Nach dem Rückblick nun noch ein Ausblick: Die begonnen Diskussionen zum Thema "Laufbahnen für Fachkräfte im Mittelstand" möchten wir in den nächsten Wochen in unserer Xing-Gruppe "Strategische Personalarbeit" fortsetzen. Hierzu möchten wir Sie herzlich einladen! Parallel wird das Thema in den nächsten Wochen auch auf unserem Online-Kompendium www.perso-net.de gemeinsam mit der Fachzeitung "Personalwirtschaft" mit zahlreichen Artikeln und Interviews aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. 

Bleibt noch, mich im Namen des gesamten Teams zum Abschluss herzlich bei allen Teilnehmern und Referenten für die wertvollen Beiträge und den intensiven Austausch zu bedanken! Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen im kommenden Herbst.