Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.

Sie kennen dieses Zitat nicht? Dann waren Sie vermutlich noch nie auf einem Vortrag über die Generation Z. Gefühlt jeder Vortragende hat es im Repertoire und gibt es zum Besten. Das Verblüffende an diesem Zitat ist der Aha-Effekt, den es auslöst. Denn es wird Sokrates zugeschrieben, der immerhin 469 v. Chr. bis 399 v. Chr. lebte, also vor über 2400 Jahren! Doch hat er nicht recht? Ist diese Aussage nicht zeitlos zutreffend auf die jüngeren Generationen? Fragen Sie mal Ausbilder, Rekrutierungsexperten oder auch Eltern, sie werden vermutlich zustimmend nicken.

Doch lassen Sie uns nicht über diese an sich philosophische Frage sprechen, warum Beständigkeit im Wandel der Zeiten herrscht, sondern hier und jetzt einen neugierigen Blick auf die Generation Z werfen, wie es beispielsweise auch Prof. Dr. Scholz im dritten RKW Magazin gemacht hat. 

Vor ein paar Wochen besuchte ich auf Einladung einen gut besuchten Ausbilder-Treff in Northeim. An die 70 Teilnehmer folgten Prof. Dr. Antje-Britta Mörstedt von der Privaten Hochschule Göttingen (PFH), die einen überzeugenden Vortrag über die Generation Z hielt, der mein Bild über diejenigen jungen Menschen schärfte, die sich gerade ihren Weg ins Arbeitsleben bahnen.

Gemeinsamkeiten? Unterschiede!

 Oftmals machen wir es uns leicht, indem wir in Schubladen denken. Man könnte ebenso sagen, uns Klischees bedienen. Auch in Bezug auf die jüngeren Generationen neigen wir zur Verallgemeinerung. Aber: Natürlich sind die jungen Menschen nicht alle gleich und lassen sich in dieselbe sprichwörtliche Schublade stecken. Repräsentativ sind rund 40 Prozent – dessen muss man sich bei den folgenden Aussagen bewusst sein.

Fangen wir mit nackten Zahlen an: Als Generation Z bezeichnet man die zwischen 1994 und 2010 Geborenen – wobei Anfang und Ende durchaus häufig variieren. Spricht man über diese Generation, hört man zuallererst, sie seien anders. Dieses Anderssein ist einer der Gründe, warum man sich auf Unternehmensseite mit dieser Generation beschäftigen sollte. Dort tritt ein interessantes Phänomen zutage: zwei Erwartungshaltungen oder auch Selbstverständnisse, die aufeinandertreffen und absolut identisch sind, aber nicht unterschiedlicher sein könnten. Das klingt paradox? Ist es gar nicht. Ich möchte es anhand einer Anekdote verdeutlichen, die ein Teilnehmer der Breisacher Unternehmenswerkstatt zum Thema Ausbildungsmarketing sinngemäß erzählte:

Ein Praktikant war den letzten Tag in seinem Betrieb und wollte ihn um die Mittagszeit verlassen. Der Ausbilder saß in einer Fortbildung, die länger angesetzt war. Eigentlich wollten beide miteinander reden. Nun erfuhr der Praktikant, wo der Ausbilder (als seine Ansprechperson) sich aufhielt, und bat eine Kollegin, jenem auszurichten, er sei nur bis Mittag anwesend, wenn er noch mit ihm sprechen wolle. Ansonsten ginge es eben nicht mehr. 

Nun stellen Sie sich mal vor, Sie wären der Ausbilder gewesen: Wie hätten Sie reagiert? Gelacht? Ungläubig den Kopf geschüttelt? Geweint?

Ideal wäre es, nachvollziehen zu können, warum der Jugendliche so reagiert, und ihn sanft darauf aufmerksam zu machen, dass das Arbeitsleben nicht mit dem Familienleben gleichzusetzen ist. Was heißt das? Eltern gehen oftmals mit ihren Kindern heutzutage anders um: Sie bemuttern mehr, sind wachsamer, hilfsbereiter und reden auf Augenhöhe. Die Folge: Die Kinder entwickeln ein anderes Selbstverständnis und gehen anders mit ihren Eltern, aber auch anderen Menschen um. Sie sind es einfach gewohnt, dass im Zweifel die Eltern das vergessene Pausenbrot in die Schule bringen oder die eigene Zeit durchaus auch nach den Wünschen und Bedürfnissen der Jugendlichen planen. Der Einstieg ins Berufsleben konfrontiert sie mit neuen Hierarchien, neuen Rollen und einem anderen Umgang miteinander. Nicht nur der Ausbilder reagiert verwundert, auch der Jugendliche wird im Normalfall nicht nachvollziehen können, warum er sich da "falsch" verhalten haben soll. Er kennt es ja nicht anders! 

Weiß man darum, dass die Generation Z häufiger mal "gepampert" ist, zeigt man Verständnis dafür und nimmt sich die Zeit, dies auch zu erklären, reagiert man anders in solchen Fällen und macht es beiden einfacher. 

Was ich damit sagen will, ohne jetzt auf einzelne Besonderheiten dieser Generation einzugehen: Die jungen Menschen sind häufig nicht so, wie es sich ein Unternehmen wünscht – das liegt aber weniger an den jungen Menschen als an der fixen Vorstellung, es müsse doch die "perfekten" geben, die hundertprozentig in das Wunschbild und an den ihnen vorgesehenen Platz passen.

Doch es gibt keine anderen! Darum müssen sich beide aufeinander zu bewegen. Eine Erwartungshaltung an den Tag zu legen, die auf eigenen Erfahrungen und Vorstellungen gründet, hilft Ihnen in diesen Situationen und im Umgang mit der Gen Z im Allgemeinen wenig weiter. Sammeln Sie jedoch Ihre Erfahrungen mit der nun ins Arbeitsleben drängenden Generation Z und sind offen für deren Besonderheiten, haben Sie die Chance, künftig eher Erwartungen und Gegebenheiten abzugleichen und wissen die jungen Menschen zu "nehmen". Das ist kein erzieherischer Auftrag, sondern dient Ihrem eigenen respektive dem Unternehmensnutzen. 

Sokrates selbst scheint nicht dazu bereit gewesen zu sein oder hat vergessen, dass er vielleicht als junger Mensch selbst so war. Das sollte man sich heute weniger erlauben, will man mit Nachwuchskräften in die Zukunft gehen und selbige planen. Versuchen Sie es und reden mal ganz offen über Ihre Erwartungen und fragen nach den Vorstellungen der Praktikanten und Azubis; das räumt vieles gleich am Anfang aus dem Weg. Im Zweifel und wenn Sie sich näher mit der Generation Z auseinandersetzen wollen, finden Sie hier beispielsweise den substantiell hervorragenden Vortrag von Frau Mörstedt. 

Übrigens: Schon bei der Bewerberansprache lohnt sich eine Auseinandersetzung mit dieser neuen, "anderen" Generation. Es wäre gut investierte Zeit.