Was wir machen, ist wirklich noch ein komplett neuer Gedankengang im Handwerk,
sagt Martin Holl. Er führt mit seiner Familie in zweiter Generation die Holl Elektro-Technik GmbH und baut daneben mit seinem Zwillingsbruder und einem Partner Check and Work auf: Eine Plattform, die Kooperationen ermöglicht, damit Handwerker wie er auch ohne neue Fachkräfte wachsen und sich neue Märkte erschließen können.
Denn bereits seit vielen Jahren wird es zunehmend schwerer, Auszubildende oder gar qualifizierte Fachkräfte zu finden. Schon früh setzte der Betrieb deshalb auf Qualität: "Wir wollen nicht durch Fachkräfte wachsen sondern spezialisieren uns auf anspruchsvollere Tätigkeiten, die auch besser vergütet werden. Dort brauchen wir auch nicht die Manpower, die zum Beispiel auf Großbaustellen notwendig ist."
Kooperationen als Lösung im Fachkräftemangel
Dennoch, ohne Mitarbeitende geht es im Handwerk nicht: "Aber die findet man nicht mehr. Früher hatten wir jede Woche hier Bewerbungen liegen gehabt. Aber das wurde immer weniger.“ Deshalb nutzte das Unternehmen immer schon ein kleines Netzwerk persönlicher Kontakte zu anderen Betrieben aus der Region. Etwa wenn für einen größeren Auftrag helfende Hände benötigt wurden. Eine übliche Praxis im Handwerk.
"Irgendwann haben wir gesagt, wir müssen jetzt was machen. Wir haben Aufträge ohne Ende und müssen inzwischen sogar manche ablehnen.“ Holl Elektro-Technik begann damit, sein Netzwerk aktiv zu erweitern und über eine WhatsApp-Gruppe zu organisieren. "Da haben wir schon gemerkt: Je größer die Gruppe wird, desto wahrscheinlicher ist es, bei Kundenaufträgen auch Unterstützung zu bekommen.“, so Holl über die Anfänge seiner Initiative. Zwar haben alle Handwerker volle Auftragsbücher, aber immer wieder verschieben sich auch Planungen auf Baustellen. So entstehen kurzfristig freie Kapazitäten, die man dem Netzwerk zur Verfügung stellen kann. Die Schattenseite: Je größer die Gruppe wurde, desto ineffizienter wurde die Kommunikation.
Kooperationen auf ein neues Level heben: Check and Work
"Die Kommunikation in der WhatsApp-Gruppe hatte irgendwann ein bisschen Spam-Charakter. Das muss besser ablaufen“ dachte sich Martin Holl und begann mit seinem Bruder im Internet nach Lösungen zu suchen. Da sie keine passende Software fanden, beauftragten sie einen Bekannten, eine passende Infrastruktur zu programmieren. Die Idee: Möglichst einfache und geordnete Abläufe. "Heute bekommt jeder eine E-Mail an seinen Arbeitsplatz und das nur dann, wenn es ihn auch wirklich betrifft.“ Denn die Plattform fragt unter anderem ab, welches Gewerk wann und wo benötigt wird.
Hat ein Betrieb freie Kapazitäten, kann er über einen Werkvertrag Aufgabenpakete übernehmen und so seine Kapazitäten besser auslasten. Der Betrieb, der sich Unterstützung sucht, behält dafür einen Teil der Marge. Die Kundschaft freut sich über schneller verfügbare Handwerker. Und die Mitarbeitenden sind dankbar für jede Überstunde, die durch Kolleginnen und Kollegen aus anderen Netzwerkbetrieben gar nicht erst anfällt.
Irgendwann entstand eine größere Vision:
Stellt Euch vor, alle Fachbetriebe in Deutschland registrieren sich in einem Netzwerk. Dann wäre der Fachkräftemangel ein deutlich reduzierteres Problem.
Und genau das ist das Ziel, das Martin Holl, sein Bruder und der Programmierer seitdem verfolgen. Über 1.000 Mitglieder zählt das Netzwerk im Jahr 2021 bereits deutschlandweit. Inzwischen steht hinter der Infrastruktur ein eigenes Unternehmen und die Plattform hat einen Namen: Check and Work
Doch bei allen Ambitionen gilt auch hier Klasse statt Masse: "Man braucht in so einem Netzwerk Unternehmen, die gleich denken; nur dann funktioniert das Ganze langfristig.“ Bei Check and Work darf deshalb nur mitmachen, wer entweder aus dem Netzwerk eingeladen wurde oder einen intensiven Qualitätscheck besteht.
So geht es weiter: Das Netzwerk erobert gemeinsam attraktive Märkte
Check and Work ist keine typische Plattform. Die Nutzung der Infrastruktur ist für alle Mitglieder völlig kostenfrei. Es werden weder Beiträge noch Provisionen fällig. Dennoch profitieren die Initiatoren davon: Anfangs konnte vor allem Holl Elektro-Technik seine Auslastung optimieren und mehr, größere und lukrativere Aufträge abwickeln. "Je mehr wir kooperieren, desto mehr Umsatz und Gewinn machen wir mit derselben Mannschaft“, resümiert Martin Holl.
Seit 2020 zeichnen sich ganz neue Dimensionen ab. Denn zunehmend wenden sich große Auftraggebende direkt an Check and Work, die Bedarf an Qualitätshandwerk im ganz großen Maßstab haben. Dafür stellt Check and Work aus seinen Mitgliedsunternehmen passende, qualifizierte Teams vor Ort zusammen und übernimmt die Projektleitung. Das ist äußerst lukrativ, denn in diesem Segment sind deutlich höhere Verrechnungssätze Gang und Gäbe als im Handwerk üblich. Die gemeinsame Arbeit koordiniert und dokumentiert Check and Work professionell durch den Einsatz von digitalen Prozessen und Tools. "Das kann in der Qualität und Flexibilität vielleicht kein anderer in Deutschland. Damit erobern wir neue Umsätze fürs Handwerk“, gewährt Martin Holl einen Einblick, wohin die Reise mit Check and Work weitergehen soll.
Aus dem anfänglichen Team-Gedanken ist etwas gewachsen, das am Anfang so nicht abzusehen oder geplant war. Rückblickend sagt Martin Holl:
Wir Handwerker lernen auf der Meisterschule eher selbstständig zu sein. Wir müssen aber mehr Unternehmertum wagen, neue Wege gehen und über den Tellerrand schauen.
Das Unternehmen:
Check and Work UG
Branche: Handwerk
Ort: 67240 Bobenheim-Roxheim
URL: www.checkandwork.de
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