Junge Leute fürs Bäckerhandwerk zu begeistern ist nicht einfach. "Unser Ziel ist es, dass die Fachkräfte, die sich für den Beruf entscheiden, uns als Arbeitgeber auswählen, weil wir der attraktivste Betrieb sind.“, macht Inhaber Andreas Fickenscher die Strategie der Fickenschers Backhaus GmbH deutlich. Deshalb setzt er sich intensiv mit den Ansprüchen und dem sich wandelnden Wertebewusstsein seiner Mitarbeitenden auseinander.

Wir versuchen viel. Vor allem versuchen wir, uns als einen Arbeitgeber zu kommunizieren, der über den Brotrand hinausblickt und bei dem es gute Arbeitsbedingungen sowie Entwicklungspotenziale gibt.“

Fickenscher hat einen zentralen Hebel identifiziert, um seine Arbeitgeberattraktivität zu steigern: Die unliebsame Nachtarbeit - denn der Arbeitstag in einer Bäckerei beginnt in aller Regel mitten in der Nacht. „Das muss aber nicht so sein. Bei uns in der Bäckerei war es deshalb ganz klar das Ziel, 70 % der Nachtarbeit auf den Tag zu verlegen.“

Die Lösung: klassisches Handwerk und moderne Technik

"Da haben wir uns ganz intensiv Gedanken gemacht, denn so etwas muss man einfach konzeptionell angehen." Fickenschers Idee: Die Arbeit auf den Tag zu verlegen und gleichzeitig die Qualität der Produkte zu steigern: "Denn je länger ein Teig reift, desto länger bleibt das fertige Gebäck später frisch, es erhält die Gelegenheit, mehr Feuchtigkeit und mehr Geschmack zu bilden.“ So wurde früher gebacken, doch der traditionelle Weg hat seine Tücken: Die natürliche Reifung von Backwaren dauert je nach Jahreszeit und äußeren Bedingungen unterschiedlich lange. In einer modernen Bäckerei sind aber verlässliche Prozesse und gleichbleibende Lieferzeiten gefragt. Um ausreichend Kontrolle über den Prozess zu erlangen, werden heute Stoffe wie Hefe, Traubenzucker und Stabilisatoren zugegeben.

Wir wollten einen anderen Weg gehen, indem wir die natürliche Reifung nachahmen, aber ohne Chemie und kontrolliert dank modernster Technologie.

Das Unternehmen investierte in drei verschiedene Teigreiferäume. "In diesen haben wir die Möglichkeit, die Luftfeuchtigkeit und -temperatur in der Kurve nachzubilden, die wir uns wünschen. Und wir haben unsere Produkte dann gemäß dieser drei Räume angepasst.“ So kann man die Räume tagsüber mit den Gebäcken befüllen und sicherstellen, dass der Teigreifungsprozess pünktlich am Morgen abgeschlossen ist.

Modernste Technik ermöglicht es Fickenscher auch, Brot wie vor dreihundert Jahren herzustellen. "Für unseren Drei-Stufen-Sauerteig muss man eigentlich dreimal am Tag ran und den Teig mit Wasser und Mehl in einer bestimmten Temperatur anfrischen, damit sich Milch- und Essigsäurebakterien bilden und man seinen hauseigenen Brotgeschmack züchten kann. Davon sind ganz viele Bäcker abgekommen, weil der Prozess sehr aufwändig ist und man jemanden braucht, der das macht.“ Nicht so bei Fickenscher. Der Sauerteig ruht in einem thermisch abgeriegelten Behälter, der zu bestimmten Zeiten automatisiert Wasser und Mehl zuführt und untermischt.

Schritt für Schritt zu einer der modernsten Bäckereien Deutschlands

Die Investition in Mitarbeitende und Qualität bringt allerdings auch Herausforderungen mit sich. "Wenn eine Bäckerei nur Tiefkühlprodukte verwendet oder schnelle Brötchenteige hat, dann kann sie von heute auf morgen reagieren. Uns hingegen fehlt diese Flexibilität. In der Corona-Zeit hat sich aber das Einkaufsverhalten der Kundschaft enorm verändert.“ Das machte Erfahrungswerte obsolet und Absatzmengen schwieriger denn je abschätzbar. Umso mehr für Fickenscher, der bereits ein bis zwei Tage vorher wissen muss, was nachgefragt werden wird. Ein Problem, das Fickenscher wieder mit modernster Technik angeht. Künstliche Intelligenz soll zukünftig dabei helfen, ausreichend Planungsgenauigkeit in unruhigen Zeiten zu bekommen.

"Aber solche neuen Wege kann ich nur gehen, weil ich die letzten Jahre meine Hausaufgaben gemacht habe, etwa meine Datenstruktur und meine Stammdaten richtig angelegt und gepflegt habe. Das ist die Grundlage jeglicher Digitalisierung." Inzwischen ist Fickenschers Backhaus so Schritt für Schritt zu einer der modernsten Bäckereien Deutschlands geworden. Die Produktion verfügt etwa über digitale Checklisten, Bestellungen werden automatisch in Teigmengen umgerechnet, die Verkäufer und Verkäuferinnen bekommen alle notwendigen Informationen digital bereitgestellt und auch die Buchhaltung ist automatisiert. "Das hat nur geklappt, weil wir unsere Mitarbeitenden einbezogen haben mit ihren Problemen vor Ort und uns einen nach dem anderen Prozess vornehmen.“

Neue Herausforderungen fordern neue Lösungsansätze

"Es wird nicht alles einfacher durch unsere Vorreiterrolle, die Aufgabenstellungen ändern sich nur.“, blickt Andreas Fickenscher zurück. Bei allen Kosten und Mühen, der Erfolg gibt Fickenscher recht. "Rückblickend gab es so viele Punkte, die wir angegangen sind, die uns heute unheimlich viel Kosten einsparen und produktiver machen.“ Und suchen andere Bäckereien händeringend nach Personal, muss Fickenscher Bewerbenden absagen, vom Azubi bis zur Meisterin.

 Ob Fachkräftemangel, Corona, Markt oder Kundenverhalten, es ändert sich alles ständig und ich muss am Puls der Zeit bleiben um zu sehen, wie ich darauf reagieren kann. Und wenn kein Mensch mehr nachts arbeiten möchte, dann kann ich entweder jammern oder ich kann prüfen, ob ich nicht einer der wenigen bin, die es schaffen, Alternativen zu bieten.

Seinen nächsten Schritte, um sich für die Zukunft zu rüsten, sind schon in der Umsetzung: Das Unternehmen beteiligt sich an Forschungsprojekten etwa zu energiesparenden Backblechen, über einen Online-Shop vertreibt Fickenscher seine Produkte inzwischen über die Region hinaus und mit einem Workshop-Angebot "Scrum gebacken bekommen“ für Unternehmen eröffnet sich Fickenscher ein ganz neues Geschäftsfeld.

Das Unternehmen:

Fickenschers Backhaus GmbH
Branche: Bäckerei
Mitarbeitende: 100
Ort: 95213 Münchberg
URL: www.fickenschers-backhaus.de

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