In sieben Schritten zum generationenfreundlichen Produkt

 

  1. Kompass neu ausrichten: Der demografische Wandel löst gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen in Deutschland und Europa aus. Da sie sehr langsam verlaufen, werden sie aber häufig als nicht so dringend wahrgenommen und gehen im Tagesgeschäft schnell unter. Stellen Sie eine Strategie auf und verfolgen diese konsequent auch mit Unterstützung der Geschäftsführung, damit Ihr Unternehmen profitieren kann.
  2. Nutzer kennenlernen: Die Einbindung älterer Nutzer erlaubt es, Schwachstellen zu entdecken und innovative Lösungen zu entwickeln, die von entsprechenden Zielgruppen einfach genutzt werden können und attraktiv für sie sind. Binden Sie Ihre Zielkunden möglichst aktiv in die Produktgestaltung ein.
  3. Produkte und Service optimieren: Kundenorientierung ist eine gute Möglichkeit, sich von Mitbewerbern abzuheben, das Nutzerspektrum auszuweiten. Vermeiden Sie bei Ihren Produkten einen Hilfsmittelcharakter. Gestaltung, Wertigkeit und Ästhetik sind gefragt. Ein guter Weg ist außerdem die Integration von verschiedenen Produktvorteilen, die Produkte gut nutzbar und interessant für viele Zielgruppen machen.
  4. Erproben und Weiterentwickeln: Da ältere Nutzer keine spezifischen, defizitorientierten Lösungen wollen, empfiehlt es sich, Sortiment, Vertrieb und Kommunikation auf die Anforderungen dieser Zielgruppe abzustimmen. So vermeiden Sie die stereotype Konnotation des „Seniorenprodukts“ und lernen aus dem Feedback auf erste Lösungen.
  5. Handelsflächen anpassen: Zukünftig wird sich schon am Vertriebsweg entscheiden, ob auch ältere Konsumenten ein Angebot wahrnehmen können und wollen. Dazu gehören barrierefreie Verkaufsräume genauso wie leicht verständliche Internetseiten. Prüfen Sie Ihre Vertriebswege auf Generationenfreundlichkeit. Einen ersten Check für Ihre Verkaufsräume finden Sie auf der Website des Qualitätszeichens „Generationenfreundliches Einkaufen“. www.generationenfreundliches-einkaufen.de
  6. Kommunikation verbessern: Ohne ein abgestimmtes Marketing können Lösungen nicht die potenziellen Kunden erreichen. Kampagnen mit einem positiven aber realitätsnahen Altersbild sind ein guter Weg. Zu stark positiv übertriebene (und natürlich auch negative) Darstellungen werden als irritierend oder ärgerlich wahrgenommen. Lesen Sie die Beiträge zum Marketing in diesem Leitfaden ab Seite 34.
  7. Strukturieren: In dem bisher für viele Unternehmen noch unbekannten Bereich der demografiefesten Produkte oder der Einbindung älterer Nutzer, kann es sinnvoll sein, externe Kompetenzen einzubinden, die sich schon länger mit den verschiedenen Ansätzen und den branchenspezifischen Lösungen auseinandersetzen. So stellen Sie Veränderungsbedarf und -potenziale fest. 

Praxisbeispiele

  • Gartengeräte für anspruchsvolle Nutzer: Motorisierte Gartengeräte wie Heckenscheren und Sägen wurden – mit Unterstützung durch grauwert – bei der Entwicklung in Nutzertests mit älteren Profi- und Privatnutzern bewertet und in Workshops wurden neue Gerätekonzepte entwickelt, die als Grundlage für die folgenden Produktgenerationen dienen. www.stihl.de
  • Kunsthallen Emden und Bremen: Demografiefeste Museen: Beim Um- und Neubau der Kunsthallen Emden und Bremen wurde von grauwert ihre Barrierefreiheit geprüft und ein Demografie-Konzept erarbeitet. Ziel war es, dass die Kunsthallen gerade für ältere Menschen noch attraktiver werden. Von den Lösungen profitieren nicht nur Ältere, aber diese honorieren sie besonders. www.kunsthalle-emden.de, www.kunsthalle-bremen.de 
    In diesen Projekten zeigte sich zudem, dass Zulieferer gefordert sind, barrierefreie und demografiefeste Detaillösungen liefern zu können.
    Bewegung erhält die körperliche und geistige Fitness – diese Erkenntnis steht hinter den immer häufiger zu findenden „Spielplätzen” für Senioren. In öffentlichen Parks und Plätzen oder bei Senioreneinrichtungen bereiten diese Geräte Menschen aller Altersgruppen Vergnügen und Bewegung. Im Prinzip geht es darum, ohne große Kraftanstrengungen verschiedene Muskelpartien zu trainieren.

Das Bewegungskonzept Giro Vitale wurde von grauwert für ein städtebauliches Projekt am Nauener Platz in Berlin entworfen. Die Idee: statt zu überfordern den Spaß an kleinen Bewegungen zu fordern. Dabei geht es weniger um Höchstleistungen als um kleine, gezielte Übungen, die das körperliche und seelische Wohlbefinden stärken. Inzwischen sind 100 Anlagen auf öffentlichen Freiflächen, in Wohnanlagen und Altenheimen errichtet worden. Wie konsequent eine defizitorientierte Ansprache mit Giro Vitale vermieden wird, zeigt der Radtrainer: Er bietet die Möglichkeit zu einer kleinen „Radtour“, aber in bequemer Sitzhaltung und ohne dass man auf ein entspanntes Gespräch verzichten muss. Der moderate Widerstand erfordert wenig Kraft und trainiert auf sanfte Art Bein- und Rückenmuskulatur. Weitere Elemente sind unter anderem ein Balancierbalken, ein Nordic-Trainer und eine Sitzbank mit abgestimmter Geometrie und raffinierten Details wie Ablagen für Gehstöcke. www.giro-vitale.de, www.grauwert.info

Zum Weiterlesen:

  • BMWi (Hrsg.) (2010): Strategiemappe Zukunftsmarkt 50plus, Faktenblatt 3 Design für Alle
  • Deutsche Bank Research (2009): Nur wenig bleibt beim Alten – Altersgerechte Informationstechnik auf dem Vormarsch
  • Knigge, M. (2003): Auf dem Prüfstand der Senioren – Alternde Kunden fordern Unternehmen auf allen Ebenen, in: Deutsche Bank Research
  • Knigge, M. (2008): Integration of Ageing User in the Product Development, in: Kohlbacher, F. (Hrsg.): The Silver Market Phenomenon
  • Knigge, M. (2011): Universal Design – Produkte für Alt und Jung, in: Schürmann, T./ Geuther, M./Thaut, L. (Hrsg.): Alt und Jung – Vom Älterwerden in Geschichte und Zukunft