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Hochqualifizierte Frauen sind die Chance für den (Bau-)Mittelstand

Das Dilemma des zunehmenden Mangels an gut ausgebildeten Fachkräften und entsprechend guten Karriereperspektiven in der Baubranche ist Herrn Böhnke aus seiner Praxis heraus bestens bekannt. Auch die Problematik, dass immer noch sehr wenige Frauen in der Bauwirtschaft beschäftigt sind, ist im vertraut. „Dabei liegt es letztlich im unmittelbaren Interesse der Unternehmen, die „Fachkräfte-Zielgruppe Frau“ für sich zu entdecken und entsprechende Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Mitarbeitergewinnung in diesem Bereich zu schaffen“, ist er überzeugt und kennt aus seinem Berufsalltag heraus die Gründe, warum es sich lohnt, Frauen einzustellen.

„Wo zwei sich gleichen, ist meist einer über“

Sowohl hinsichtlich des Arbeits- als auch im Bereich des Führungs- und Kommunikationsstils gibt es bestimmte Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Beide Geschlechter in angemessenen Anteilen im Unternehmen zu haben, trägt deswegen nachvollziehbar auch zum ökonomischen Erfolg bei. Hinzu kommt, dass bereits die heutige Generation an Frauen die am höchsten ausgebildete ist, die wir bislang hatten.

Rahmenbedingungen schaffen: Die Attraktivität als mittelständischer Arbeitgeber

Gerade für kleinere und mittelständische Bauunternehmen gilt, dass sie im Kampf um qualifizierte Mitarbeiter („War for talents“) nicht nur mit den namhaften Global Playern der eigenen Branche konkurrieren, sondern auch mit anderen, vor allem industriellen, Branchen.

Zum einen liegt dies sicherlich in dem aus Sicht vieler Frauen noch immer als etwas männlich und angestaubt wahrgenommenen Image der Baubranche, beispielsweise verglichen mit weiten Teilen der Konsumgüterindustrie. Andererseits läge in der noch überschaubaren Größe der meisten KMU in der Baubranche auch oft ein Vorteil in Sachen Flexibilität und Schnelligkeit sowie der kürzeren Kommunikations und Entscheidungswege, zum Beispiel in der Umsetzung von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Die Erfahrung zeigt, dass mit entsprechenden familienfreundlichen Angeboten, wie einer Flexibilisierung der (hier oft noch bestehenden) statischen Arbeitszeitmodelle, Home-Office- oder Möglichkeiten der Kinderbetreuung auch bei hochqualifizierten Frauen häufig den Ausschlag bei der Arbeitgeberentscheidung geben kann. Aber auch die in der Regel größeren Gestaltungsmöglichkeiten im Job sind oft von hoher Bedeutung bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber, insbesondere für jüngere Frauen. Alles gute Gründe, warum sich insbesondere Bewerberinnen für ein solches Unternehmen entscheiden könnten, sofern sie von den Möglichkeiten überhaupt wissen. Denn: Viele kleine und mittelständische Bauunternehmen haben erfahrungsgemäß die ökonomischen Aspekte eines entsprechend ausgerichteten Personalmarketings noch nicht (oder noch nicht ausreichend) erkannt, sodass hier entsprechende Chancen bestehen.

Die Kernfragen stellen

Ob hochqualifizierte weibliche Fach- oder Nachwuchskräfte, wer Frauen für sein Bauunternehmen gewinnen will, muss sich mit diesem Thema intensiv beschäftigen und mindestens die folgenden Fragen stellen:

Welche Rahmenbedingungen müssen wir als Arbeitgeber schaffen, um spezifisch auch für weibliche Fachkräfte attraktiv zu sein?

Hier kommt es zunächst einmal darauf an, zu bestimmen, um welche Mitarbeiterbereiche es sich handelt. Beispielsweise spielen Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf (etwa Teilzeitmodelle/ Home-Office, flexiblere Arbeitszeiten oder auch eine KITA-Anbindung vor Ort) insbesondere für Frauen in der Altersgruppe zwischen 30 und 40 Jahren oft eine herausragende Rolle, während dies bei älteren Kandidatinnen etwa für Top-Managementpositionen aufgrund der meist abgeschlossenen Familienplanung oft keine solch große Bedeutung mehr hat. Allerdings gewinnt hier die Bedeutung der Pflege älterer Familienmitglieder zunehmend an Bedeutung. 

Grundsätzlich gehören auch die klassischen, häufig auf männliche Ansprüche angelegten, Motivationssysteme auf den Prüfstand, da diese oftmals an den weiblichen Ansprüchen vorbeizielen. Ebenso ist es sinnvoll zu überprüfen, inwieweit formale Zugangsvoraussetzungen flexibler gestaltet werden können.

Wie können vorhandene und neue weibliche Fachkräfte bestmöglich integriert und gefördert werden, um die Fluktuation zu begrenzen und gleichzeitig Vorbilder aufzubauen?

Neben der Überprüfung der beschriebenen Rahmenbedingungen bieten auch die Faktoren Unternehmenskultur, beziehungsweise Führungsverständnis, Statuswechsel und längerfristige Karriereperspektiven, Ansätze, um einen wirksamen Hebel anzusetzen. Insbesondere der letztgenannte Punkt ist dabei elementar. Einerseits, um einmal gewonnene (und dann meist weiterentwickelte) Fachkräfte an das Unternehmen zu binden und Fluktuation zu reduzieren, andererseits auch um Vorbilder aufzubauen. Weibliche Mitarbeiter mit Vorbildfunktion bewirken nicht nur einen deutlichen Einfluss auf die notwendige unternehmenskulturelle Weiterentwicklung in Bezug auf die Ansprüche und Bedürfnisse weiblicher Mitarbeiterinnen, sondern ziehen meist auch vermehrt Frauen in das Unternehmen.

Über welche Wege finden Bau-Mittelständler Kontakt zur Zielgruppe Frau?

Der erfolgreiche Weg hin zur Erschließung der „Fachkräfte-Ressource Frau“ ist ein langfristig ausgelegter Veränderungsprozess, wobei dieser mit dem gezielten Recruitment von Anfang an Hand in Hand gehen sollte. Diese ergänzen sich nicht nur gegenseitig, sondern bedingen sich im Grunde sogar. Die Formel ist einfach: Mehr Frauen im Betrieb verstärken den kulturellen Wandel – und umgekehrt zieht dieser wieder verstärkt Frauen in das Unternehmen.

Welche Maßnahmen zur Mitarbeitergewinnung genau zu planen und umzusetzen sind, ist von mehreren individuellen Voraussetzungen (Region, fachliche Hintergründe, Funktions- und Hierarchieebene, etcetera) abhängig. Exemplarisch kann dies bereits bei der gezielten Werbung von Berufseinsteigerinnen in den entsprechenden Schulformen (und -klassen) oder Aktionen (Girls‘ Day oder ähnlichen) beginnen, über klassische Wege der Personalgewinnung wie Stellenausschreibungen oder die Einschaltung externer Personalberatungen mit einem entsprechenden Fokus, bis hin zur entsprechend ausgerichteten Öffentlichkeitsarbeit in den entsprechend relevanten Medien erweitert werden. Auch die gezielte Nutzung der eigenen Belegschaft als „Headhunter“, die beispielsweise motiviert werden können, in ihrem persönlichen Umfeld die Augen für geeignete Kandidatinnen offen zu halten, ist oft eine erfolgsversprechende Maßnahme. Voraussetzung hierfür ist, dass diese wirklich von dem Unternehmen als frauenfreundlicher Arbeitgeber überzeugt und damit glaubwürdig sind – womit sich der Kreis zu den oben skizzierten Rahmenbedingungen wieder schließt.