5.1 Runge Pharma GmbH, Lörrach

5.1 Runge Pharma GmbH, Lörrach

Das Azubiprojekt, das an dieser Stelle dargestellt wird, wurde in der Firma Runge Pharma aus Lörrach durchgeführt. Das Familienunternehmen hat 50 Mitarbeitende und handelt mit Medikamenten. Dafür gibt es strenge Vorschriften, deren Einhaltung das Unternehmen mit Zertifikaten nachweisen muss. Die Digiscouts®, drei angehende Kaufleute für Groß- und Einzelhandel, entwickelten eine App für Versandprozesse. Die App stellt klar strukturierte Informationen für die sichere Verpackung der Medikamente bereit. Mit Blick auf die Systematik der Handlungsfelder und Stoßrichtungen von Digitalisierung handelt es sich dementsprechend um ein wertschöpfendes Projekt, das in der Ausgangslogistik angesiedelt ist und Abläufe optimiert und unterstützt.

Ausgangspunkt und Durchführung des Projekts

Die Beteiligung von Runge Pharma an Digiscouts® ging darauf zurück, dass der Geschäftsführer von der RKW Landesorganisation auf das Projektangebot angesprochen worden war. Der Entscheidung für die Teilnahme lag laut Angaben auf dem Eingangsfragebogen ein breites Spektrum von Motiven zugrunde. Es beinhaltete die Erschließung weiterer Digitalisierungsmöglichkeiten im Unternehmen, Motive der Kompetenzentwicklung und das Anliegen, den Azubis eine eigenständige Aufgabe zu geben.

Anknüpfen konnte das Projekt an ein in der Einschätzung der Unternehmensführung gehobenes Niveau der Digitalisierung: Hinsichtlich der digitalen Durchdringung der Prozesse, der Nutzung digitaler Technologien und vor allem im Hinblick auf den Beitrag digitaler Technologien zum Geschäftserfolg sah man sich mit Werten von 60 bis 80 Prozent bei der digitalen Reife schon recht weit fortgeschritten.

Die drei Auszubildenden gingen engagiert und zielstrebig an die Arbeit, indem sie Prozessanalysen durchführten und Digitalisierungsbedarf ermittelten. In diesem Zusammenhang griffen sie auf das Brainstorming nach der Vorlage „alte Welt / neue Welt“ zurück, und sie hörten sich im Betrieb bei ihren Kolleginnen und Kollegen um. Sie führten kurze Interviews mit Mitarbeitenden und hospitierten in den Arbeitsbereichen. Das Ergebnis war eine Projektidee, die der Strukturierung eines hochgradig sicherheitsrelevanten und komplexen Prozesses im Handel mit Medikamenten dient.

Damit die Produkte auf dem Versandweg nicht verderben, darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden. Einer der Azubis schilderte die Ausgangslage:

„Die pharmazeutischen Fachkräfte, die den Versand vorbereiten, mussten in einer Liste heraussuchen, welche Verpackung für welches Medikament verwendet und welche Kühlakkus benötigt werden. Das hängt natürlich vom Zielort, der Jahreszeit ab und auch vom jeweiligen Produkt.“

Das heißt beispielsweise, dass man die Temperatur am Zielort kennen muss, um aus dem Unterschied zum Versandort zu berechnen, wie kalt die Akkus sein müssen.

Dann fragte sich, ob genügend Akkus entsprechend gekühlt sind und ob die passende Transportbox zu Verfügung steht. Diese Boxen wurden zwar zurückgeschickt, aber vielleicht nicht rechtzeitig für die nächste Verwendung. Insgesamt waren die Vorarbeiten ziemlich aufwändig, bevor tatsächlich ein Medikament auf die Reise ging. Weil die Fachkräfte eine hohe Verantwortung haben, haben sie sich oft auch noch einmal rückversichert, ehe sie entschieden haben, was Zeitverzug mit sich brachte.

Um diese Probleme und Herausforderungen in der Prozessgestaltung zu bewältigen, sollte, so die Idee der Auszubildenden, eine App entwickelt werden, die die dafür relevanten Daten und Informationen zusammenführt, digital aufbereitet und für die Versandmitarbeitenden zum Abruf bereitstellt.

Aufgrund des hohen Nutzenpotenzials einer solchen App für effiziente und vor allem sichere Prozesse, noch dazu an einem neuralgischen Punkt des Alltagsgeschäfts, fiel die Resonanz des Geschäftsführers auf die Digitalisierungsidee sehr positiv aus. Sie versprach eine Prozessoptimierung, erleichterte das Tagesgeschäft und diente dem langfristigen wirtschaftlichen Erfolg. Vor diesem Hintergrund vereinbarte die Geschäftsführung mit den Azubis die Umsetzung der Idee. Der Geschäftsführer übernahm es sogar selbst, die App nach den Angaben der Azubis zu programmieren.

Bei der Umsetzung der Idee erfuhren die Azubis, dass die Gestaltung des Pflichtenhefts für die App recht anspruchsvoll und aufwendig war. Zunächst begannen die Beteiligten damit, die App mit den erforderlichen Daten über Verpackungen etc. zu „füttern“. Dabei sollte auf einem Tablet für jedes Medikament angezeigt werden, wie es verpackt werden muss. Mit der jeweils aktuellen Anzeige der Temperatur am Zielort errechnet das Programm die benötigten Akkus und weiß auch, ob diese gekühlt sind und ob die entsprechende Box bereitsteht. Der gesamte Prozess wird dadurch transparenter. Die Verantwortlichen sparen viel Zeit für Recherchen und können sicherer entscheiden.

Die Redensart „das ist den Schweiß der Edlen wert“ trifft offensichtlich auf dieses Digitalisierungsprojekt in besonders hohem Maße zu. In Anbetracht der hohen Komplexität des Projekts zum einen und des Drucks des Alltagsgeschäfts zum anderen kam es bei der Realisierung der Idee zu zeitlichen Engpässen. Kommunikation und Abstimmungsprozesse liefen nicht immer ganz reibungslos. Es gab Schwierigkeiten der Terminfindung im Team, auch die Sommerferien erschwerten die Organisation. Nicht alle selbstgesetzten Meilensteine, aber immerhin die meisten, konnten eingehalten werden. So war das Projekt bis zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht ganz abgeschlossen.

Es wurde aber von den Azubis weiter an der Fertigstellung des Projekts gearbeitet. Sie sollen das System weiterhin betreuen, die Kolleginnen und Kollegen anleiten und die App aktuell halten. Folgerichtig konnten sich die Azubis mit ihrer Projektidee eine Position als Expertinnen und Experten erarbeiten.

Bewertung des Projekts

Die Resümees der Azubis, des Geschäftsführers und des Coaches fielen durchgängig positiv aus: Die Digiscouts lobten, dass sie im Projekt eigenständig arbeiten konnten und sich weder die Ausbilderin noch andere ständig eingemischt hätten. Auf ihrem Fragebogen gaben die Azubis an, dass sie besonders stolz darauf seien, dass „die Teamarbeit sehr gut funktioniert (hat). Die Arbeitsaufteilung trotz wenig Zeit geschafft wurde. Dass unser Projekt in der Firma von allen Mitarbeitenden genutzt wird und die Arbeit somit erleichtert wird.“

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sahen die Unternehmensverantwortlichen wie auch der Coach einige Erfolge. Ausgehend von dem bereits recht hohen Niveau der Digitalisierung konnte Runge Pharma dennoch bei allen drei Aspekten „digitale Durchdringung unternehmensinterner Prozesse“, „Nutzung digitaler Technologien und Dienste“ sowie „Einfluss der Digitalisierung auf den Geschäftserfolg“ etwas zulegen. Die Ziele des sehr ambitionierten Projekts wurden zwar nicht vollständig, aber weitgehend erreicht. Der wirtschaftliche Nutzen war als sehr hoch zu veranschlagen.