Fachbeitrag „Menschen.“

Der Mensch in Geschäftsmodellentwicklungsprozessen: Führen und Entscheiden unter Unsicherheitsbedingungen

Von Dr. Verena Krauer und Patrick Großheim

Ein rapide beschleunigter wirtschaftlicher wie technologischer Wandel und sich verändernde Erwartungen der Beschäftigten bleiben nicht ohne Folgen für das Zusammenspiel von Menschen und Organisationen: Allem voran spielt sich Führung mehr denn je in komplexen und vielschichtigen Strukturen ab, in denen Unsicherheit und Vorläufigkeit an der Tagesordnung sind. Strategie, Organisation und Geschäftsmodell müssen wandlungsfähig bleiben, sollen sie mit der Umwelt Schritt halten. Strategiearbeit stellt damit eine Daueraufgabe dar.

In diesem Sinne „agil“ handelnde Führungskräfte sind ihren eigenen Aussagen zufolge um ein Vielfaches erfolgreicher. Untersuchungsergebnisse deuten darauf hin, dass team- und netzwerkförmige Organisationen zunehmend die Nase vorne haben gegenüber klassisch-hierarchischen „Command and Control“-Ansätzen – kontextabhängig und gemessen an ihrem Output. Insbesondere steigen Zahl und Qualität betrieblicher Innovationen nachweislich mithilfe von Beteiligungsformen, die über die gesetzliche Mitbestimmung hinausgehen (Blume & Gerstlberger 2007). Diese umfassenderen lateralen Führungspraktiken machen gerade in kleinen und mittleren Unternehmen keinen Halt vor Strategie- und Geschäftsmodellentwicklungsprozessen und stellen hohe Ansprüche an Führende wie Geführte.

Bezogen auf die Menschen, die an diesem Geschehen beteiligt sind, sind vor allem nicht fachliche Kompetenzen gefragt und ausbaufähig (Wolf et al. 2018). Ohne die Kompetenz zum Aushalten und Bearbeiten von Unsicherheit sowie eine ausgeprägte Reflexionsfähigkeit – im Sinne einer individuellen Anpassungsfähigkeit – ist eine anpassungsfähige verteilte Führung nicht denkbar (Edmondson 2020; Pachner 2020). Eine solche Unsicherheitskompetenz attestieren sich jedoch nicht mehr als drei von zehn Beschäftigten.

Das ist sicherlich nicht nur die Folge einer unangemessen einschränkenden Fehlerkultur in Unternehmen, sondern muss in einen größeren Rahmen gesetzt werden. Die eingangs beschriebene Öffnung hin zu Komplexität, Unsicherheit und (sich stets selbst mit Zielen versorgenden) Teams läuft regelmäßig darauf hinaus, dass Unternehmen fähig und bereit sein müssen, kreative Zerstörung zuzulassen und wenn nötig althergebrachte Einstellungen, Praktiken und Strukturen niederzureißen. Dadurch entsteht Raum für neue Ideen, Fähigkeiten und Geschäftsmodelle (Nemeth 2011).