Einführung zum Führungsnavigator

Hintergrund und Einsatzbereich

Wirksame Führung ist das erforderliche Gegenstück zu einer Umsetzungsarchitektur und damit unersetzlich für die Strategieumsetzende Führung. Die Wirksamkeit der Führung beziehungsweise der Führungskräfte muss sich in letzter Konsequenz an deren Ergebnisse messen lassen. Oder drastisch formuliert: Führung, die zu nichts führt, ist in ihrer Funktion wertlos. Die Aufträge aus der Umsetzungsarchitektur (oder anderen Planungen) geben die Ziele verbindlich vor und die Führungskräfte sind dafür verantwortlich, diese mit ihrem Personal umzusetzen.

Dieser Job erfordert Führungs-Know-how und die konsequente Übernahme der Führungsaufgaben. Dazu gehört es, im Alltag die Verantwortung für die Ergebnisse zu übernehmen und alles Notwendige zu tun, damit die Mitarbeiter die passende Leistung erbringen können. Dies ist deshalb so wichtig, weil es per se keinen anderen im Verantwortungsbereich gibt, der dies anstelle der Führungskraft verbindlich tun muss. Wenn ein Bauleiter nicht dafür sorgt, dass „seine Leute“ die gesetzlich erforderliche Dokumentation anfertigen, erledigt es im Zweifel niemand. Wirksamkeit beginnt in diesem Beispiel also damit, dass der Bauleiter seine Mitarbeiter anspricht und Wirksamkeit ist vollendet, wenn der Bauleiter die Suche nach einer Lösung anstößt und am Ende das passende Ergebnis vorliegt. Dies ist kein Selbstläufer, dafür brauchen Führungskräfte neben dem Verantwortungsbewusstsein auch die nötige Zeit und entsprechendes Führungs-Know-how.

Dieser Anspruch überkreuzt sich jedoch mit der Realität in vielen Unternehmen: Die meisten Unternehmen haben in den letzten Jahren große Veränderungen durchlaufen. Die Anforderungen seitens der Märkte und Kunden sind nicht nur in Menge und Takt gestiegen, sondern sie haben sich auch qualitativ verändert. Das haben sowohl die Firmenlenker als auch die Führungskräfte und die Mitarbeiter zu spüren bekommen. Dies führt häufig zu Führungskräften, die sich am Rande ihrer Zeit- und Belastungskapazitäten bewegen. Gravierender ist aber, dass viele Führungskräfte aufgrund ihrer Sachkompetenz und Zuverlässigkeit in die Führungsposition berufen worden sind. Dabei wird oft vergessen, dass Sach- und Führungsaufgaben im Zweifel so viel gemeinsam haben wie der Beruf eines Gärtners und der eines Buchhalters. Wirksame Führung erfordert deutlich mehr als die einmalige Vorgabe von Zielen, die wöchentliche Teilnahme an Sitzungen, die Bewilligung von Urlaubsanträgen oder das Führen von Personalgesprächen. Sie bedarf eines aktiven Managements des eigenen Verantwortungsbereichs und der gegebenen Ressourcen hin zu den erforderlichen Ergebnissen. Oder mit Fredmund Malik (2014): Eine Führungskraft leistet „… die Transformation von Ressourcen in Nutzen ...“. Und da Menschen die Ergebnisse erbringen, ist es auch erforderlich, dass die Führungskräfte etwas von der Begleitung und der Führung von Menschen verstehen. Vielleicht scheint diese Messlatte hoch, jedoch ist dies der Maßstab für eine erfolgreiche Strategieumsetzung, und damit für die generelle Leistungsfähigkeit von Organisationen.

Kurzum: Die Wahrnehmung von Führungsaufgaben ist wesentlich für die Strategieumsetzung. Gleichzeitig steht dem oft gegenüber, dass viele Führungskräfte unzureichend für diesen Job vorbereitet sind und ihnen im hektischen Tagesgeschäft die Zeit für die Wahrnehmung der Führungsaufgaben fehlt.

Orientierung und Unterstützung mit dem Führungsnavigator
Wir haben den Führungsnavigator entwickelt, um Führungskräften, die diesen anspruchsvollen Job wahrnehmen wollen, Orientierung zu bieten. Er beschreibt mit seinen Elementen die wesentlichen Aufgaben und Gestaltungsfelder wirksamer Führung. Wir haben die Essenz vieler Fachbücher und Betriebsprojekte auf den Punkt gebracht: Der Navigator vereint Know-how aus der Managementlehre, der Unternehmens- und Organisationsentwicklung, der Personalführung und aus der systemisch geprägten Psychologie. Unternehmen und Führungskräften soll mit den Bereichen „ERFOLG verantworten“, „ERFOLG ermöglichen“ und „ERFOLGsbasis Selbstführung“ eine Orientierung über die wichtigsten Aufgaben und Gestaltungsfelder wirksamer Führung gegeben werden, die hohen Einfluss auf die erzielten Ergebnisse haben.

Ergebnisse und damit Erfolg zu verantworten, bedeutet, die zwei elementarsten Funktionen von Führung wahrzunehmen. Das Arbeitsergebnis ist Sinn und Ziel erfolgreicher Führungstätigkeit. Der Bereich „ERFOLG verantworten“ beschreibt, „was“ dafür getan werden muss.

Das Verantwortungsbewusstsein der Führungskräfte ist hier entscheidend, da für die Wahrnehmung dieser Führungsaufgaben in der Regel weder Rettungsnetz noch Reservespieler vorhanden sind. Das heißt, wenn die Führungskraft diese Aufgaben nicht wahrnimmt, macht es wahrscheinlich niemand. Dies im Alltag trotz „Gegenwind“, hohem Workload und der Verlockung einfach mal „wegzuschauen“, konsequent wahrzunehmen, erfordert Verantwortungsbewusstsein.

Was passiert, wenn nichts passiert beziehungsweise eine Führungskraft diese Aufgaben nicht wahrnimmt? In dem Fall muss die übergeordnete Instanz (also die Führungskraft der Führungskraft) ihre Verantwortung wahrnehmen und dies von ihrer Führungskraft einfordern. Das ist deshalb wichtig, da Umsetzungsstärke davon lebt, dass es ein geschlossenes „Verantwortungssystem“ gibt, welches letztlich in der Geschäftsführung seinen Ursprung hat und von dort vorgelebt und eingefordert werden muss, damit keine „Verantwortungslecks“ entstehen, die die gesamte Schlagkraft einer Organisation lähmen können.

Die Elemente im Bereich „ERFOLG ermöglichen“ beschreiben das „Wie“. Also wie Führung in der heutigen Zeit gelingen kann. Denn so wichtig und unersetzbar die Verantwortung für den Erfolg auch ist, Wirksamkeit und damit letztlich auch Erfolg erfordern in der Praxis mehr. Hat es früher vielleicht noch gereicht, dass Führungskräfte Anweisungen geben und deren Einhaltung kontrollieren, haben sich die Anforderungen an Führung heute stark gewandelt. Veränderungen gehören heutzutage oft schon zum Alltag. Zudem sind viele Führungskräfte zunehmend auf die Freiwilligkeit ihrer Mitarbeiter angewiesen, um in einer komplexen Welt, die eine Führungskraft allein nicht mehr überblicken kann, gute Ergebnisse zu erzielen. Damit ist gemeint, dass Spitzenleistung erst durch das Einbringen von Wissen, Know-how und vor allem den persönlichen Einsatz der Mitarbeiter am Produkt und am Kunden erfolgt. Bildlich gesprochen: Wenn früher die Hand des Mitarbeiters ausreichte, braucht es heute mindestens Hand und Kopf – und vielleicht auch das Herz. Detaillierte Anweisungen können dem kaum noch gerecht werden. Die fünf Elemente dieses Bereichs beschreiben die aus unserer Sicht wichtigsten Gestaltungsfelder einer Führungskraft. Sie wirken unmittelbar auf die Art und Weise, wie (zusammen)gearbeitet wird sowie auf die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter. All dies schlägt sich auch auf die Ergebnisse nieder.

Nur wer sich selbst führen kann, kann auch andere führen. Im Zentrum des Führungsnavigators und der praktischen Führungstätigkeit steht die Selbstführung. Sie bildet die Basis von Wirksamkeit und Erfolg. Warum? Weil sie sowohl auf die Wirkung aller anderen Führungsaufgaben und auf das Miteinander mit den Kollegen als auch auf die persönliche Leistungsfähigkeit ausstrahlt. Die „handwerkliche“ Grundlage der Selbstführung bilden der bewusste Umgang mit Zeit, die tägliche Arbeitsorganisation und die Fähigkeit, auch im Alltag zwischen dem Dringenden und dem Wichtigen zu unterscheiden – also das Selbstmanagement. Im Mittelpunkt der Selbstführung steht jedoch die Selbstreflexionsfähigkeit sowie der vergrößerte Handlungsspielraum, der daraus für Führungskräfte resultiert. Wer man ist, was einen im Positiven (z. B. Ideale) und im Negativen (z. B. Perfektionismus) „antreibt“, was man von sich selbst und anderen denkt oder wie man bevorzugt auf äußere Einflüsse wie Druck, Kritik, Konflikte, häufige Mitarbeiteranfragen und vieles mehr reagiert, wirkt. Auch auf die eigene Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden, die Qualität des Miteinanders, auf den Erfolg sämtlicher Führungstätigkeit und damit auch auf die Resultate im Verantwortungsbereich – wodurch eine gute Selbstführung zur Basis des Erfolgs wird.

Um sich selbst und sein Team gut und in die richtige Richtung führen zu können, sind zudem eine klare Führungsrolle und ein Führungsauftrag erforderlich. Sie beschreiben die konkreten Erwartungen an die Führungskräfte. Die Führungsrolle beinhaltet vereinfacht ausgedrückt, „was Führungskräfte tun sollen, wenn sie führen“, also das, was das Unternehmen von seinen Führungskräften erwartet. Der Führungsnavigator schlägt eine Rollendefinition vor. Er kann aber auch als Diskussionsgrundlage verwendet und bei Bedarf verändert werden.

Neben der Führungsrolle ist für die Selbstführung auch die Definition eines Führungsauftrags zwingend. Der Führungsauftrag definiert die Ziele und die Ergebnisse, die eine Führungskraft mit ihrem Verantwortungsbereich erreichen soll. Der Auftrag an eine Führungskraft kommt aus der Umsetzungsarchitektur oder anderen Planungsprozessen.

Wie kann mit dem Navigator gearbeitet werden?
Die Auseinandersetzung mit dem RKW-Führungsnavigator dient der Verbesserung der Führungsund Managementqualitäten im eigenen Unternehmen. Entlang des Navigators können Unternehmen und Führungskräfte kritisch festlegen, welche Elemente mehr und welche vielleicht weniger Bedeutung für die Leistungsund Umsetzungsstärke haben. Auf dieser Grundlage lässt sich ein gemeinsames Führungsverständnis im Unternehmen aufbauen, das die Kommunikation über oder die Bewertung von Führung erleichtert. Ebenso können auf dieser Basis individuelle oder kollektive Kompetenzengpässe ermittelt werden. Die Entwicklung der Führungskräfte muss dann nicht mehr am Angebotskatalog der Weiterbildungsanbieter, sondern kann direkt an den ermittelten Bedarfen ausgerichtet werden.

Der Führungsnavigator in Zeiten der VUCA-Welt, Digital Leadership und Agilität
Auch wenn sich das „Wie“ von Führung – zum Beispiel durch die Nutzung agiler Arbeitsformen, neuer Kollaborationstechniken, Ent-Hierarchisierung oder der Hervorhebung neuer Kompetenzen wie Empathie- und Vernetzungsfähigkeit – weiter verändern wird, bleibt aus unserer Sicht das „Was“ (also die Verantwortung und das Management der Ergebnisse) von Führung bestehen und wird sogar noch wichtiger. Warum? Organisationen können nur überleben, wenn sie fähig sind, Entscheidungen zu fällen. Dies wird weiterhin Führungsaufgabe bleiben, auch wenn sich Mittel und Wege der Entscheidungsfindung ändern. Das heißt, es wird auch zukünftig jemand benötigt, der sagt „Wir bauen Autos und keine Waschmaschinen!“. Unternehmen und Führungskräfte tun zwar gut daran, sich mit den Beobachtungen und Ideen ihrer Mitarbeiter zu versorgen, um sich beispielsweise darüber auszutauschen, ob nun Cabrios oder Lieferwagen gefertigt werden und ob es mit den vorhandenen Ressourcen möglich ist, vier oder fünf davon in der gewünschten Qualität zu liefern. Am Ende erfordert es aber immer eine Entscheidung. Fehlt diese, können sich Organisationen in endlosen Diskussionsschleifen verlieren.

Für den Führungsnavigator bedeutet dies, dass die Aufgaben im Bereich „ERFOLG verantworten“ und „ERFOLG ermöglichen“ weiterhin Bestand haben. Sie müssen nur nicht (mehr) im Alleingang durch eine Führungskraft bewerkstelligt werden. Dies ist in Anbetracht der komplexen geschäftlichen Anforderungen oft auch nicht mehr passend. Daher wird sich Wirksamkeit immer mehr dadurch auszeichnen, intelligente Beteiligung in der Entscheidungsfindung zu organisieren. Jedoch – und das ist zentral – muss immer jemand dafür sorgen, dass dies überhaupt stattfindet und am Ende (egal ob allein, konsultativ oder demokratisch) entschieden wird.