Funktionalstrategie

Die meisten Organisationen werden wirksam über ihre Funktionen wie Einkauf, Entwicklung, Fertigung, Vertrieb usw. Hier entstehen die Leistungen, die auf das „Konto“ der Gesamtstrategie „einzahlen“ beziehungsweise die erforderlichen Voraussetzungen zur Umsetzung der Strategie schaffen. Eine Funktionalstrategie kann als detaillierter Auftrag an eine Funktion verstanden werden. Im Unterschied zu klassischen Zielvereinbarungen wird dieser Auftrag jedoch deutlich differenzierter erstellt. Die Entwicklung einer Funktionalstrategie ist vor allem dann sinnvoll, wenn:

  • zentralisierte Funktionen mehrere Geschäftsfelder bedienen,
  • die Funktionen eine besonders erfolgskritische Position für die Umsetzung der Unternehmensstrategie einnehmen und/oder
  • (einzelne) Funktionen aufgrund der Unternehmensentwicklung oder -größe ihre Kapazitäten nicht mehr am tatsächlichen Bedarf des Unternehmens ausrichten.

Der Unterschied zur Zielkaskade zeigt sich in mehreren Details. Die Entwicklung einer Funktionalstrategie kann mit einem „Mini-Strategieprozess“ für die jeweilige Funktion verglichen werden. Ziel dieses Prozesses ist die konsequente Ausrichtung der Funktionen auf die Geschäfte des Unternehmens und den tatsächlichen Bedarf interner Kunden. Darüber hinaus sollen auch die erforderlichen Voraussetzungen in den Funktionen geschaffen werden, um die benötigten Leistungen erbringen zu können. Dafür wird zunächst der grundlegende Zweck und die Stoßrichtung der Funktion hinterfragt und bei Bedarf neu definiert. Erst danach können Ziele sinnvoll abgeleitet werden. Dazu können auch Grundsatzentscheidungen erforderlich sein, wer überhaupt interner Kunde ist oder welche Leistungen zentral durch die Funktion wahrgenommen werden und welche innerhalb anderer Bereiche/Funktionen bleiben. Neben Zielen und Maßnahmen werden zur Konkretisierung auch die wichtigsten Produkte/Leistungen der Funktion, der Ressourcenbedarf, der Reportingprozess an die Geschäftsführung sowie mögliche Konsequenzen auf die Organisation und das Leistungsspektrum der Funktionen benannt und geplant.

Mit diesem Vorgehen ist immer auch die Chance verbunden, mögliche „Altlasten“ (Aufgaben, Projekte) zu entsorgen, die Kapazitäten binden. Es wird also nicht nur gefragt, was getan werden muss (wie bei der Zielkaskade), sondern auch entschieden, was nicht mehr getan werden soll. Das dient der Optimierung der Funktionen, beispielsweise durch die Abschaffung von definierten Standards, die niemandem nützen. Eine ausformulierte Funktionalstrategie wird somit zu einem konkreten Führungsprogramm für die verantwortlichen Führungskräfte der Funktionen und ein verlässliches Leistungsversprechen an deren Kunden (z. B. die Führungskräfte der Geschäftsfelder).

Voraussetzungen
Die Einführung von Funktionalstrategien erfordert es, Grundsatzfragen zu stellen und zu beantworten. Damit kann verbunden sein, dass alte Gewohnheiten in den Funktionen im Hinblick auf deren Nutzen hinterfragt werden. Beispielsweise kann für einen Vertriebsbereich festgelegt werden, dass die Beschaffung passender Vertriebsmitarbeiter eigenständig und nicht (mehr) durch die Funktion Personal durchgeführt werden soll. Das setzt voraus, dass die beteiligten Führungskräfte bereit sind, sich auf mögliche Veränderungen einzulassen, die Auswirkung auf das Leistungsspektrum und die Ressourcen haben. Nur so können die Funktionen konsequent auf den betrieblichen Bedarf ausgerichtet werden.

Prozess
Die Funktionalstrategien werden idealerweise im Führungsteam entwickelt. Zumindest sollten jedoch die internen Kunden der jeweiligen Funktion bei der Entwicklung beteiligt sein, um sie auf ihren Nutzen hin zu beurteilen. In Anlehnung an Roman Stöger (2009) bieten sich drei Schritte an, um eine Funktionalstrategie zu entwickeln.

1. Beurteilung der Ausgangslage der Funktion
Auf Grundlage einer klaren Entscheidung, ob die Funktion zentral für alle oder dezentral in einzelnen Geschäftsfeldern Leistungen erbringen soll, werden auf Basis der Unternehmensstrategie die daraus resultierenden Vorgaben des Gesamtunternehmens (z. B. Zweck, Nutzen oder Qualitäts- und Kostenposition der Funktion) und die internen Kunden der Funktion definiert. Im Anschluss wird gemeinsam im Führungsteam die Ausgangslage der Funktion (z. B. Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken) im Hinblick auf deren Beitrag zur Umsetzung der Unternehmensziele beurteilt. Dies ist notwendig, da die Funktionalstrategie eine Antwort auf die Ausgangslage darstellt. Sie kann daher keine Einzelsicht repräsentieren, sondern sollte aus der Perspektive des Gesamtunternehmens definiert werden. Abschließend kann noch der Reportingprozess festgelegt werden.

2. Gestaltung der Funktionalstrategie
Im Anschluss ist der Auftrag in Form von Zielen für die gesamte Funktion und den daraus abgeleiteten Maßnahmen für einzelne Mitarbeiter oder Teams formulierbar. Die Ziele sollen auf die Herausforderungen der Ausgangslage Antwort geben und der Umsetzung der Gesamtstrategie dienen. Die Maßnahmen stellen sicher, dass die Ziele erreicht werden. Da hier der Bedarf der internen Kunden bestmöglich aufgegriffen und bedient werden soll, sollten die Kunden bei der Gestaltung der Funktionalstrategie beteiligt sein. Das folgende Beispiel beschreibt einen Auszug einer Funktionalstrategie für den Personalbereich. (Das Blankoformular ist auf www.perso-net.de im Beitrag „Entwicklung einer Personalstrategie“ erhältlich).

3. Umsetzung und Weiterentwicklung der Funktionalstrategie
Die Funktionalstrategie ist ein Auftrag an die jeweilige Funktion. Die Maßnahmen bilden bereits Ziele für einzelne Mitarbeiter ab. Damit ist sie eine gute Führungsgrundlage – sowohl für die jeweiligen Funktionsleiter als auch für die Geschäftsführung. Da sich Märkte und Geschäfte verändern, ist die regelmäßige Weiterentwicklung und Anpassung der Funktionalstrategien im Führungskreis erforderlich. In festgelegten Reviewterminen (z. B. quartalsweise) können die Zielerreichung, die Umsetzung der Maßnahmen und die Einhaltung des Ressourcenplans geprüft und bei Bedarf angepasst werden.