Erfolg beurteilen

Die Beurteilung des Erfolgs ist der Blick der Führungskraft auf die erzielte Wirkung und somit auf die Realität. Wirksamkeit hängt daher unweigerlich mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe zusammen. Die Beurteilung des Erfolgs ist das natürliche Gegenstück der Aufgabe „für Ziele/Input sorgen“. Nur in dem Zusammenspiel lässt sich feststellen, ob und inwieweit die Ziele und die erforderlichen Leistungen überhaupt erreicht werden. Und nur auf dieser Basis kann auch entschieden werden, ob gegenzusteuern ist oder die Ziele angepasst beziehungsweise gänzlich verworfen werden sollten. Wird diese Aufgabe nicht oder nur halbherzig wahrgenommen, können sowohl die Ergebnisse eines Verantwortungsbereichs als auch die des gesamten Unternehmens gefährdet sein. Nur durch den Blick auf die Realität lässt sich beurteilen, ob sich die Mitarbeiter an die vereinbarten Prozesse oder gesetzlichen Vorgaben halten; die erforderlichen Durchlaufzeiten in der Produktion erreicht werden; wie es um das vor sechs Monaten in Auftrag gegebene Projekt steht; ob die Verkaufszahlen eingehalten werden; die Neuentwicklung rechtzeitig zum Messeauftritt präsentiert werden kann und so weiter.

Oft wird jedoch aus den unterschiedlichsten Gründen eher zu wenig beurteilt und kontrolliert als zu viel. Die Beurteilung von Ergebnissen, Leistung oder dem Verhalten kann anspruchsvoll und heikel sein. Was zur Folge hat, dass im Alltag vieles „übersehen“ wird oder nur noch zu standardisierten Beurteilungszeitpunkten wie dem jährlichen Mitarbeitergespräch stattfindet. Hier ist erneut das Verantwortungsbewusstsein der Führungskräfte von Bedeutung, damit diese grundlegende Führungsaufgabe nicht im Tagesgeschäft „untergeht“. Denn auch in diesem Bereich gilt: Wenn es die Führungskraft nicht macht, macht es im Zweifel niemand.

Jedoch ist es nicht nur eine Frage des „Ob“, sondern auch eine des richtigen „Timings“, um größere Überraschungen zu vermeiden und rechtzeitig gegensteuern zu können. Eine Führungskraft, die sich darauf verlässt, dass ein wichtiges Projekt erfolgreich verlaufen wird und die Ergebnisse erst kurz vor dem Abschluss beurteilt, riskiert unnötig dessen Scheitern. Wenn eine Erfolgsbeurteilung früh genug erfolgt, können viele Probleme noch aufgefangen werden. Wird sie zu spät vorgenommen, gelingt dies – wenn überhaupt – nur noch mit einem unverhältnismäßigen Aufwand. Ebenso ist ein „zu viel des Guten“ kontraproduktiv. Wenn zu viel, zu harsch oder die Beurteilung als unsinnig erlebt wird, kann sich dies negativ auf die Motivation der Mitarbeiter auswirken. Es ist Aufgabe der Führungskraft, das passende Maß und den richtigen Ton zu finden sowie gegebenenfalls die Hintergründe für die Beurteilung zu erläutern.

Beurteilen und kontrollieren allein reichen nicht. Vielmehr geht es darum, die Mitarbeiter oder Teams bei Abweichungen rechtzeitig in Verantwortung zu nehmen und gemeinsam nach Ursachen und Lösungen zu suchen. Auch hierfür muss eine Führungskraft nicht alles im Alleingang leisten. Ebenso wie Ziele gemeinsam erarbeitet oder Geschäftsideen ko-kreativ entwickelt werden können, kann auch die Beurteilung des Erfolgs im Team stattfinden. Letzten Endes zählt jedoch, dass diese Aufgabe überhaupt wahrgenommen wird und das Unternehmen keine Zeit und Ressourcen verschwendet. Die Verantwortung dafür liegt bei der zuständigen Führungskraft.

Die Beurteilung des Erfolgs hat noch eine weitere Funktion: Sie ist in hohem Maße kulturprägend, da hier eine der wichtigsten Quellen von Verbindlichkeit in einem Unternehmen liegt. Wenn sämtliche Mitarbeiter und Führungskräfte eines Unternehmens erleben, dass das gilt, was vereinbart wurde, statt „unter den Tisch zu fallen“ oder „übersehen“ zu werden, trägt dies maßgeblich zu einer Kultur der Verbindlichkeit bei. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn dies nicht nur in vereinzelten Bereichen, sondern von der Geschäftsführung ausgehend in sämtlichen Organisationseinheiten gelebt wird.

Wir hatten bei dem Workshop „Strategieumsetzende Führung“ zunächst die Erwartungshaltung, gezielte kollektive und individuelle Personalentwicklungsimpulse zu erhalten. Das Ergebnis war dank der ganzheitlicheren Betrachtungsweise dann deutlich vielschichtiger und teilweise überraschend. Beispielsweise wurden in der Folge die Themen Führungsauftrag und Rollenverständnis klargestellt und im Führungskreis gemeinsam vereinbart. Insofern konnte uns das RKW sowohl methodisch, als auch mit dem Blick von außen, einen echten Mehrwert bringen.

Christian Kempf (Kaufmännischer Geschäftsführer / CFO), ophelis GmbH