Teams und Mitarbeiter entwickeln

Die Entwicklung von Teams und Mitarbeitern ist für die Umsetzung von Zielen und die Realisierung von Ergebnissen ein zentrales Gestaltungsfeld. Die gezielte Bearbeitung von Kompetenzrisiken kann hierfür ebenso wichtig sein wie die Förderung vorhandener Potenziale und Stärken. Zudem nimmt für viele Unternehmen die Teamentwicklung einen wachsenden Stellenwert ein, da immer mehr Teams Hochleistung unter schwierigen und wechselnden Bedingungen erbringen müssen.

Bedarfsorientiert Mitarbeiter entwickeln
Für ergebnisverantwortliche Führungskräfte haben Weiterbildungen und Trainings mit direktem Geschäftsbezug höchste Priorität. Das heißt, alle Weiterbildungen und Entwicklungsmaßnahmen, die erforderlich sind, um die Ziele aus den Planungsprozessen (Jahresplanung, Unternehmensstrategie) zu erreichen oder den laufenden Betrieb zu gewährleisten, sind Chefoder Führungskraftsache. Dabei geht es weniger um die Ermittlung und Beseitigung von Kompetenzdefiziten, sondern um den professionellen Umgang mit Kompetenzrisiken, die im Zusammenhang mit der Realisierung von Zielen und Ergebnissen stehen. Die Suche nach Kompetenzrisiken und die Verantwortung für die Initiierung einer Weiterbildung kann nur die jeweilige ergebnisverantwortliche Führungskraft tragen, denn die Personalabteilung ist „zu weit weg“ und kann diesen Bedarf nicht erkennen. Die Leitfrage lautet in diesem Fall: „Haben unsere Mitarbeiter die erforderlichen Kompetenzen, um die geschäftlichen Ziele zu erreichen?“ Somit wird die bedarfsorientierte Mitarbeiterentwicklung zu einem grundlegenden Element ergebniswirksamer Führung. Die Beratung zu passenden Angeboten und Formaten, die Auswahl und Abwicklung erfolgen idealerweise durch Personalmitarbeiter. Beispiele für bedarfsorientierte Mitarbeiterentwicklung:

  • Nach dem Ausscheiden von zwei Schlüsselmitarbeitern droht die Produktivität in der Fertigung einzubrechen. Mehrere Schulungen zur Bedienung der Anlagen helfen, den drohenden Einbruch abzufedern.
  • Die Umstellung des Geschäftsmodells auf digitale Vertriebswege kann nur durch die Weiterentwicklung der Vertriebsinnen- und mehrerer IT-Mitarbeiter realisiert werden.
  • Ein Projektleiter erhält externes Coaching, um ein Projekt mit hoher strategischer Bedeutung und schwierigen Anforderungen zum Erfolg zu führen.

Weiterbildungen, Coachings und Teamentwicklungen, die nachvollziehbar dazu dienen, die Ziele zu erreichen, können auch relativ einfach in einen wirtschaftlichen Bezug gesetzt werden. Das hilft bei Diskussionen und Entscheidungen bezüglich der Kosten für die Weiterbildungen. Weitere Informationen und Tools für die Ableitung strategisch begründeter Entwicklungsmaßnahmen finden sich im RKW-Leitfaden „Strategisches Weiterbildungsmanagement“.

Potenzialorientiert Mitarbeiter entwickeln
Die Suche, Förderung und Entwicklung von Potenzialen der Beschäftigten sind aus zwei sich ergänzenden Gründen interessant:

  • In der Unterschiedlichkeit von Werten, Interessen und Neigungen der Mitarbeiter liegen wertvolle Ressourcen verborgen. Der Versuch, einem allgemeinen Ideal zu entsprechen, kann zu persönlicher und leistungsbezogener Mittelmäßigkeit führen. Demnach können ausgeschöpfte Potenziale sowohl die Persönlichkeit und Zufriedenheit stärken als auch in die Wahrnehmung des Kerngeschäfts der Mitarbeiter einfließen und zu verbesserten Leistungen führen oder sogar den Weg zur Wahrnehmung erweiterter/anderer Aufgaben ebnen.
  • Trotz aller Strategien kann niemand wirklich wissen, wie sich ein Unternehmen künftig entwickeln wird und welche Kompetenzen sich morgen als hilfreich erweisen. Zudem verändern sich in manchen Branchen die Anforderungen sehr schnell, was oft zu wechselnden Anforderungsprofilen führt. In Anbetracht von Kostendruck und Fachkräftemangel kann es daher helfen, ein genaues Bild von den vorhandenen Potenzialträgern und deren Talenten und Begabungen zu haben, um veränderte Personalund Kompetenzbedarfe intern abzudecken und so neuen Herausforderungen begegnen zu können.

Auch hier spielen die Führungskräfte eine zentrale Rolle. Durch ihre Nähe zu den Mitarbeitern können sie ein Gefühl für vorhandene Potenziale entwickeln und im Alltag deren Förderung begünstigen. Weil sich Begabungen und Potenziale erst entfalten, wenn ein geeigneter Rahmen gegeben ist, müssen Führungskräfte diesen zuvor gezielt schaffen. Denn durch das Abarbeiten von immer gleichen Aufgaben wird die Potenzialentfaltung eher gehemmt als gefördert. Ansatzpunkte im Führungsalltag sind:

  • Den Gestaltungsspielraum erhöhen und mutig beim Delegieren sein.
  • Mitarbeiter neben dem Dürfen auch über das Müssen fordern.
  • Aufgaben suchen, die zu den Stärken und Potenzialen passen.
  • Eine Kultur schaffen, die ein „Sich-Ausprobieren“ ermöglicht und Fehler gestattet.
  • Mitarbeitern und Kollegen im Alltag in Anlehnung an Johann Wolfgang von Goethes Zitat begegnen: „Behandle die Menschen so, als wären sie, was sie sein sollten, und du hilfst ihnen zu werden, was sie sein können.“
  • Den eigenen Standpunkt kennen und reflektieren. Denn die Möglichkeiten, dass sich Wachstumspotenziale beim Gegenüber öffnen, hängen unmittelbar davon ab, wie jemand zu Wachstum bei sich selbst steht.

Für die Entfaltung von Potenzialen können auch Einzel- oder Teamcoachings, kollegiale Beratung oder externe Weiterbildungscurricula, die die Selbstreflexion der Teilnehmer beinhalten, hilfreich sein.

Teams entwickeln
Immer öfter werden Leistungen durch Teams erbracht. Teamentwicklung kann vor allem im Konfliktfall gegensteuern – und/oder wenn die Umsetzung der Ziele gefährdet ist. Dies trifft besonders auf Teams zu, deren Leistungen nur durch das professionelle Zusammenspiel aller Teammitglieder erbracht werden können. Teams oder Gruppen, die ihre Ziele auch gut in Einzelarbeit erreichen, können Konflikte, Missgunst und Vertrauensverlust im Zweifel auch „aussitzen“, ohne dass dadurch die Ergebnisse gefährdet wären.

Führungskräfte sind mit Blick auf die Ergebnisse und die Stimmung im Team dafür verantwortlich, im Bedarfsfall eine Teamentwicklung anzustoßen. Teamentwicklungsprozesse sind komplex und anspruchsvoll, darum sollte in festgefahrenen und sehr verhärteten Situationen ein externer Moderator einbezogen werden – schließlich ist die Führungskraft Teil des Systems und damit meist auch Teil des „Problems“. In Situationen, die überschaubar erscheinen, können Führungskräfte jedoch durchaus selbst mit ihren Teams an der Verbesserung der Situation arbeiten. Folgende Impulse und Ansatzpunkte sind dafür eine gute Basis:

Teamentwicklung erfordert in erster Linie Offenheit für Themen, die sich im Verlauf des Prozesses zeigen. Themen und Bedürfnisse, die im Dunkeln bleiben oder keinen Platz in der Teamentwicklung bekommen, können auch nicht bearbeitet werden. Ein wichtiger Bestandteil einer Teamentwicklung ist es, die für die Beteiligten relevanten Themen herauszuarbeiten und zu benennen. Nur dadurch besteht die Chance,unausgesprochene Haltungen, Befürchtungen, Einstellungen, Konflikte und so weiter, die bisher im „Verborgenen“ lagen, überhaupt in Bewegung zu bringen und zu verändern.

Damit die erforderliche Offenheit nicht zur Beliebigkeit in der Teamentwicklung führt, ist es in der Praxis hilfreich, sich an Leitplanken zu orientieren. Der Soziologe Niklas Luhmann (1987) bietet mit den drei Sinndimensionen sozialer Systeme solch eine Orientierung für Teamentwicklungsprozesse (Eidenschink, 2014). Entlang der Sach-, Sozial- und Zeitdimension können die für ein funktionierendes Team grundlegenden Fragen – die vielleicht bisher ungeklärt geblieben sind – gestellt und bearbeitet werden.

Sachdimension: Obwohl in den meisten Unternehmen überwiegend über Sachthemen gesprochen wird, liegt in dieser Dimension die Wurzel vieler Teamkonflikte. Unklarheiten bezüglich wichtiger Sachfragen und der Teamziele führen häufig zu Orientierungslosigkeit. Um wieder Orientierung und neuen Sinn zu finden, können gruppendynamische Prozesse wie Lagerbildung, Klagen über Kooperations- oder Führungsmangel, Überlastungsreaktionen entstehen (Schmidt, 2001). Dies wird fälschlicherweise oft als Ursache des Teamkonflikts interpretiert und auch behandelt. Jedoch sind es dabei meist die Folgen mangelnder Klarheit auf der Sachebene. Im Rahmen der Teamentwicklung muss deshalb dafür gesorgt werden, dass die Ziele als Kraft- und Organisationszentrum des Teams deutlich und möglichst von allen getragen werden. Gleiches gilt für Aufgaben, Entscheidungswege, Rollen, Verantwortlichkeiten und andere Sachfragen.

Sozialdimension: Neben den Sachthemen bietet auch die Sozialdimension Frage- und Ansatzpunkte. Beispielsweise können hier Vertrauen, Motivation und verdeckte sowie offene Bedürfnisse (z. B. nach Sicherheit) des Teams oder Einzelner thematisiert und bearbeitet werden. Aber auch die informellen Regeln im Team (z. B. wie wird bestimmt, wer Ruhm und Anerkennung bekommt oder wie gelingt es, sich aus der Verantwortung zu ziehen) können ebenso wichtig für den Teamentwicklungsprozess sein wie die Thematisierung des Umgangs von Gewinnern und Verlierern miteinander.

Zeitdimension: Im Arbeitsalltag müssen immer wieder Lösungen im Umgang mit Widersprüchen gefunden werden, die auf Teamebene zu Konflikten führen können. Man kann nicht gleichzeitig hohe Geschwindigkeit und Präzision realisieren, schnell entscheiden und viele Mitarbeiter einbeziehen, einen hohen Workload bewältigen und Teamkonflikte lösen, Kosten einsparen und in Innovationen investieren, zusätzliche Aufgaben annehmen und auf seine Gesundheit achten. Über die Thematisierung solcher Widersprüchlichkeiten können Konflikte verstanden und Lösungen erarbeitet werden.