Strukturen und Prozesse anpassen

Die Anpassung von Strukturen, Abläufen oder Arbeitsprozessen hat großen Einfluss auf die Ergebnisse. Denn hier wird festgelegt, wie Menschen zusammenarbeiten sowie ob und wie Anforderungen von außen unternehmensintern bearbeitet werden sollen. Die Möglichkeiten reichen von streng hierarchisch mit wenig Entscheidungsspielraum bis hin zu Organisationen mit flachen, flexiblen oder gar keinen Hierarchien mit maximalem Gestaltungsspielraum für einzelne Mitarbeiter. Neben den Strukturen beeinflussen auch die Arbeitsabläufe und Prozesse maßgeblich den Erfolg. Zudem können sich kleinere Änderungen, wie zum Beispiel die Anpassung der Kommunikationsund Kooperationsstrukturen, deutlich auf die Produktivität und die Qualität der Ergebnisse auswirken.

Für ein besseres Verständnis und zur Unterstützung der praktischen Gestaltung dieser Aufgabe ist der Gedanke hilfreich, dass jede Führungskraft ein eigenes (Führungs-)System leitet. Ein Führungssystem kann für einen Geschäftsführer – im weiter gefassten Sinn – das gesamte Unternehmen und – im engeren Sinne – sein Führungsteam sein. Für einen Projektleiter könnte es wiederum aus zwei Mitarbeitern bestehen und so weiter. Die Systemgrenze kann zwar frei definiert werden, praktisch lässt sie sich am besten über die geführten Mitarbeiter und die zu erzielenden Ergebnisse definieren. Die Systeme bestehen (in Anlehnung an das arbeitswissenschaftliche Arbeitssystem) aus Menschen, Arbeitsmitteln, Aufgaben und Prozessen/Abläufen, die von den verantwortlichen Führungskräften für das erforderliche Ergebnis zieldienlich koordiniert werden. Dieses Bild verdeutlicht zugleich die zentralen „Interventionsmöglichkeiten“ einer Führungskraft. Sie kann Mitarbeiter entwickeln, Aufgaben und Arbeitsmittel oder eben die Strukturen und Prozesse verändern. In Kurzform könnte man sagen, die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist die Arbeit „am System“ der Leistungserbringung.

Diese Arbeit am System ist für alle Führungskräfte relevant. Zwar können die Anpassungen durch einen Geschäftsführer oder Abteilungsleiter tendenziell auch zu größeren Restrukturierungen wie einer Dezentralisierung führen, jedoch kann auch die Führungskraft eines kleinen Teams durch gezielte Ver- änderungen Einfluss auf die Leistung nehmen. Die Anpassung der Strukturen und Prozesse ist meist keine Daueraufgabe. Sie ist jedoch immer dann eine wichtige Führungsaufgabe, wenn die vorhandenen Strukturen und Prozesse nicht mehr dazu beitragen, die erforderlichen Ergebnisse zu erbringen. Zur Veranschaulichung werden hier verschiedene Interventionsebenen beschrieben, die in der Praxis nicht isoliert voneinander gestaltet werden können:

Ebene Organisationsstruktur
Die Organisationsstruktur beschreibt die Anzahl der Hierarchieebenen, die Strukturierung der Organisationseinheiten und ihre Größe, die formellen Entscheidungswege und die dazugehörigen Stellen. Darüber wird sowohl festgelegt, wo die Macht und Entscheidungsgewalt liegt, als auch, wie eine Organisation auf ihre externen Anforderungen reagiert und diese intern verarbeiten will. Daher ist die Anpassung der Strukturen ein wirkungsvolles Instrument, um eine Organisation oder einen Bereich bestmöglich auf die Bearbeitung der geschäftlichen Herausforderungen auszurichten. Ein präzises Verständnis der jeweiligen Geschäfts- und Branchenlogik ist erforderlich, damit eine „passende“ Struktur gefunden werden kann. Im Zentrum steht die Frage nach dem zu stiftenden Kundennutzen: Geht es beispielsweise um die besondere Exzellenz in der Produktentwicklung, um ein schnelles Reaktionsvermögen und eine maßgeschneiderte Kundenlösung oder um einen günstigen Verkaufspreis? Die festgelegte Struktur gibt so auf die wichtigsten Fragen des Unternehmens „Antwort“. Beispielhaft soll dies durch typische Organisationsformen verdeutlicht werden (Nagel, 2014):

  • Ein nach Funktionen unterteiltes Unternehmen wie Einkauf, Vertrieb, Entwicklung, Marketing und so weiter kann hohe Spezialisierungsvorteile realisieren. In einem Geschäftsumfeld mittlerer Dynamik kann dies die passende Struktur sein. Jede Struktur fordert aber auch ihren Preis. Die funktionale Organisation ist relativ schwerfällig, die Kooperation zwischen den Funktionen („Silos“) wird erschwert und die Entscheidungen konzentrieren sich mit allen daraus resultierenden Vor- und Nachteilen in ihrer Spitze.
  • Eine nach Geschäftsfeldern gegliederte Organisation ist deutlich näher an ihren Kunden und durch ihre dezentralen Einheiten auch schneller in der Lage, auf veränderte Anforderungen zu reagieren. Jedoch muss hier beispielsweise darauf geachtet werden, dass die verschiedenartigen Anforderungen und Logiken der relativ autonomen Geschäftsfelder nicht zur Überforderung der Gesamtorganisation führen.
  • Eine Projektorganisation ist mit ihrer „Struktur auf Zeit“ die Antwort auf Geschäfte, die über große Projekte abgewickelt werden, wie es beispielsweise in der Bau- und IT-Branche oder im Beratungssektor der Fall ist. Eine Herausforderung für diese Organisationsform liegt darin, den „Kern“ des Unternehmens zu erhalten, um nicht zu einer bloßen Ansammlung von Projekten mit relativ lose an das Unternehmen gebundenen Mitarbeitern zu werden.
  • Als Antwort auf die steigende Komplexität stehen aktuell Organisationsmodelle im Zentrum der Aufmerksamkeit, die auf Dezentralisierung, Netzwerkstrukturen und Selbstorganisation setzen. Entscheidungen werden von den Mitarbeitern weitgehend selbstständig getroffen, da sie näher am Kunden und seinen Bedürfnissen sind. Dies kann dazu führen, dass die Summe der so optimierten Einzelentscheidungen zu Steuerungs- und Koordinationsproblemen für die Unternehmensleitung führt, weil das erforderliche Große und Ganze aus dem Blick gerät und der Abstimmungsaufwand der autonomen Mitarbeiter untereinander wächst.

Ebene Prozesse und Abläufe
Die Prozesse und Abläufe regeln die Abwicklung der Arbeitsvorgänge – sowohl innerhalb einer Organisationseinheit als auch zwischen den Organisationseinheiten. Deren effiziente Gestaltung wird besonders für Unternehmen wichtig, die sich in Märkten mit hoher Preis- und Qualitätssensibilität, hohen Anforderungen an die Bearbeitungsgeschwindigkeit und vielen Wettbewerbern bewegen, weil sie direkten Einfluss auf die Ergebnisse, die Produktivität und damit auf die Wettbewerbsposition haben. Daher sind mehr oder weniger alle Führungskräfte gefordert, ihre Prozesse und Arbeitsabläufe aktiv zu gestalten, um so für gute Ergebnisse zu sorgen.

Den Rahmen für die Anpassung der Prozesse bildet das erforderliche Ergebnis. Davon ausgehend können die Prozesse im Hinblick auf die Zielfelder des Prozessmanagements Qualität, Produktivität und Management (in Anlehnung an Stöger, 2011) beurteilt und weiterentwickelt werden:

Qualität: Über die spezifische Qualität wird Effektivität – im Sinne von „die richtigen Dinge tun“ – hergestellt. Die Prozesse richten sich dann nach den erforderlichen Qualitätsansprüchen beziehungsweise -erfordernissen der internen und der externen Kunden. Hierfür ist es hilfreich, dass die Kunden ihre Ansprüche definieren und über die Prozessgüte mitentscheiden können.

Produktivität: Hier steht die Effizienz – also „die Dinge richtig tun“ – im Vordergrund. Über die effiziente Gestaltung kann mehr Output bei gleichem Input oder der gleiche Output mit weniger Input erreicht werden. Damit kann entscheidend auf die Ergebnisse und auf die Wettbewerbsposition des gesamten Unternehmens eingewirkt werden.

Management: Die Voraussetzung dafür, dass die Prozesse zur benötigten Leistung führen und von den Mitarbeitern „gelebt“ werden, muss die Führungskraft schaffen. Dazu gehört es, Klarheit bezüglich der Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sämtlicher Prozesse und ihrer Schnittstellen zu schaffen sowie im Alltag für die erforderliche Verbindlichkeit zu sorgen.

Ebene Kommunikations- und Kooperationsstrukturen
Wer mit wem kommuniziert und zusammenarbeitet oder wo durch wen Entscheidungen getroffen werden, ist zwar bereits über die Strukturen und Prozesse (vordefiniert, jedoch reicht dies häufig für gute Leistungen nicht mehr aus. Durch die Zunahme der Komplexität bei der Leistungserbringung, sich schnell ändernde Markt- und Kundenerfordernisse und steigenden Wettbewerbsdruck verliert die Formalstruktur an Bedeutung und bestehende Prozesse können ausgehebelt werden. Dies trifft vor allem Unternehmen, deren spezifisches Geschäft einen hohen Abstimmungsaufwand zwischen den Organisationseinheiten erfordert. Die Aufgabe der Führungskräfte ist es dann, die Trennung durch Strukturen, Prozesse, Räume und Standorte über geeignete Kommunikations- und Kooperationsstrukturen aufzuheben. Dies ist vor allem dort wichtig, wo Kooperation und Austausch für die gemeinsame Leistungserstellung unumgänglich sind.

Um „Trennendes“ zu reduzieren und Kooperation zu verbessern, ist die Regelkommunikation ein wesentliches Instrument. Diese kann innerhalb eines Verantwortungsbereichs oder horizontal und vertikal mit anderen Bereichen/Personen stattfinden. Dazu gehört es, die Kollegen und Mitarbeiter mit Informationen zu versorgen und erforderliche Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse zu ermöglichen. Je nach Bedarfslage können auch einmalige „Events“ zur strukturierten Bearbeitung aktueller Geschäftsthemen organisiert werden. Aber auch die Förderung informeller Netzwerke, IT-gestützter Kommunikationsmedien oder die Schaffung neuer Rollen können helfen, die Barrieren zu überwinden. Ziel aller Aktivitäten ist es, die vorhandenen Silos oder Barrieren, die eine erforderliche Zusammenarbeit erschweren, miteinander zu verbinden.