Bessere Reaktionsfähigkeit, erhöhte Mitarbeiter-, Kunden- und Lieferantenbindung, verbesserte Innovationskraft, gute Stimmung im Team – und das bei zugleich mehr Wertschöpfung. All dies ist auf Basis von NewWork-Strategien möglich und klingt wie eine Werbebroschüre für den karibischen Urlaub.
Werden nicht eben diese Ziele seit vielen Jahren mit großem Aufwand vorangetrieben? So scheint es fast wie Hohn, dass aktuell viele Berater, Workshops und Konferenzen genau diese Erfolge (endlich) in Aussicht stellen: New Work, Digitalisierung, Industrie 4.0 und agile Methoden sind die neuen Heilsbringer der Beraterbranche.
Man könnte sich ja zurücklehnen und auf die nächste Welle von Beraterstrategien warten, würde sich nicht die Lage an den Märkten, zusätzlich zu vielen anderen Einflüssen, spürbar und nachhaltig verändern. Der Fachkräftemangel, die unbestreitbare Kommunikationsrevolution in Verbund
mit veränderten Konsumstrategien, weltweit kostengünstige Logistiklösungen und neue digitale Geschäftsmodelle lassen wenig Raum für Pausen.
Es gilt, schneller und flexibler zu werden, kundennäher, innovativer. Etablierte Geschäftsmodelle wollen überdacht, verändert, neu ausprobiert werden. Abwarten und auf bessere Zeiten hoffen – mehr denn je ist das keine Option mehr.
The good old way
Seit über 120 Jahren gelten die Regeln des Taylorisimus. Als F.W. Taylor die Trennung von „Denken und Ausführen“ für die sich industrialisierenden Märkte erdachte und damit das Management erfand, war diese Strategie ideal: die Welt war offen und wartete auf Eroberung. Das Management konzentrierte sich auf die Optimierung von Prozessen, ausführende Mitarbeiter wiederholten stets kontrolliert vorgedachte Handgriffe.
In den 1980er Jahren setzte die Globalisierung ein, in den späten 90er Jahren trat die weltweite Vernetzung ihren Siegeszug an. Lieferanten aus der ganzen Welt traten in die Märkte ein, die Kommunikationsrevolution seit den 2000er Jahren veränderte das Käuferverhalten. Die Lage wird zunehmend komplexer - und Komplexität bedeutet immer Überraschungen.
Neue Führungsaufgaben für komplexe Märkte
Der Versuch, dieser Veränderung mit etablierten Strategien Herr zu werden, kann als gescheitert angesehen werden. Langsame Entscheidungswege, zentralisierte, kontrolllastige Strukturen – alle Aufgaben, die bei genauer Betrachtung lediglich interne Kontrollimpulse befriedigen und nicht zur Wertschöpfung beitragen, stehen den heute benötigten Fähigkeiten im Wege. Solche internen Referenzen bauen sich über die Jahre auf. Sie entstammen dem Wunsch nach Kontrollier- und Steuerbarkeit – und sind Illusionen, die an der Komplexität der Märkte zunehmend scheitern.
NewWork-Strategien lenken den Blick auf etablierte Strukturen und öffnen den Weg zu radikalem Umdenken. Dafür ist das tayloristische Weltbild zu hinterfragen – kein einfacher Weg. Führung darf sich nicht mehr auf Steuerungs- und Kontrollaufgaben ausruhen, sondern muss sich ebenso anpassen, wie es von Mitarbeitern erwartet wird. Sie wird zur Entwicklungsaufgabe für flexible und mit Informationen versorgte Teams. Entscheidungen werden dann durch jene getroffen, welche die Situation am besten beurteilen können: den Könnern vor Ort.
Vertrauen ist die neue Macht
Dass dies ein Umdenken erfordert, ist offensichtlich, der Gewinn auf der Reise aber immens – das wurde schon vielfach bewiesen. Komplexität bewältigen heißt Kreativität, Anpassungsfähigkeit und Flexibilität zulassen. Diese Eigenschaften lassen sich nicht mit Regeln und Prozessen „aktivieren“. Es bedarf der Menschen, die sich einlassen, verbinden, die Raum haben für Experimente und Scheitern, die gemeinsam den Unternehmenserfolg tragen.
Der tayloristisch fundierte Kontrollgedanke hat Mitarbeiter zunehmend entmündigt. Dies hat zu innerem Opportunismus geführt – Menschen misstrauen dem Unternehmen ebenso, wie jenes ihnen. Kreativität, Innovationskraft und Mitwirkungswille jedoch sind aber intrinsische Motivatoren. Um zu wirken, benötigen sie Freiräume und Vertrauen. Gelingt es diese Räume zu schaffen, verbinden sich die Mitarbeiter mit den unternehmerischen Zielen und sind Stolz auf gemeinsam Erreichtes. Eine Fehlerkultur, sehr hohe Transparenz und kollegiale Entscheidungsstrategien ermöglichen es Unternehmen, Komplexität zu erwidern.
Dafür stehen NewWork-Strategien.
Wenn die Komplexität der Märkte zunimmt, ist ein Mehr an Regeln und Kontrolle gefährlich - Komplexität lässt sich nur mit höherer Komplexität bewältigen. Das geht nur mit einem neuen Führungsstil.
Der Autor:
Dirk Aßmann-Staudt beschäftigt sich intensiv mit alternativen Unternehmensstrukturen, um Wertschöpfung zu erhöhen und zugleich das Unternehmen attraktiver für Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter sowie potentielle Bewerber zu gestalteten. Er setzt dabei auf New Work-Strategien, die sich schon vielfach bewährt haben. Im Netz finden Sie ihn unter www.wandelwerk.org.
Diesen und weitere Artikel zum Thema finden Sie in unserer Publikation "Chefsachen" (Ausgabe 2/2019).
Sie möchten jede neue Ausgabe der „Chefsachen“ zukünftig ganz bequem direkt ins Postfach erhalten? Dann schreiben Sie uns einfach eine kurze Nachricht an chefsachen(at)rkw.de.
Bildnachweise: Hier klicken, um zur Übersicht zu gelangen