Vorbild Biologie

Schauen wir zunächst einmal auf den zweiten Teil des Begriffes, das „Ökosystem“. Sollten Sie in der Schule ein Fan von Biologie gewesen sein, haben Sie davon bestimmt eine Vorstellung. Doch wie war das genau? Das Ökosystem (griech. von oikos = Haus und systema = verbunden) umfasst einen Lebensraum und die darin lebenden Organismen. Beides gehört zusammen, Organismen sind nie ohne Lebensraum und umgekehrt.

Ökosysteme sind offen, dynamisch und komplex. Das bedeutet zum Beispiel, sie gehen nahtlos ineinander über und beeinflussen sich gegenseitig. Die Lebewesen sind nicht an ein Ökosystem gebunden, sie können Ausflüge unternehmen oder auch umziehen. Alle Elemente des Ökosystems stehen in permanenter Wechselwirkung zueinander. Es gibt zum Beispiel einen Stoffkreislauf aus Produzenten, Konsumenten und Destruenten (die grob vereinfacht den Abfall verwerten). Innere und äußere Einflüsse können ein Ökosystem verändern.[1]

Ökosysteme in der Geschäftswelt

Übertragen Sie nun dieses Modell auf das geschäftliche Umfeld Ihres Unternehmens. Sind Sie mit Ihrem Unternehmen nicht auch ein „Lebewesen in einem Lebensraum“, ein „Haus“ in einem offenen, dynamischen und komplexen System? Und vielleicht haben auch Sie besonders in den letzten Monaten die Erfahrung gemacht, dass Ihr „Lebensraum“ sich mit zunehmender Geschwindigkeit verändert? Dann sind gute Ideen gefragt, um schnell aber auch nachhaltig auf Veränderungen zu reagieren.

Im Projekt „Krisen als Innovations- und Digitalisierungstreiber nutzen“ [2] hat das RKW Kompetenzzentrum versucht, hierfür ein Werkzeug zu entwickeln. Mit dem Business- Ökosystem-Tool können Sie Ihr geschäftliches Umfeld auf neue Art visualisieren. Die Assoziation mit natürlichen Ökosystemen hilft dabei, komplexe Wechselwirkungen leichter zu begreifen und Lösungsideen zu erkennen. Sie hilft auch bei der Suche nach neuen Ressourcen und Partnern, nach neuen Rollen oder nach Nischen im angestammten oder auch einem anderen Ökosystem, wo die „Lebensbedingungen“ besser zum eigenen Unternehmen passen.

Der assoziative Blick auf das geschäftliche Umfeld regt vielleicht auch dazu an, nach Ideen zu suchen, die stärker auf Netzwerke, Kooperationen sowie auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft setzen. Aus solchen Geschäftsideen können „echte“ Business-Ökosysteme entstehen. Das sind Verbünde mehrerer Unternehmen, die das Ziel haben, ihren Kunden ein Wertangebot zu unterbreiten, das die Unternehmen allein nicht erzeugen könnten. Doch „viele Köche verderben den Brei“ und deshalb stellt sich schnell die Frage nach der Koordination.

Digitalisierung als Treiber  

Daher organisieren sich die meisten Business-Ökosysteme um eine gemeinsame digitale Plattform herum, die in der Regel von einem der beteiligten Akteure (Plattform-Orchestrator) bereitgestellt, betrieben und weiterentwickelt wird. Auf deren Basis können von den Beteiligten digitale Services (bspw. eine App zur effizienteren Nutzung einer Maschine) zur Verfügung gestellt und entsprechende Transaktionen getätigt werden.

Gerade im Maschinenbau sind in den vergangenen Jahren zahlreiche solcher plattformbasierter Ökosysteme entstanden, insbesondere rund um die großen Industrial-Internet-of-Things-Plattformen wie beispielsweise Siemens Mindsphere oder ADAMOS herum. Als Nutzer eines solchen Ökosystems haben Sie zahlreiche Vorteile: Sie können ihre Maschinen weltweit vernetzen sowie deren Nutzungs- und Betriebsdaten zentral auswerten und überall verfügbar machen, um beispielsweise deren Betrieb effizienter zu gestalten. Dabei können Sie auf die aufeinander abgestimmten digitalen Services und Produkte unterschiedlichster komplementärer Partner des Ökosystems zurückgreifen – ein erheblicher Mehrwert.

Die Rolle von KMU

Als KMU sind Sie nur selten in der Rolle des Plattform-Orchestrators, denn der Aufbau und Betrieb einer zentralen digitalen Plattform ist teuer. Schließlich sind die technischen Anforderungen hoch und die Schaffung eines attraktiven Partnernetzwerks dauert lange. KMU nehmen daher typischerweise eine von zwei Rollen in einem digitalen Ökosystem ein:

  • die eines Service-Anbieters, der auf Basis der Plattform Softwareanwendungen oder klassische Dienstleistungen wie bspw. Wartungsservices für die Kunden des Ökosystems erbringt,
  • die eines Geräte-Herstellers, der auf das digitale Ökosystem technisch abgestimmte Hardware (beispielsweise Maschinen, Komponenten, Gateways etc.) anbietet.

In einer Welt, in der sich die Wertschöpfung immer stärker in digitalen Ökosystemen organisiert, sollten Sie sich als KMU daher die Frage stellen: Welche digitalen Ökosysteme sind für mein Unternehmen relevant – und wo kann ich dort jeweils einen Mehrwert liefern?

Lektüretipp

Natürlich sind digitale Ökosysteme kein Selbstläufer. Ihre Etablierung ist ein Kraftakt und ihr langfristiger Erfolg hängt von der Balance zahlreicher technischer, wirtschaftlicher, organisatorischer und auch rechtlicher Aspekte ab. Insbesondere Fragen nach der Sicherheit und Nutzung der im Ökosystem durch die Partner generierten Daten sind erfahrungsgemäß herausfordernd.

Wenn Sie mehr über digitale Ökosysteme erfahren möchten, empfiehlt sich ein Blick in die aktuelle Veröffentlichung „Digitale Ökosysteme in der Industrie – Typologie, Beispiele und zukünftige Entwicklung“ der Plattform Industrie 4.0 des BMWi[3]. Darin lernen Sie mehr über die Arten digitaler Ökosysteme, ihre Erfolgsfaktoren und zahlreiche Praxisbeispiele – damit auch Ihr Unternehmen von den zahlreichen Chancen der Plattformökonomie profitieren kann.

Die Autoren:

Ute Juschkus ist Referentin im Fachbereich Digitalisierung und Innovation im RKW Kompetenzzentrum

Jan Rodig verantwortet als Partner der Unternehmensberatung Struktur Management Partner das Kompetenzfeld Digital Performance & Analytics,  Kontakt: j.rodig(at)struktur-management-partner.com

 

[1] Vgl. u. a. http://www.biologie-schule.de/oekosystem.php

[2] Vgl. www.rkw.link/disrupt

[3] Kostenfreier Download unter https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Industrie/digitale-oekosysteme-in-der-industrie-40.html

Wir begleiten Sie gerne auf Ihrem Weg. Rufen Sie uns an!

Ute Juschkus Digitalisierung & Innovation / Programmbereichsleiterin

06196 495-3505
Ute Juschkus

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