German Accelerator Southeast Asia:

German Accelerator Southeast Asia:
Interview mit Claus Karthe, CEO beim German Accelerator Southeast Asia

Was macht Südostasien so interessant für Start-ups aus Deutschland?
Da gibt es mehrere Aspekte: Zunächst einmal ist Südostasien eine sehr wachstumsstarke Region. Es gibt eine relativ junge Bevölkerung, es gibt sehr viele Start-ups, die hier aktiv sind. Hinzu kommt, dass die Nutzung digitaler Medien sehr weit verbreitet ist und es ein enormes Interesse gibt, neue Dinge auszuprobieren. Vor allem Singapur bietet da ein tolles Umfeld, insbesondere weil sich Unternehmen hier in einem absolut rechtssicheren Raum bewegen können und es sehr einfach und kostengünstig ist, sich niederzulassen. Das hat letztlich auch dazu geführt, dass das BMWi den Standort Singapur ausgewählt hat und wir hier den German Accelerator Southeast Asia aufgebaut haben.

Wie reagiert man in Singapur auf deutsche Start-ups?
Ungeheuer gut. Deutsch zu sein, ist hier ein echter Bonus. Man besitzt automatisch einen Vertrauensvorschuss. Man merkt das in Meetings, wenn man jemanden treffen oder mit einem Unternehmen zusammenkommen möchte. Ich denke, die Leute hier sehen in Deutschland Innovation, die sehen Zuverlässigkeit und Präzision. Dazu gehört auch, klar zu sagen, was geht oder was nicht geht. Dieser Respekt gilt übrigens gleichermaßen gegenüber Gründern als auch gegenüber Gründerinnen aus Deutschland. Nur: Die Deutschen sind zwar in der Regel stark im Produkt, können sich aber – anders als die Amerikaner – leider nicht ganz so gut verkaufen. Deshalb besteht eine unserer Hauptaufgaben darin, den deutschen Start-ups zu zeigen, wie sie ihre Value Proposition besser präsentieren können.

Das heißt, es kommt aufs persönliche Auftreten an?
Es gibt eine Grunderwartung, die für alle Länder Südostasiens gilt. Die lautet: Unternehmerinnen und Unternehmer müssen die Umgangsformen, die in der asiatischen Kultur oder Businesskultur üblich sind, beherrschen und respektieren. In den USA stellt man in einem Business-Meeting in drei Minuten fest, ob man etwas gemeinsam hat oder nicht. Und dann ist das Meeting entweder zu Ende oder es geht weiter. Dieses Verhalten wäre in Asien total kontraproduktiv. Hier muss ich erst einmal sehr viel Zeit investieren, um überhaupt eine Vertrauensbasis zu schaffen. In Asien verkauft man einfach selten über das Produkt, sondern eigentlich immer über die Beziehung.

Wie man diese Beziehungen aufbaut, lernen die Teilnehmer zum Beispiel bei Ihnen. Wie sieht insgesamt die Unterstützung durch den German Accelerator Southeast Asia aus?
Unsere Mission ist es, den Start-ups bei der Go-to-Market-Strategie und beim Product-Market-Fit zu helfen. Wir haben in der Regel vier bis sechs Teilnehmer in einer Runde. Die werden von verschiedenen Mentoren betreut, wobei ein Senior-Executive den Lead übernimmt. In der Regel handelt es sich dabei um einen Vertreter aus der Industrie. Damit stehen den Start-ups Coaches und Sparring Partner zur Verfügung, die die jeweilige Branche und den entsprechenden Markt kennen und natürlich über jede Menge Kontakte verfügen. Bei spezifischen Problemen, sei es rechtlicher oder technischer Art, ziehen wir außerdem bei Bedarf Fachleute hinzu. Außerdem arbeiten wir sehr gut mit den verschiedenen Digital-Ministerien der ASEAN Länder wie Enterprise Singapore oder MDEC in Malaysia sowie den Außenhandelskammern zusammen und werden von diesen Institutionen tatkräftig unterstützt.

Darüber hinaus arbeiten Sie mit sogenannten Connector-Mentors zusammen.
Ja, die sind vor Ort in Thailand, Indonesien, Malaysia und den anderen Ländern und öffnen praktisch die Tür zu den asiatischen Konglomeraten. In Asien ist es ja so, dass ganze Industriebereiche in der Hand von Familienunternehmen sind. Die haben eine Bank, ein Telekommunikationsunternehmen, eine Supermarktkette und was sonst noch alles. Das bedeutet, wir müssen unseren Start-ups Zugang zu diesen Unternehmen verschaffen, um ihnen den Zugang zum Markt zu ermöglichen. Und genau darum kümmern sich unsere Connector-Mentors.

Die zentrale Anlaufstelle des GASEA hat ihren Sitz in Singapur, bei Ihnen und Ihren drei Kollegen. Was sind Ihre Aufgaben?
Bei uns laufen alle Fäden zusammen. Wir stellen den Kontakt für die Start-ups zu den Mentoren, den Investoren und weiteren Ansprechpartnern her. Dank unserer langjährigen unternehmerischen und landesspezifischen Erfahrungen können wir den Teilnehmern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Wir bieten Pitch-, Media- oder auch interkulturelle Trainings an und zeigen den Teilnehmern, wie man Strategieprozesse entwickelt. In unserem Büro in Singapur stellen wir den Start-ups Büroflächen zur Verfügung und kümmern uns um Unterstützungsangebote vor Ort in den verschiedenen Ländern. Zu dem Zweck haben wir zum Beispiel mit allen Regierungsorganisationen in Vietnam, Thailand, Malaysia, Indonesien und Singapur Verträge abgeschlossen.

Wie sieht die Unterstützung durch die Länder aus?
Unsere Teilnehmer können sich zum Beispiel kostenfrei auf Messen präsentieren, um mit inländischen Unternehmern in Kontakt zu kommen. In Thailand sind gerade die großen Unternehmen sehr an deutscher Technologie interessiert, so dass uns die thailändische Regierung vor Ort unterstützt und zum Beispiel kostenfreie Büroflächen zur Verfügung stellt. Auch Länder wie Indonesien, Vietnam oder Malaysia sind sehr kooperativ und hilfsbereit.

Sie haben auch Kontakt zu Investoren aus Asien?
Als Accelerator haben wir mit asiatischen und deutschen Investoren Verträge. Der Vorteil ist, dass wir auf diese Weise einerseits von interessanten Start-ups in Deutschland erfahren, die ein Produkt haben, das vielleicht auch für Asien interessant ist. Andererseits haben wir Start-ups im Programm, die eventuell für unsere Investoren interessant sind. Dabei gibt es keine Unterschiede zwischen asiatischen und deutschen Kapitalgebern, was die Kriterien für ein finanzielles Engagement betrifft. Investoren in Asien erwarten allerdings, dass das Start-up eine Dependance, zumindest aber einen Ansprechpartner hier permanent vor Ort hat. In dem Zusammenhang würde ich gerne dafür plädieren, dass sich mehr deutsche Gründerinnen und Gründer mit dem Gedanken anfreunden, einen asiatischen Teampartner mit an Bord zu nehmen. Da gibt es leider, trotz der vielen Vorteile, immer noch Vorbehalte. Die Variante, dass ein Start-up in Deutschland ansässig ist und vielleicht einmal im Monat nach Asien fliegt, um hier Geschäfte zu machen, wird jedenfalls weder von den Kunden noch von den Risikokapitalgebern unterstützt.

Quelle und Langfassung: www.exist.de