Das mittelständische Familienunternehmen Fapack mit Sitz in Berlin-Neukölln fing einst 1869 als Buchbinderei und Hutschachtelmanufaktur an und ist heute Verpackungsspezialist. Wie andere Unternehmen in der Umgebung auch ist der Betrieb der Familie Behrens Mitglied im Netzwerk Großbeerenstraße. Genau genommen ist Marcia Behrens, Prokuristin von Fapack, eines der Gründungsmitglieder und auch aktiv im Vorstand des Netzwerks. Wir sprachen mit ihr und mit einem der beteiligten Lehrer – Peter Thoß – über die Ausbildungssituation, über die Bedeutung guter Praktika und die Rolle, die Ausbilder und Lehrer erfüllen müssen. Hier können beide Interviewten reichhaltige Erfahrungen aus ihrem Arbeitsalltag und aus dem Projekt „RingPraktikum“ einbringen.

Frau Behrens, welche Rolle können Lehrer bei der Wahl des Ausbildungsberufs wie des ausbildenden Unternehmens für die Jugendlichen einnehmen?

Ich erachte die Beziehung zwischen Lehrern, Schülern und Unternehmen als sehr wichtig. Denn durch den häufig schlechteren familiären Background gewinnt das Verhältnis Lehrer – Schüler zunehmend an Bedeutung. Lehrer können und müssen vermehrt Einfluss nehmen auf die Jugendlichen, wenn es um deren berufliche Orientierung geht.

Warum lohnt es sich für Unternehmen, mit Lehrern und Schulen zusammenzuarbeiten?

Ich denke, nur wenn man mit Lehrern und Schulen zusammenarbeitet, wird man es hinbekommen, dass die Auszubildenden am richtigen Platz landen und die Ausbildung durchziehen. Es ist noch immer das größte Problem, dass Azubis die Ausbildung abbrechen. Und als Unternehmen muss man alles Mögliche dafür tun, dies zu verhindern. Eine enge Zusammenarbeit mit den Lehrern ist dabei nötig und hilfreich.

Wie können Lehrer Unternehmen noch besser dabei unterstützen, Praktikanten und Auszubildende zu finden?

Ein möglichst früher Kontakt von Unternehmen zu Lehrern wäre gut. Allein schon aus dem Grund, weil dergestalt Betriebe stärker Einfluss darauf nehmen können, was wirklich zur beruflichen Orientierung, aber auch im Allgemeinen in den Unterricht miteinfließt. Wir sehen beispielsweise immer wieder, dass dreidimensionales Denken ganz schwierig bei Schülern ist und wir es ihnen beibringen müssen. Würde so etwas bereits in der Schule passieren, wäre es ungemein hilfreich.

Wie sieht denn ein guter Kontakt zwischen Betrieb und Lehrer aus?

Ein guter Kontakt zwischen Lehrern und Unternehmen wäre auf jeden Fall, dass man sehr konkret miteinander reden kann. Es sollte nicht zu theoretisch sein und man sollte schnell gemeinsam auf den Punkt kommen. Ich glaube, was wir heute alle nicht haben, ist Zeit. Deswegen muss rasch eine gute Kommunikation gegeben sein, so dass beide Seiten wissen, wovon sie reden und was sie voneinander erwarten.

Herr Thoß, jetzt kommen Sie stellvertretend für die Lehrer zu Wort. Wie viele Unternehmen haben Sie durch Praktika Ihrer Schüler kennengelernt?

In den vergangenen eineinhalb Jahren sind es gut 70 Unternehmen, die ich durch unsere Schülerpraktika kennengelernt habe.

Welche Rolle spielen Lehrer bei der Berufsorientierung ihrer Schüler?

Ich sehe es ähnlich wie Frau Behrens. Lehrer nehmen eine wichtige Rolle dabei ein. Berufsorientierung findet nicht mehr sonderlich durch Familie und Freunde statt. Schüler mit 16 oder 17 Jahren wissen daher oftmals nicht, wo beruflich gesprochen ihre Reise mal hingehen kann.

Wie sähe für Sie ein guter Kontakt zu Unternehmen aus, wenn es um Praktika und das Thema Ausbildung geht?

Ein guter Kontakt für mich als Lehrer wäre ein enger Kontakt zu den Ausbildern eines Betriebs. Wenn wir als Lehrer wissen, was die Firmen eigentlich wollen und benötigen, können wir gezielt daran arbeiten. Nur zu hören: „Wir brauchen einen Azubi“, ist für uns keine Information.

Welche Wege gibt es für Lehrer, mehr über Unternehmen und auch Ausbildungsberufe zu erfahren?

Ich fände es gut, wenn alle Lehrer, die mit der Berufsorientierung von Jugendlichen zu tun haben, selbst mal ein Praktikum in einem Unternehmen machen müssten. Wir sehen das auch bei unseren Kollegen. Ich komme aus der Praxis und habe eine Vorstellung davon, wie es in einem Unternehmen zugeht und wie eine Ausbildung abläuft. Das ist dann nicht vergleichbar mit der Studienzeit, während der ich vielleicht irgendwann an der Uni aufschlage, nachdem ich meinen morgendlichen Kaffee getrunken habe. Hier fängt man früh an, muss pünktlich sein, hat Aufgaben zu erfüllen, lernt – und irgendwann ist Feierabend. Erst dann kann ich machen, was ich will. Viele Lehrer wissen – oder vielmehr kennen – dies nicht. Verpflichtende Praktika wären für Lehrer da eine gute Sache.