Produktivität – die Teilhaber

Produktivität – die Teilhaber

Produktivität betrifft eine Reihe von Teilhabern in der Gesellschaft. Abgesehen von den Anteilseignern, deren finanzielle Investition höhere Renditen erbringt, sowie von Managern und Beschäftigten, die ihre Arbeitsplätze und ihr Einkommen durch höhere Produktivität sichern, sind die anderen Teilhaber:

  • die Konsumenten: Verbesserte Produktivität kann niedrigere Preise für die effizienter hergestellten Produkte oder Dienstleistungen mit sich bringen.
  • Zulieferer: Sie profitieren von Produktivitätssteigerungen in den Unternehmen, die sie mit Produkten oder Dienstleistungen beliefern, wenn diese ihre Verkaufszahlen erhöhen und dadurch wiederum mehr Zulieferungen benötigen.
  • Gewerkschaften und Arbeitnehmerorganisationen: Auf nationaler Ebene verbessert Produktivitätswachstum die Leistung der Volkswirtschaft und kann sowohl neue Arbeitsplätze schaffen als auch den Spielraum für höhere Löhne vergrößern. Auf der anderen Seite können technologische Innovation oder die Senkung von Arbeits- und Kapitalkosten zu ungewollter Arbeitslosigkeit bei bestimmten Gruppen oder Personen führen. Auf jeden Fall müssen die Gewerkschaften die Interessen dieser speziellen Gruppen und Personen schützen, indem sie sie dabei unterstützen, in einem anderen Wirtschaftszweig oder in einem anderen Unternehmen beschäftigungsfähig zu werden. Gewerkschaften sollten auf Standards zur Erhöhung des Qualifikations- und Kompetenzniveaus der Beschäftigten bestehen. Eine weitere Aufgabe ist der Gesundheitsschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Insbesondere bei einem Arbeitskräfteüberhang stehen Arbeitgeber in Versuchung, einen kurzfristigen Vorteil durch höheres Arbeitstempo und längere Arbeitszeiten zu erzielen – auch wenn dies auf Kosten der Gesundheit geht –, weil der einzelne Arbeitnehmer sich leicht durch einen anderen ersetzen lässt. Schlecht beratene oder kurzsichtig operierende Arbeitgeber können sogar ihren eigenen Gewinn durch Überlastung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährden. In solchen Fällen können die Gewerkschaften Gesundheit und Wohlergehen ihrer Mitglieder durch die Forderung nach vernünftigen Arbeitsstandards erhöhen. Produktivität ist jedoch an sich kein negatives Konzept. Gewerkschaften sollten auch die positiven Langfrist-Effekte von Produktivitätssteigerungen für andere als nur die negativ betroffenen Gruppen berücksichtigen, wie die "Geschichte von Siegfried Schmidt" beispielhaft gezeigt hat.
  • Arbeitgeberorganisationen: Aus Sicht der Arbeitgeberverbände sind Produktivitätssteigerungen per definitionem zu begrüßen. Höhere Produktivität bedeutet, dass mit geringerem Arbeits- und Kapitaleinsatz der gleiche Output oder mit dem gleichen Input ein höherer Output erzielt wird. Unter sonst gleichen Bedingungen bemühen sich Unternehmer beständig um mehr Produktivität in der Absicht, höhere Erlöse und/oder Gewinne zu erzielen. Arbeitgeberorganisationen sollten die Unternehmer bei Innovationen in Technologie, Organisation und Humankapitel unterstützen, um kontinuierliches Produktivitätswachstum zu ermöglichen.
  • Politische Entscheider: Wie bereits beschrieben, führt Produktivitätswachstum – unter ansonsten gleichbleibenden Bedingungen – zu Wirtschaftswachstum und ist insofern positiv zu betrachten. Kurzfristig können jedoch bestimmte Gruppen durch höhere Produktivität negativ betroffen sein. Um die negativen Konsequenzen abzumildern, sollten die politischen Entscheider Maßnahmen entwickeln, die die Abhängigkeit der einzelnen Beschäftigten von einem bestimmten Arbeitsplatz oder einer bestimmten Branche reduzieren. Das kann durch Ausbildung und Erziehung erfolgen, die die Beschäftigungsfähigkeit und Einsatzflexibilität der Arbeitskräfte verbessern. Darüber hinaus sollten Politiker die Möglichkeiten von (nationalen) Förderprogrammen zur Produktivitätssteigerung und Organisationsentwicklung erkennen und nutzen, die in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten aufgelegt werden.
  • Auch KMU (kleine und mittlere Unternehmen) profitieren von steigender Produktivität. Unternehmer, denen es nicht gelingt, ihre Managementkapazitäten ständig zu verbessern, können die Existenz des Unternehmens gefährden. Für KMU ist es deshalb von überlebenswichtiger Bedeutung, kontinuierlich ihre Produktionssysteme zu optimieren, das Humankapitel zu entwickeln, die Betriebsmittel (Maschinen und Anlagen) zu verbessern und neue Technologien zu nutzen, um mit dem Tempo der Wettbewerber mithalten zu können.

Öffentliche Dienstleistungen / Demografische Probleme

Schließlich gewinnt die Forderung nach effizienteren und effektiveren öffentlichen Dienstleistungen in den "alten" EU-Mitgliedsstaaten zunehmend an Bedeutung. Der Bedarf an mehr und besseren öffentlichen Dienstleistungen ist offensichtlich, vor allem in den Bereichen Bildung und Gesundheit. Solange diese Sektoren sich in der Zuständigkeit nationaler Regierungen oder regionaler/lokaler Verwaltungseinheiten befinden, sollten diese öffentlichen Einrichtungen hochwertige Dienstleistungen als Gegenleistung für die von den Bürgerinnen und Bürgern aufgebrachten Steuern anbieten. Hinzu kommt, dass sich die demografische Situation in vielen EU-Ländern ungünstig entwickelt und einen potenziellen Arbeitskräftemangel bei gleichzeitiger Zunahme des Anteils älterer Menschen erwarten lässt. Diese Gleichung ist kaum lösbar, wenn der Produktivität und der Qualität der öffentlichen Dienstleistungen nicht die notwendige Bedeutung zuerkannt wird. Es geht nicht darum, älteren Menschen weniger Aufmerksamkeit und Pflege zukommen zu lassen, sondern um die Organisation und das Management effizienter Dienstleistungen für diese Zielgruppe. In dieser Hinsicht können Anbieter öffentlicher Dienstleistungen von privatwirtschaftlichen Unternehmen lernen, sofern diese die Besonderheiten des öffentlichen Sektors im Auge behalten. Obwohl Produktivität im Dienstleistungssektor und besonders im öffentlichen Dienst oft schwieriger zu messen ist, sollte das die Politik nicht davon abhalten, ein produktivitätsorientiertes Denken in diesen Bereichen einzuführen und weiter zu entwickeln. Darüber hinaus ist die kontinuierliche Produktivitätsentwicklung in Industrieund Dienstleistungsunternehmen ein wirksames Mittel, um das Niveau des gesellschaftlichen Wohlstands auch unter den Bedingungen einer älter werdenden und schrumpfenden Bevölkerung aufrechtzuerhalten und nach Möglichkeit zu steigern.