Hierarchie und Titel

Die Gestaltung der Expertenhierarchie mit zugehörigen Titeln je Hierarchiestufe ist deshalb so wichtig, da Titel nach außen sichtbare und objektive Marker einer Karriere sind (siehe 3.3 Wahrnehmung der Karriere). Einerseits zeigen diese dem Mitarbeiter selbst an, dass ein Karriereziel erreicht wurde. Andererseits ermöglichen Titel einen direkten Vergleich zwischen Mitarbeitern, der motivierend wirken kann, wenn anhand des Vergleichs ein Gefühl von Gerechtigkeit entsteht.

Karriereorientierte Mitarbeiter sind bestrebt, hohe Positionen in der Unternehmenshierarchie zu erreichen (Abele, 1994; London, 1983, 1990). Ihnen wird durch das Vorhandensein einer Hierarchie mit zugehörigen Titeln je Hierarchiestufe ermöglicht, Karriereziele im Sinne der Zielsetzungstheorie zu spezifizieren, da das Erreichen einer bestimmten Hierarchiestufe das Erreichen eines Karriereziels messbar macht. Dies ist unter motivationalen Gesichtspunkten empfehlenswert. Wird einem Mitarbeiter zugetraut, eine hierarchisch höhere Position einzunehmen, wird ihm Vertrauen entgegengebracht, was eine Form der Anerkennung darstellt (siehe 5.6 Entwicklungswege & Beförderungen). Anhand eines Titels, der mit der neuen Position verbunden ist, kann der Mitarbeiter seinen beruflichen Fortschritt nach außen kommunizieren (Nußbaum, 2011). Das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung ist bei Personen, die hohe Positionen in Unternehmen einnehmen, am stärksten ausgeprägt (von Rosenstiel, 2010), was impliziert, dass das Erklimmen der Hierarchieleiter eine Form der Selbstverwirklichung ist.

Um die Parallelität und Gleichwertigkeit bezüglich der Hierarchie zwischen der Führungs und Expertenlaufbahn herzustellen, ist bei der Festlegung der Expertenhierarchie eine starke Orientierung an der Führungslaufbahn empfehlenswert. Dies führt zur Stärkung des Gerechtigkeitsempfindens, da es die Gleichberechtigung beider Laufbahnen unterstreicht. Es kommt auf die adäquate Einstufung von Expertenpositionen im Verhältnis zu Führungspositionen an, um die Bedeutung von Experten für das Unternehmen zu verdeutlichen. Es stellt sich die Frage, ob die Expertenhierarchie in so hohe Ebenen hinaufreichen sollte wie die Leitungshierarchie. Friedli (2002) und Heimerl-Wagner (1994) merken hierzu an, dass die Expertenlaufbahn in der Regel nicht bis auf die Stufen des oberen Managements reicht und die Besetzung von Expertenpositionen, die äquivalent zu den höchsten Managementstufen sind, nur in seltenen Fällen in sehr wissensträchtigen Branchen vorgenommen wird. Ebenso ist zu überlegen, auf welcher Ebene der Einstieg in die Expertenlaufbahn erfolgt. Um die Expertenhierarchie festzulegen, müssen klar abgrenzbare Kriterien je Stufe definiert werden, die eine trennscharfe Zuordnung ermöglichen (Francke & Chmielarski, 2010). Hierzu werden Anforderungen je Stufe definiert und transparent gemacht (siehe 3.4 Anforderungen).

Es besteht die Möglichkeit, Expertenlaufbahnen als absolute und relative Alternative zur Führungslaufbahn einzurichten (Tabelle 2). Während bei einer absoluten Variante je Managementebene eine Hierarchiestufe in der Expertenlaufbahn etabliert wird, entspricht bei der relativen Form der Expertenlaufbahn eine Stufe der Expertenhierarchie mehreren Stufen der Führungshierarchie (Domsch & Ladwig, 2011; Friedli, 2008; Friedli, 2002; Specht et al., 2002).

Zur Abgrenzung der einzelnen Hierarchiestufen der Expertenlaufbahn werden das Verantwortungsausmaß (Francke & Chmielarski, 2010), der Wertschöpfungsbeitrag, die strategische Relevanz der Position (Lang, 2009), der Einfluss auf das Unternehmensergebnis, der Schwierigkeitsgrad der Aufgabe oder die Budgetverantwortung der Position vorgeschlagen (Sieber Bethke, 2007; Weidemann & Paschen, 2001).

28 der im Praxisvergleich betrachteten Unternehmen machen Aussagen zu der Expertenhierarchie, wobei sich zeigt, dass es Expertenlaufbahnmodelle mit zwei bis acht Hierarchiestufen gibt (am häufigsten treten Expertenlaufbahnmodelle mit drei oder vier Stufen auf), die zumeist als absolute Laufbahnen eingerichtet werden. Ebenfalls lässt sich schlussfolgern, dass Experten- und Führungslaufbahnen mehrheitlich auf derselben Ebene beginnen und die Expertenlaufbahnen nicht bis in die Geschäftsleitungsebene hinaufreichen.

Während gängige Titelbezeichnungen der Führungslaufbahn auf allgemeines Verständnis stoßen, sind Titelbezeichnungen von Fachpositionen eher unbekannt und spiegeln nicht das gesellschaftliche Verständnis von Karriere wider (Badawy, 1995). Gerade deshalb ist es unbedingt notwendig, zum Unternehmen passende Titelbezeichnungen für Expertenpositionen zu finden und einzuführen, die je Hierarchiestufe als gleichwertig zu denen der Führungshierarchie empfunden werden. Im Zuge der Globalisierung und zunehmend internationalen Ausrichtung von Unternehmen, bietet es sich heutzutage in vielen Branchen an, international verständliche Titel einzuführen.

Der Praxisvergleich zeigt, dass die hierarchische Gleichstellung von Experten und Führungskräften angestrebt wird. 21 von 22 Unternehmen geben an, dass eine solche hierarchische Gleichstellung vorliegt. Nur bei der Unternehmensberatung Mercuri Urval wurde keine hierarchische Gleichstellung implementiert, was an der Beraterbranche und der speziellen Unternehmensstruktur liegt. Bezüglich der Titel lässt sich eine große Vielfalt feststellen. Es lässt sich festhalten, dass Unternehmen, die Expertenlaufbahnen als Elitemodell implementieren, Titel wählen, die einen Elitecharakter suggerieren (Trost, 2014). Hierzu zählt zum Beispiel das Unternehmen IBM, bei dem die höchste Expertenposition mit dem Titel des IBM Fellows versehen ist. Tabelle 2 zeigt Beispiele für Titelbezeichnungen, die sich bei Expertenlaufbahnen finden, die eher als Breitenmodell eingerichtet sind.