Abgrenzung von Experten- und Führungslaufbahnen

Die Expertenlaufbahn wird in der deutschsprachigen Literatur häufig mit dem Sammelbegriff der Fachlaufbahn in Verbindung gebracht. Unter Fachlaufbahnen werden drei unterschiedliche Karrierepfade zusammenfasst: die Expertenlaufbahn, die Projektlaufbahn und die Gremienlaufbahn (Domsch & Ladwig, 2011; Domsch, 1994). Allerdings wird der Begriff Fachlaufbahn auch synonym zu Expertenlaufbahn verwendet (Friedli, 2008; Trost, 2014; Sieber Bethke, 2013; Tschumi, 2014) oder zwischen einer Fachlaufbahn im engeren Sinne, die der Expertenlaufbahn entspricht, und einer Fachlaufbahn im weiteren Sinne, die eine Projektlaufbahn beschreibt, unterschieden (Gerpott, 1994; Hall, 1985). Da sich hierauf die Fachlaufbahn im engeren Sinne konzentriert wird, sei darauf hingewiesen, dass eine synonyme Verwendung von Fach-, Spezialisten- und Expertenlaufbahn beziehungsweise -karriere gebraucht wird. Synonym zum Begriff Fachlaufbahn finden sich in der Literatur die Begriffe der technischen, Dual-, Parallel-, Kompetenz-, Professional-, Experten- und Spezialistenlaufbahn beziehungsweise -hierarchie (Bailyn, 1991; Domsch, 1994; Domsch & Ladwig, 2011; Joseph et al., 2012; Lang, 2008, Neuhäuser, Köhler & Gießelmann, 2011). In der englischen Literatur bezeichnen die Begriffe Dual, Technical, Professional oder Individual Contributor Ladder System beziehungsweise Hierarchie die Expertenlaufbahn (Badawy, 1995; Katz & Allen, 1990; Shepard, 1958).

Expertenlaufbahnen sind Karrierepfade, die zur Förderung von Spezialisten statt zur Sicherung des Führungskräftenachwuchses in Unternehmen etabliert werden. Die Förderung von Spezialisten kann auch ohne die explizite Einführung von Expertenlaufbahnen erfolgen, jedoch haben etablierte Expertenlaufbahnen die Vorteile der besseren Personalplanungsmöglichkeiten für das Unternehmen und der Transparenz, wodurch eine zielgerichtete Ausrichtung von Expertenkarrieren ermöglicht wird (Bohnic, 2008). Domsch und Ladwig (2011) definieren die Expertenlaufbahn als „ein neben der traditionellen Führungshierarchie (Führungs-/Managementlaufbahn) existierendes hierarchisches Positionsgefüge für hoch qualifizierte Fachspezialisten. Sie sieht Rangstufen – parallel zu verschiedenen Leistungsebenen der Führungslaufbahn – mit spezifischen Bezeichnungen und Anreizen vor“ (Domsch & Ladwig, 2011, S. 19). Hiermit sprechen Domsch und Ladwig (2011) einige essenzielle Eigenschaft von Expertenlaufbahnen an: die Parallelität, die eine Expertenlaufbahn zur bestehenden Führungslaufbahn eines Unternehmens besitzt, die unter anderem durch die Titelbezeichnungen und die spezifischen Anreize zum Ausdruck gebracht wird.

Katz und Allen (1990) beschreiben das Dual Ladder System als Formalisierung der Beförderungspraktik von Unternehmen, das aus zwei unterschiedlichen Strängen besteht: einerseits die klassische Führungslaufbahn (managerial career path) und andererseits, parallel hierzu, die Expertenlaufbahn (professional career path). Mit dem Dual Ladder System, der Koexistenz beider Karrierepfade, gehen Unternehmen gleichzeitig mehrere organisationale Probleme an. Um der Karriereorientierung hochausgebildeter Fachkräfte nachzukommen, die keine Führungskarriere einschlagen wollen, bietet die Expertenlaufbahn adäquate Entwicklungsmöglichkeiten, die mit dem Versprechen von gleichwertigem Status und gleichwertiger Entlohnung auf äquivalenten Ebenen beider Hierarchien einhergeht. Durch diese Charakteristika hat die Expertenlaufbahn eine Anreiz- und Motivationswirkung, die für eine spezielle Gruppe von Mitarbeitern, deren hauptsächliches berufliches Interesse darin liegt, fachliche Aufgaben zu bearbeiten, attraktiv erscheint (Katz & Allen, 1990).

Eine klare Abgrenzung zwischen der Führungsund der Expertenlaufbahn ist durch den unterschiedlichen Arbeitsfokus gegeben. Während Führungskräfte, die der Führungslaufbahn folgen, vorrangig mit Aufgaben der Personalführung und Administration beziehungsweise Verwaltung betraut sind, liegt der Aufgabenfokus innerhalb der Expertenlaufbahn auf inhaltlichen Fachaufgaben, zu deren Bearbeitung spezifisches Fachwissen nötig ist (Friedli, 2008; Lang, 2009). Der hierarchische Aufstieg innerhalb der Expertenlaufbahn geht mit steigenden Anforderungen an die Tätigkeit einher und ist mit dem nachgewiesenen Zuwachs an fachlichen Kompetenzen und Verantwortungen gleichzusetzen, jedoch nicht mit der Zunahme an Managementaufgaben, wie es bei der Führungslaufbahn der Fall ist (Bohnic, 2008; Friedli, 1999 nach Thom, 2008; Zaugg, 2008; weiterführende Ausführungen hierzu unter 5.7 Arbeits- & Aufgabengestaltung). Aus dem Arbeitsfokus ergeben sich des Weiteren unterschiedliche Verantwortungsbereiche für Führungskräfte und für Fachexperten. In der Regel wird Führungskräften die Verantwortung über Personal und Budget zugeschrieben, wohingegen die fachliche Aufgabenverantwortung, Transfer- und Implementierungsverantwortung bei Fachexperten liegt (Sieber Bethke, 2007).