Vorwort

Man entdeckt keine neuen Erdteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren.
André Gide

Geschäftsmodellentwicklung, also das Arbeiten am zukünftigen Bild des eigenen Unternehmens, dürfte wahrscheinlich für viele zu einer der spannendsten unternehmerischen Aufgaben zählen. Zumindest für uns als Methodenentwickler und Prozessbegleiter für kleine und mittlere Unternehmen ist es so, denn kaum eine Aufgabe ist so interessant, gleichzeitig aber auch so herausfordernd.

Als wir angefangen haben, uns mit Geschäftsmodellentwicklung im Mittelstand zu befassen und erste Projekte zu begleiten, konzentrierten wir uns vornehmlich auf die inhaltlichen Aspekte des Geschäfts und seiner Funktionsweise. Wir haben das Geschäftsmodell als Gestaltungsrahmen schätzen gelernt, denn mit seiner Hilfe können wir sowohl die wesentlichen Elemente eines Geschäfts getrennt voneinander betrachten als auch in ihrem Zusammenspiel. Dies gilt insbesondere im Mittelstand, wo erfahrungsgemäß vieles eng beieinanderliegt und personell miteinander verflochten ist.

Die Erfahrung hat uns aber auch gelehrt, dass das nicht ausreicht, um ein bestehendes Geschäft erfolgreich in ein neues zu überführen: Unfruchtbare Dauerkonflikte im Führungskreis, endlos erscheinendes Kreisen um wichtige Entscheidungen oder persönliche Pläne der neuen Geschäftsführung, um nur einige Phänomene zu nennen, denen wir begegnet sind und die einer Veränderung „im Wege standen“. Unser Fokus wurde damit weiter und änderte quasi die Blickrichtung – überspitzt formuliert vom Veränderungsoptimismus hin zu einer kritischen Perspektive auf die Aspekte, die einer gewünschten Veränderung entgegenstehen:

  • Weiter wurde der Blick, weil die (erfolgreiche) Zukunft eines Unternehmens alles andere als eine beliebige Entscheidung des Managements ist und die neue Idee nicht ohne Weiteres alles verändert. Geschäftsmodellentwicklung ist immer auch ein gutes Stück weit „echte“ Strategie- und Organisationsentwicklungsarbeit, die eine fundierte und individuelle Betrachtung des Unternehmens, seiner organisatorischen Muster und seiner relevanten Umwelten erforderlich macht. Die Angelegenheit wird so zwar komplexer, aber „Man entdeckt keine neuen Erdteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren.“ André Gide Vorwort auch handhabbarer und in aller Regel durch das gute Gefühl belohnt, das mit einer nachhaltigen Veränderung einhergeht.
  • Die Blickrichtung änderte sich mit der Beobachtung, dass schnell Widerstand aufkommt, wenn in einem Unternehmen etwas verändert werden soll, was einen Unterschied in seiner Funktionsweise macht. Entscheidungen fallen schwer, weil sie riskant sind und man weiß oder zumindest spürt, dass dabei etwas verloren gehen wird. In diesem Zusammenhang haben wir gelernt, dass Veränderung leichter wird, wenn Hürden und Barrieren in den Blick genommen, geklärt und die Preise der Entscheidungen transparent werden.

Unser Preis für diese Entwicklung besteht – und dies war von der ersten Minute an spürbar – in einem höheren Maß an Unsicherheit bei der Prozessführung. Auf dieser Grundlage schließen sich auch „einfache Produkte“ aus, die den Erfolg auf Grundlage eindeutiger Schrittfolgen versprechen. Ein Strategieprozess ist und bleibt also ein Navigieren in einem komplexen Raum. Daher muss er so individuell zugeschnitten sein wie das Unternehmen in seiner spezifischen Umwelt. Soll er gelingen, ist ein situatives Vorgehen erforderlich.

Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen möchten wir mit diesem Buch Entscheidern mittelständischer Unternehmen einen Rahmen an die Hand geben, der sich eignet, die persönliche Situation zu verstehen und die Suche nach dem zukünftigen Geschäftsmodell im eigenen Unternehmen sinnvoll und erfolgreich zu strukturieren und zu begleiten. Wir sind der Auffassung, hierfür eine gute Mischung gefunden zu haben, die Ihnen Orientierung und konkrete Hilfestellungen bietet, um Ihren individuellen Weg zu finden und mögliche Untiefen auf diesem Weg sicher zu umschiffen.

Dabei wünschen wir Ihnen viel Erfolg und auch viele spannende und interessante Momente, denn allem Anfang wohnt ein Zauber inne.