Ausführliches Beispiel eines WM-Tools: „Wissensbaum“

Ausführliches Beispiel eines WM-Tools: „Wissensbaum“

Anwendungsmöglichkeiten: Wissenssicherung bei ausscheidenden Mitarbeitern, Kompetenzentwicklung, Teamentwicklung, Aufdecken von Entwicklungspotenzialen, Recruiting

Zeitbedarf: 30 Minuten (Erstellung Wissensbaum) + ein weiteres Zeitfenster je nach Bedarf (z.B. gegenseitiges Vorstellen, Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen)

Der Wissensbaum besteht aus drei Elementen (aus Helmut Willke: „Einführung in das systemische Wissensmanagement“, Carl-Auer Verlag):

Die Wurzeln: Was sind die Wurzeln meiner professionellen Kompetenzen? Die Betonung liegt auf professionell/ beruflich. Damit ist klargestellt, dass nicht die gesamte psychische Ausstattung einer Person zur Debatte steht, sondern nur und ausschließlich der Aspekt der Arbeit. Oft fällt es in der Praxis Personen schwer, zwischen privaten und beruflichen Aspekten ihrer Wurzeln zu unterscheiden. Hier helfen Beispiele und Fälle. Beispiel: War jemand als Jugendlicher längere Zeit im Ausland, so hat dies nur private Relevanz, wenn es im Wesentlichen ein verlängerter Badeurlaub war, ansonsten sich aber nicht viel getan hat. Ist jemand in dieser Zeit in einen vertieften Kontakt mit einer anderen Kultur, Sprache und Lebensweise gekommen und hat ihn das in seinen beruflichen Einstellungen und Fähigkeiten geprägt, dann gehört diese Erfahrung zu den professionellen Wurzeln. Ähnlich wäre es bei den Themen Leistungssport, Familienkontext, Rolle der Eltern etc.

Der Stamm: Der Stamm des Baumes repräsentiert die Kernkompetenzen einer Person. Man sollte meinen, dass Begriff und Konzept der Kernkompetenzen inzwischen im Management-Vokabular angekommen und Allgemeingut sind. Aber das ist, wie die praktische Erfahrung zeigt, keineswegs der Fall. Deshalb Vorsicht an dieser Stelle! Wer das Instrument des Wissensbaumes einsetzt, muss sich vergewissern, dass klar ist, was unter Kernkompetenzen zu verstehen ist. Auf Personen angewendet bezeichnen Kernkompetenzen berufliche Fertigkeiten und Spezialisierungen, die einer Person eine erkennbare Professionalität in ihrem Fach verleihen. Alternativ dazu lassen sich auch die allgemeinen beruflichen Fähigkeiten abbilden.

Das Blätterwerk: Das Blätterwerk beschreibt die ganz persönliche spezifische Ausgestaltung und Ausfaltung der Kernkompetenzen einer Person. Angenommen, eine Controllerin beschreibt ihre Kernkompetenz als „strategisches Projekt-Controlling“, dann könnten ihre persönlichen Ausfaltungen dieser Kernkompetenz in weiteren Merkmalen bestehen, etwa: “Strategisches Controlling von Projektlandschaften und Projektclustern, Controlling von Multiprojektmanagement auf strategische Ausrichtung, wissensbasierte Weiterentwicklung des Projektmanagementsystems unter Controllingaspekten.“

Beim Beschreiben des Blätterwerks kann es helfen, sich drei Controllerinnen mit derselben Kernkompetenz vorzustellen. Was unterscheidet dann die Personen im Detail hinsichtlich ihrer professionellen Expertise?

Erfahrungen aus der praktischen Anwendung:

  • Die Erstellung des Wissensbaums wurde durch die Teilnehmer als anspruchsvoll eingestuft, da die Visualisierung der eigenen Kompetenz- und Wissensbestände einer Auseinandersetzung mit der eigenen Person und der professionellen Entwicklung bedarf
  • Implizites Wissen kann teilweise visualisiert werden und damit für weitere Maßnahmen (z.B. Wissenstransfer) vorbereitet werden
  • Neben den Kernkompetenzen der Mitarbeiter werden auch persönliche/individuelle Aspekte deutlich (Was unterscheidet Mitarbeiter mit formell gleichen Qualifikationen). Dies gibt beispielsweise Hinweise für die Entwicklungsplanung und Laufbahngestaltung
  • Der Wissensbaum kann auch auf Entwicklungsfelder hinweisen (Welche Kompetenzen, welches Wissen soll entwickelt werden)
  • Die Arbeit mit dem Wissensbaum erzeugt erfahrungsgemäß Diskussionsbedarf unter den Teilnehmern (Was wollen wir damit machen, Wie können die Kompetenzen sinnvoll eingebracht werden, usw.). Der Verantwortliche sollte dies im Vorfeld für berücksichtigen.