II.I Wissensarten

II.I Wissensarten

Wissen ist ein komplexes Gebilde. Fachleute sprechen von explizitem und implizitem Wissen. Andere untereilen es in Daten, Informationen und Wissen. Die folgenden Erklärungen und Beispiele erläutern die wichtigsten Unterschiede und erleichtern die benötigte Einschätzung der Wissensarten.

Daten: Alle möglichen Ergebnisse, die über Zahlen, Texte, Bilder, Symbole gelesen werden können, wie . Zahlenkolonnen, Diagramme, Anleitungen, Null-EinsCodierungen, Pläne, etc.

Informationen: Daten werden zu Informationen, wenn der Leser diese für sich als Relevant betrachtet. Die Zahlenkolonnen oder eine Anleitung (also Daten) werden dann zur Information, wenn der Leser diese für seine Arbeit benötigt oder aus anderen Gründen für relevant erachtet – etwa wenn er einen Konstruktionsplan für die Reparatur eines Gerätes benötigt.

Wissen: Werden Informationen in der Praxis angewendet, entsteht Wissen. Wissen entsteht beispielsweise dann, wenn ein Monteur auf der Grundlage des Konstruktionsplans öfters repariert. Wissen ist demnach durch praktische Erfahrungen angereichertes Wissen und "enthält" all das, was in einer Information nicht abgebildet ist oder was sich nicht abbilden lässt – wie beispielsweise Erfahrung, Können oder Expertise.

Beispiele

Schlägt jemand, der sich nicht für Fußball interessiert, die Zeitung auf und landet beim Sportteil, bekommt er Daten zu sehen – also Zahlen und Ergebnisse. Schaut sich seine für Sport und Fußball interessierte Ehefrau die gleiche Seite in der Zeitung an, bekommt sie Informationen. Dies hängt damit zusammen, dass Fußball und die Spielergebnisse für sie relevant sind – sie interessiert sich dafür und kann die Informationen auch interpretieren. Nehmen wir an, dass die Ehefrau nun auch ein geschicktes Händchen für Fußballwetten hat, können wir von Wissen sprechen. Sie ist in der Lage mit den Informationen zu arbeiten. Das heißt, sie nutzt ihre durch bisherige Fußballwetten gemachten Erfahrungen, interpretiert die Informationen und bezieht womöglich weitere Informationen über anstehende Trainerwechsel und Verletzungen der Spieler mit ein. Dadurch ist sie in der Lage, einigermaßen verlässliche Einschätzungen für kommende Spiele abzugeben.

Wissen kann sich auch körperlich ausdrücken. Tanzuninteressierte sehen in der Abbildung einer Schrittfolge lediglich Daten. Wer Tanzen lernen möchte, erhält mit der Abbildung Informationen. Erst die Übung und die praktischen Erfahrungen machen diese Informationen zu Wissen. Und je länger man übt, desto komplexer ist dieses Wissen.

Ähnlich verhält es sich mit erfahrenen Mitarbeitern, die bereits anhand des Laufgeräusches (Information) einer Maschine erkennen können, wie deren aktueller Zustand ist (Wissen). Teilweise können Störungen durch geübte Mitarbeiter sogar im Vorfeld erahnt und behoben werden bevor es zu kostspieligen Ausfällen kommt (Wissen).

Die Beispiele veranschaulichen, dass das Wissen, welches dazu benötigt wird, um gute Fußballprognosen abzugeben, gekonnt zu Tanzen oder potenzielle Maschinenstörungen über das Gehör wahrzunehmen, nicht ohne weiteres transferierbar ist, da es sich auch um Fähigkeiten, Kompetenzen, Ideen, Erfahrung und die persönliche Einstellung der Mitarbeiter geht. Zum genaueren Verständnis ist noch eine weitere Unterscheidung hilfreich:

Explizites Wissen (z.B. in Form von Faktenund Fachwissen) liegt einem Experten bewusst vor, ist gut kommunizierbar und damit auch dem Wissensmanagement – beispielsweise in Form eines Fachartikels – leichter zugänglich. Wissen, welches sich in Konstruktionsplänen, Verfahrensanweisungen, Kundendatenbanken, Gesprächsprotokollen, Dokumenten über Materialeigenschaften und -zusammensetzungen, Wiki-Artikel und vieles mehr abbilden lässt, entspricht demnach dem explizitem Wissen.

Oft ist es aber auch das implizite Wissen, welches beim Ausscheiden eines Experten spürbar fehlt und schwer zu ersetzen ist. Michael Polanyi, Naturwissenschaftler und Philosoph, bringt es auf den Punkt: "Wir wissen mehr, als wir zu sagen wissen". Implizites Wissen liegt vor, wenn Experten nicht in der Lage sind, spontan zu beschreiben was oder wie sie etwas tun, wie sie zu einer Entscheidung gekommen sind oder wie sie sich dieses Wissen angeeignet haben. Ihr Wissen kann derart verinnerlicht sein, dass es den Wissensträgern (spontan oder bewusst) nicht mehr zugänglich ist und sich damit der einfachen Dokumentation entzieht. Implizites Wissen kann jedoch im Gespräch, im Interview oder in einer gemeinsam ausgeübten Tätigkeit durch Beobachten und Fragen teilweise offen gelegt und so dem Wissensmanagement zugänglich gemacht werden. Implizites Wissen stellt demnach Wissen dar, welches sich nur sehr schwer, nur teilweise oder überhaupt nicht dokumentieren lässt.

Für die Auswahl geeigneter WM-Tools und für deren Anwendung ist es vollkommen ausreichend, eine Einschätzung oder ein gewisses "Gefühl" über das zu organisierende Wissen zu bekommen. Keines falls geht es darum, eine analytische Einteilung des zu organisierenden Wissens durchzuführen. Ein geeignetes Werkzeug für "Wissensarten und -verfügbarkeit" kann dem entsprechenden pdf-Dokument des Leitfadens entnommen werden.