Der Alterungsprozess

Viele ältere Menschen sehen und hören schlechter, und durch den fortschreitenden Abbau von Muskelmasse lassen Kraft und Beweglichkeit nach. An einige Einbußen kann sich der alte Mensch mehr oder weniger erfolgreich anpassen, andere können durch Hilfsmittel ausgeglichen werden. Auch regelmäßige und gezielte körperliche und geistige Aktivitäten beeinflussen den natürlichen Alterungsprozess positiv. Insbesondere Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit (unter anderem auch Balance) sowie geistige Beweglichkeit können positiv bis ins höchste Alter durch Übung beeinflusst werden. In diesem Zusammenhang ist jedoch gleichzeitig festzuhalten, dass mangelndes Training zu einer besonders rapiden Abnahme der genannten Parameter führt.

Die Anpassungs- und Kompensationsfähigkeit des gesunden alternden Organismus stößt jedoch selbst unter optimalen Bedingungen irgendwann an ihre Grenzen.

Der menschliche Organismus altert in allen Bereichen. Das bedeutet, dass sich im Laufe des Lebens sämtliche Parameter mehr oder weniger kontinuierlich verschlechtern. Im frühen Erwachsenenalter erreichen die Menschen in der Regel den Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit. Die mit zunehmendem Lebensalter auftretenden Veränderungen werden besonders in folgenden drei wesentlichen Bereichen offenbar und daher hier näher betrachtet:

  • Sensorische Leistungsfähigkeit: Seh- und Hörvermögen, Tast-, Geruchs- und Geschmackssinn
  • Körperliche Leistungsfähigkeit: Muskelkraft, Beweglichkeit, Schnelligkeit, Ausdauer
  • Kognitive Leistungsfähigkeit: Koordination, Reaktion, Aufnahmevermögen, Problemlösungstrategien

Der Alterungsprozess verläuft von Mensch zu Mensch sehr verschieden. Wie sich das Altern eines Menschen gestaltet, hängt erstens von seiner genetischen Veranlagung ab. Zweitens wird es entscheidend von einer Vielzahl externer Faktoren (Ernährung, Bewegung, Einwirkung toxischer Substanzen etc.) geprägt. Diese beiden Größen wirken sich nicht nur auf den Alterungsprozess, sondern auch auf das individuelle Krankheitsrisiko aus.

Mit Beginn des vierten Lebensjahrzehnts beginnt sich der fortschreitende Abbau physiologischer Funktionen zu beschleunigen. Die funktionellen Reserven der Organe wie Herz, Lunge, Nieren, Leber, Gefäß- und Immunsystem nehmen jährlich um durchschnittlich ca. 1,5 Prozent ab. Dadurch wird der gesunde Organismus mit steigendem Alter krankheitsanfälliger.

Dieser normale Alterungsprozess von Geweben und Organen variiert inter- als auch intraindividuell sehr stark in Ausprägung und Verlauf. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass nicht das kalendarische Alter maßgeblich für die Leistungsfähigkeit ist, da innerhalb einer Altersgruppe zum Teil enorme Leistungsunterschiede festgestellt werden können. Das individuelle Leistungsvermögen hängt stark vom körperlichen und auch vom mentalen „Trainingszustand“ der jeweiligen Person ab.

Je älter die Menschen werden, desto ausgeprägter sind die Unterschiede im Alterungsprozess sichtbar. Die Funktionseinbußen nehmen immer rascher zu, der Organismus wird verletzlicher. Die Anfälligkeit für Krankheiten nimmt zu, die Krankheitsverläufe sind ungünstiger. Zudem haben akute Krankheiten weiter reichende Folgen als bei jüngeren Menschen.

Die strukturellen Veränderungen des Körpers, als Folge des „normalen“ Alterns, führen zur Veränderung der Leistungsfähigkeit des Menschen. Davon sind fast alle Organe betroffen.

Die folgende Tabelle auf veranschaulicht die häufigsten altersbedingten Veränderungen von Organfunktionen.

Altersbedingte Veränderungen beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit und somit – je nach Ausprägung – auch das Wohlbefinden des älteren Menschen. In der alltäglichen Interaktion mit seiner Umwelt ist er mehr oder weniger stark eingeschränkt. Einige der sich verändernden Merkmale können ältere Menschen vor allem in ihrer Rolle als Kundin oder Kunde von Produkten und Dienstleistungen beeinträchtigen und nicht zuletzt Auswirkungen auf das Konsumverhalten haben. In vielen Fällen können Produkte, Dienstleistungen, Ladengeschäfte, Marketingauftritte oder ganze Geschäftsmodelle mit wenig Aufwand so verändert werden, dass sie (wieder) attraktiv werden für die Kunden der Generation 50plus. (Anmerkung: Pathologische Alterung, die körperliche und geistige Verschlechterungen erfasst, die durch schwere und chronische Krankheiten bedingt sind, werden an dieser Stelle außer Acht gelassen.)

Altersbedingte Veränderungen der Organfunktion im Überblick

Organ/ SystemAltersbedingte VeränderungenMögliche Folgen altersbedingter physiologischer Veränderungen
Allgemein
  • Zunahme des Körperfetts
  • Abnahme der Körperflüssigkeit
  • Abnahme der Muskelmasse
  • Abnahme des Grundstoffwechsels
  • Abnahme der Temperaturregulation
  • Die Aufnahme und Wirkung von Medikamenten kann dadurch beeinflusst werden.

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  • kann zu unbemerkter Unterkühlung führen
Sinnesorgane
  • Augen: Alterssichtigkeit, Linsentrübung
  • Ohren: Hochtonverluste
  • Abnehmender Tastsinn
  • Veränderter Geruchs-/ Geschmackssinn
  • Beeinträchtigungen der optische Wahrnehmung
  • Das einzelne gesprochene Wort wird schlechter unterschieden und verstanden, besonders bei Hintergrundgeräuschen.
Atmung/Lunge
  • Abnahme der Lungenelastizität
  • Zunehmende Steifheit des Brustkorbes (Altersthorax)
  • Atmung erschwert und weniger effektiv
  • abnehmender Sauerstoffpartialdruck
Herz-Kreislaufsystem
  • Abnehmende Anpassung der Arterien
  • Zunehmender systolischer und
  • diastolischer Blutdruck (abhängig von Umwelt und Lebensweise)
  • Verzögerte Blutdruckregulation
  • Einschränkung des Herzschlagvolumens
  • Kreislaufregulationsstörungen
  • Belastung kann oft nur über Herzfrequenzsteigerung aufgefangen werden
Bewegungsapparat
  • Skelettmuskel nimmt ab
  • Bänder, Muskeln, Sehnen weniger dehnbar
  • Abnahme des Mineralstoffgehalts der Knochen
  • Gelenkbeweglichkeit nimmt ab
  • Geringere Beweglichkeit und Kraft
  • Anfälligkeit für Knochenbrüche steigt
Nahrungsaufnahme/ Verdauung
  • Mundhöhle / Zähne: Verlust
  • Anzahl der Geschmacksknospen reduziert
  • Magen-Darmtrakt: Sekretion der Speicheldrüsen, Magen, Pankreas nimmt ab bzw. verändert sich
  • Kaufunktion eingeschränkt
  • Appetitlosigkeit, Gefahr der Fehl- und Mangelernährung
Urogenitaltrakt
  • Durstgefühl nimmt ab, Sättigungsperzeption zu
  • Harnblase: Tonus nimmt zu, Fassungsvermögen ab
  • Niere: glomuläre Filtrationsrate nimmt ab, renaler Natriumverlust
  • Prostatavergrößerung
  • Gefahr von unzureichender Flüssigkeitszufuhr
  • Die Folge sind verkürzte Drangzeiten und häufiges Urinieren.
  • Erhöhter Wasserverlust (Schwitzen, Diuretika)
    Mangelnde Ausscheidung einzelner Medikamente
Haut
  • Atrophie, Schwund des subkutanen Fettgewebes
  • Abnahme und veränderte Struktur des kollagenen Bindegewebes, verminderte Durchblutung der Lederhaut
  • verminderte Talgdrüsenaktivität
  • verringerte Haarstärke
  • Haarverlust
  • Verlangsamte Wundheilung
  • Faltenbildung
  • Verminderte Hautfettung, trockene Haut

Quelle: In Anlehnung an 3. Bericht zur Lage der älteren Generation in Deutschland, 2001