1. Schritt: Den Boden bereiten

Wohin man geht, hängt immer davon ab, woher man kommt. Der gesamte Prozess profitiert erheblich, mitunter wird ein sinnvolles Arbeiten gar erst möglich, wenn zu Beginn möglichst deutlich ist, woher der Veränderungsimpuls kommt und was er im Kontext der Geschäftsmodell- oder Strategieentwicklung bedeutet. Ein externer Blick ist an dieser Stelle unersetzbar, weil er das sichtbar machen kann, was man nach Jahren im Betrieb nicht mehr sieht. Bereits im Erstgespräch, in der Auftragsklärung und der ersten Hypothesenbildung werden hierfür die wesentlichen Grundlagen gelegt. Wir haben an dieser Stelle zwei Tools ausgewählt, die wir für besonders wichtig halten und die man im Workshop-Setting gemeinsam bearbeiten kann. Das erste Tool greift die im Entscheiderkreis zweifelsfrei wirksamen Interessen auf, buchstabiert sie aus und macht sie im Weiteren unterscheidbar von der eigentlichen Strategiearbeit. Es handelt sich um ein Tool, das vor allem auf der sozialen Ebene ansetzt und das wir häufig an dieser Stelle im Prozess einsetzen. Das zweite Tool dient einer sinnvollen Geschäftsfeldsegmentierung, die in gewachsenen mittelständischen Strukturen nicht selbstverständlich ist. Ohne eine solche wird der gesamte Strategieprozess unscharf.

Klärung der Erwartungen und Befürchtungen der Entscheider (Beispiel)
(Alle Interventionen sind mit Beispielen hinterlegt, die ein reales Workshop-Ergebnis zur Grundlage haben, aus Diskretionsgründen aber anonymisiert und verfremdet sind.)

Wir haben häufig – meist im späteren Prozessverlauf – die Erfahrung gemacht, dass das Offenlegen der Interessen und Befürchtungen der Teilnehmer von hohem Wert war. Strategie- und Geschäftsmodellentwicklungsprozesse im Entscheiderkreis mittelständischer Unternehmen stellen immer eine Mischung dar, in der die Interessen und strategischen Herausforderungen des Unternehmens vorkommen. Die Entmischung ermöglicht es, beides zu betrachten, ohne dass das eine nun wichtiger oder richtiger wäre als das andere. Möchte ein Geschäftsführer beispielsweise aus Entlastungsgründen sein Geschäft reduzieren oder auf mehrere Schultern verteilen, hat dies sicher Einfluss auf die Organisation, kann strategisch betrachtet aber als vollkommen falsche Entscheidung erscheinen. Im Detail wählen wir meist folgenden Ablauf:

  • Wir bitten die Teilnehmer darum, getrennt voneinander drei grüne Karten auszufüllen mit der einfachen und bewusst offen gehaltenen Frage: „Was soll passieren?“. Außerdem ist jeder angehalten, eine rote Karte zu beschreiben: „Was ist meine größte Befürchtung?“. Wir machen in diesem Zusammenhang immer deutlich, dass das eine nicht als das Gegenteil des anderen zu begreifen ist. Ersteres adressiert Interessen und womöglich Bedürfnisse, zweites zielt auf Abwehrbewegungen.
  • Wir nehmen uns anschließend ausreichend Zeit, um das Gesamtbild wirken zu lassen, um Widersprüche zu thematisieren und entstehende Bilder zu teilen.
  • Mitunter entstehen aus diesem Prozessschritt weitere Konkretisierungen des Ablaufs (beispielsweise die Entscheidung, sich zunächst Konfliktdynamiken zuzuwenden oder den Prozess von einem Teilbereich auf das gesamte Unternehmen zu erweitern).
  • Häufig werden hier allerdings bereits grundlegende strategische Herausforderungen benannt, die wir festhalten und an späterer Stelle aufgreifen.

Geschäftsfeldsegmentierung (Beispiel)

Der gesamte Prozess ist auf eine saubere Segmentierung der Geschäftsfelder angewiesen. Gemeint sind damit Geschäftseinheiten mit einer weitgehend eigenständigen Marktaufgabe. Wollen wir später ein konsistentes Geschäftsmodell für eine solche Einheit entwickeln, braucht es möglichst homogene Einheiten im Sinne von ähnlichen Produkt-Markt-Kombinationen. Gibt es Anlass für die Vermutung, dass die Geschäftseinheiten unsauber segmentiert sind, spricht einiges dafür, sich dessen zu vergewissern. Es ist Aufgabe der Geschäftsfeldsegmentierung, die bestehende Struktur zu revidieren oder zu bestätigen und nur solche Leistungen einem Geschäftsfeld zuzuordnen, die ähnliche Produktvorteile und Kundengruppen teilen. Alles andere birgt ein hohes Risiko, in Diffusität zu enden. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt, da die Geschäftsfeldsegmentierung immer im Spannungsverhältnis zwischen Genauigkeit der Abgrenzung und Handhabbarkeit der gewählten Segmente balanciert. Gleichzeitig ist Gelassenheit geboten: Jede unpassende Segmentierung wird sich im späteren Prozess zeigen und kann korrigiert werden. Auch diesem Fokus ordnen wir einen relativ simplen Ablauf zu:

  • Wir bitten die Teilnehmer darum, bestehende Produkte und Dienstleistungen auf Karten zu sammeln, wir wählen dafür eine Farbe pro bestehendem Geschäftsfeld. Geplante Leistungen bekommen eine weitere Farbe.
  • Wir nutzen eine leere “Leinwand“, beispielsweise eine Moderationswand, um die Leistungen entsprechend der gefühlten Ähnlichkeit (hinsichtlich Leistungscharakteristik und Kundengruppe) zu sortieren. An diesem Punkt verweilen wir bis zur Sättigung, also bis das Gefühl entsteht, dass nichts Wesentliches mehr kommt. Dies beinhaltet kritische Rückfragen, Interpretationen und entstehende Bilder. Wir ordnen neu an, bis alle Teilnehmer ein Gefühl der Schlüssigkeit entwickeln können.
  • Die neue Geschäftsfeldsegmentierung prüfen wir bei Bedarf mit einer Reihe an Prüffragen und passen das Ergebnis entsprechend an.