Ziel der vom Bundeswirtschaftsministerium und der KfW initiierten, kostenfreien Plattform ist es, Gründerinnen und Gründer in der entscheidenden Phase der Gründungsvorbereitung noch besser zu unterstützen und die Gründungsdynamik in Deutschland zu stärken.
Dr. Jan Evers war maßgeblich an der Entwicklung der Plattform beteiligt.
Herr Evers, Sie sind schon seit vielen Jahren in der Unterstützungslandschaft für Gründungen aktiv. Kann die derzeitige Begeisterung für Startups zu mehr Gründungen beitragen?
In den letzten Jahren haben wir gesehen, dass es absolut und relativ gesehen steigende Werte bei Innovationsgründungen gibt und gleichzeitig abnehmende Werte bei Standardgründungen, wobei letzteres primär auf den guten Arbeitsmarkt zurückgeführt wird. Diese Innovationsgründungen bewirken schon heute eine eindrucksvolle Transformation unserer Wirtschaft. Es kommt also nicht so sehr auf die Anzahl der Gründungen an, sondern vielmehr auf die Art.
Gleichwohl gehe ich davon aus, dass wir in zehn Jahren deutlich mehr Selbstständige haben. Die Digitalisierung macht uns selbstständig! Sie wirkt als echter Turbo, was das Unternehmertum betrifft. Einerseits schafft sie Gründungschancen durch Ideen, die gestern noch undenkbar schienen, andererseits liefert sie uns Werkzeuge an die Hand, die das Planen, Entwickeln und den Vertrieb auf geniale Weise vereinfachen. Selbst ein Solounternehmer kann heute sowohl international sourcen wie verkaufen, und gleichzeitig wird ihm das Leben dadurch erleichtert, dass Aufgaben wie Verwaltung und Buchhaltung immer digitaler gelöst werden.
Wo sollte man Ihrer Meinung nach ansetzen, um die Zahl der Gründungen zu erhöhen?
Es ist erstmal ein Kulturthema. Wenn wir als Gründungsförderer als Erstes mit Themen wie Buchhaltung und BWL kommen, ist es kein Wunder, dass die Kreativen und Querdenker keine Lust haben, Unternehmer zu werden. Die Herausforderung liegt darin, das Thema Gründen aus der Enge betriebswirtschaftlicher Planungsprozesse zu befreien und als interdisziplinäre Methodenkompetenz zu sehen.
Immer mehr Startups zeigen: Unternehmertum bedeutet Selbstverwirklichung und gesellschaftlichen Impact. Wir Gründungsförderer können diese Chance nutzen und Begrifflichkeiten wie „Existenzgründung“ entstauben und vom Image befreien, wonach Unternehmer BWL studiert haben müssen und typischerweise weiß, männlich – und chronisch überarbeitet sind. Unternehmertum ist bunt! Das, was viele Konzerne mit neuen heterogenen Kulturkonzepten anstreben, ist in der Welt der Selbstständigen längst Wirklichkeit.
Sie haben gemeinsam mit der KfW und dem BMWi die Gründerplattforminitiiert. Welchen Mehrwert bietet die Plattform?
Wenn Sie sich erfolgreiche Startups anschauen, benutzen die ein noch junges Repertoire aus primär digitalen Tools und Methoden – MVP, Lean Startup, Effectuation, Canvas sind nur einige Schlagworte. Diese wollen wir den Innovations- aber auch den Standardgründungen zugänglich machen. Das wäre aber vielleicht alleine zu trocken. Deswegen arbeiten wir viel mit Videocontent und echten Vorbildern. Gründer von heute wollen von Unternehmern lernen. 50 erfolgreiche Unternehmer und Unternehmerinnen – vom DeepTec über Handwerker, Franchisenehmer und Mehrfachgründer, nebenberuflich Selbstständige bis zum Multimillionär – präsentieren hier ihre Ideen und ihren Weg in die Selbstständigkeit. Eine einfache Matching-Funktion ermöglicht es, dass die Nutzerinnen und Nutzer, die mit der Gründerplattform arbeiten, dabei immer wieder auf die Beispielunternehmer treffen, die ähnlich gepolt sind, wie sie selbst. So können sie von echten Vorbildern lernen – anstatt sich mit einem Muster-Unternehmer zu vergleichen, den es in der Realität gar nicht gibt.
Welche Vorteile bietet die Plattform für angehende Gründer und junge Unternehmen?
Wir schaffen einen durchgängigen Prozess, wo „Gründung as a service“ über Tools, aber auch Education und Feedback Schritt für Schritt machbar wird. Wer noch keine Idee hat, kann an diesem Punkt ansetzen und bekommt viele Tipps und Hilfsmittel zur Ideenfindung. Wer aus seiner Idee ein Geschäftsmodell machen möchte, bekommt hierzu Hilfe und moderne Tools. Der Businessplan wird durch Software auf das reduziert, was er ist: ein Planungstool, kein Herrschaftswissen. Er wird schnell anpassbar. Die richtige Finanzierung passend zur Gründungsidee zu bekommen, wird über eine digitale Antragstellung vereinfacht. Und daneben haben wir es über den Plattformansatz geschafft, dass jetzt schon bei über 480 Partnern in jeder Phase der Gründung kostenlose Unterstützung digital angefordert werden kann.
Und welchen Mehrwert bringt die Gründerplattform den Gründungsförderern?
Sie können sich digital entlasten: wir machen sie bei Google sichtbar, damit mehr Gründer sie finden. Verknüpfen sie uns auf ihren Seiten, wird ihr Logo dauerhaft sichtbar. Wir laden die Gründungsförderer in Deutschland ein, mit unseren Tools ihren Gründern das Leben zu vereinfachen – und sich selbst auch: Durch digitale Prozesse wird die Betreuung übersichtlicher und der Gründungsberater und -finanzierer kann mit seinem Know-how glänzen, anstatt wertvolle Zeit dabei zu verlieren, den Aufbau eines Businessplans zu erklären.
Herr Evers, vielen Dank für das Gespräch!
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