1. Schritt: Strategiebezug, strategische Ziele und Geltungsbereich der Fachlaufbahn

Zunächst ist wichtig, dass Strategiebezug, strategische Ziele und Geltungsbereich von der Geschäftsführung gegebenenfalls auch vom Führungskreis entschieden werden. Der Strategiebezug einer geplanten Fachlaufbahn kann mit diesem Instrument4 beschrieben werden:

4 Von den insgesamt sechs strategischen Schlüsselgrößen enthält das Instrument nur die ersten vier, weil die übrigen beiden (Liquidität und Gewinn - s.o.) für die strategische Positionierung einer Fachlaufbahn nicht relevant sind.

Die strategischen Schlüsselgrößen beschreiben jeweils Zielfelder, die in ihrem Zusammenwirken die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens ausmachen. Im Prinzip sind alle unternehmerischen Maßnahmen, also auch die Einführung einer Fachlaufbahn, einer oder mehrerer dieser Zielfelder zurechenbar.

  1. Die Schlüsselgröße „Marktstellung/-position“ bündelt und spezifiziert im Wesentlichen Unternehmensziele, die sich auf Marktanteile, Wettbewerbskraft und Kundenzufriedenheit beziehen. Auch Qualitätsverbesserungsziele können hier einbezogen werden, insoweit sie die Marktpositionierung des Unternehmens verbessern helfen.
  2. Die Schlüsselgröße „Innovation(sleistung)“ bündelt und spezifiziert im Wesentlichen Unternehmensziele, die sich auf alle Innovationsarten richten können, nicht nur auf Produktinnovationen, sondern auch auf Dienstleistungs- und Prozessinnovationen sowie auf die Erschließung neuer Märkte (mit Innovationen).
  3. Die Schlüsselgröße „Produktivität“ bündelt und spezifiziert im Wesentlichen Unternehmensziele, die sich auf Kosten und/oder Output/Zeiteinheit, und damit auf den Spielraum des Unternehmens bei der Preisgestaltung, richten.
  4. Die Schlüsselgröße „Attraktivität für die wichtigen Personen inner- und außerhalb des Unternehmens“ bündelt und spezifiziert im Wesentlichen Unternehmensziele, die auf die Verbesserung der Bindung der wichtigen Mitarbeiter sowie der Bekanntheit und Beliebtheit des Unternehmens in den relevanten Arbeitsmarktsegmenten abzielen.

Insofern das Instrument die für ein Unternehmen wesentlichen strategischen Vorsteuergrößen benennt, kann ihre Anwendung unter Umständen dazu führen, auch solche strategischen Wirkungen einer beabsichtigten Fachlaufbahn zu identifizieren, an die zunächst gar nicht gedacht war. Dies zu prüfen ist ebenfalls die Funktion des Instrumentes. Gegebenenfalls kann diese Prüfung zu einer Erweiterung der (zunächst angedachten) Ziele der Fachlaufbahn führen.

Handling des Instrumentes:

Es werden zunächst die Wirkungen der Fachlaufbahnen auf die jeweilige strategische Schlüsselgröße markiert und grob bewertet (linke Spalte: hoch, mittel oder niedrig).

Die zweite Spalte „Stichworte...“ ermöglicht ergänzend (mindestens) zweierlei Einträge: erstens, eine Konkretisierung der jeweiligen strategischen Schlüsselgröße (um welchen Markt/welche Kunden geht es? An welche Innovationen wird gedacht? Und so weiter), und zweitens, die Benennung von Indikatoren und Messgrößen, mit denen die Wirkungen auf die Fachlaufbahn ablesbar und überprüfbar werden.

Das Instrument wird von der Geschäftsleitung beziehungsweise vom Führungskreis bearbeitet. Der Personalleiter kann gegebenenfalls Vorschläge machen.

Anwendungsbeispiel: Fachlaufbahn in einem Maschinenbauunternehmen mit 300 Mitarbeitern, Qualitätsanbieter mit hoher Fertigungstiefe, der neben Standardprodukten kundenindividuelle Aufträge bearbeitet, deren innovative Lösungen zum Teil auch in Innovationen der Standardprodukte umgesetzt werden. Die Unternehmensleitung denkt an eine Fachlaufbahn in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Konstruktion und Vertrieb.

Der Geltungsbereich einer Fachlaufbahn hängt ab von der strategischen Positionierung des jeweiligen Unternehmens – genauer: von den Wirkungen, die von der Einführung einer Fachlaufbahn auf strategischen Schlüsselgrößen beziehungsweise auf seine Wertschöpfung erwartet werden.

Bei einer Fachlaufbahn besteht der Geltungsbereich grundsätzlich immer aus Stellen, nicht aus Personen. Um Personen geht es bei Personalentwicklungen, die eine Organisation nicht (direkt) verändern. Jede Fachlaufbahn wird natürlich mit Personalentwicklung zu tun haben, beispielsweise kann ein Stufenwechsel, das Erreichen einer höheren Stufe, an Personalentwicklungsmaßnahmen gebunden werden.

Zwar wird man in der Regel bei der Festlegung des Geltungsbereichs an Personen denken, aber wenn Personen ausfallen, wird die Fachlaufbahn bestehen bleiben.

Grundsätzlich sind folgende Geltungsbereiche, auch in Kombination, möglich:

  • ein (oder mehrere) Funktionsbereich(e),
  • ein Kernprozess,
  • Schlüsselpositionen,
  • Projektleiterpositionen,
  • strategisch prioritäre Jobfamilien,
  • gegebenenfalls weitere.

Beispiele:
Unternehmen, die in sehr beweglichen Wachstumsmärkten positioniert sind und unter hohem Zeitdruck in kurzen Zeitabständen innovative Produkte auf den Markt bringen müssen und die funktional organisiert sind, werden mit der Einführung einer Fachlaufbahn im Funktionsbereich Forschung & Entwicklung beginnen.

Unternehmen mit geringer Fertigungstiefe, deren Wertschöpfung von nur wenigen Kernprozessen abhängt, zum Beispiel von ihrer Auftragsabwicklung und ihrer Lagerverwaltung, werden in einem oder beiden Kernprozessen, und dort für die jeweils strategisch prioritäre Jobfamilie, eine Fachlaufbahn einführen.

Produzierende Unternehmen mit einfachen Produkten und einer wettbewerbsentscheidenden Kostenposition (Lohnfertiger), würden für ihre Schlüsselpositionen (Produktivitätsmanager sprich Meister in der Produktion, Arbeitsvorbereitung und Schlüsselkräfte in der Instandhaltung) eine Fachlaufbahn in Erwägung ziehen.

Ein Dienstleister, dessen Wertschöpfung nur in (Auftrags-)Projekten mit Kunden geleistet wird, wird möglicherweise seinen Projektleitern eine Laufbahn anbieten – auf der Grundlage einer Typologisierung der Projekte nach Kriterien der Höhe der Projektverantwortung oder ähnliches.

In der Regel hat ein Unternehmen immer die Möglichkeit, den Geltungsbereich einer angestrebten Fachlaufbahn auf der Grundlage seiner Jobfamilien5,6 zu bestimmen. Jobfamilien in einem Unternehmen sind Stellencluster, die nach dem Prinzip der Ähnlichkeit gebildet und nach strategischen Kriterien priorisiert werden können. Strategisch prioritäre Jobfamilien können zum Beispiel Entwickler, Einkäufer, Außendienstmitarbeiter für eine bestimmte Produktgruppe, Konstrukteure, Produktionsmeister oder Instandhalter sein.

Am Ende des ersten Schrittes sollten mindestens folgende Fragen beantwortet sein:

  • Welche strategischen Ziele können mit einer Fachlaufbahn unterstützt werden? Wird die Fachlaufbahn Bestandteil unserer strategischen Personalplanung?
  • Welcher Geltungsbereich wird für die Fachlaufbahn festgelegt
  • Welche Form soll die Fachlaufbahn haben?

 

5 Jobfamilien werden in in einem weiteren Leitfaden des RKW Kompetenzzentrums beschrieben: Großheim et al. (2016).
6 Dieses Verfahren wird in der strategischen Personalplanung, wie das RKW sie entwickelt hat (vgl. Großheim /Hoffmann (2014)), angewandt. Wenn es um Fachlaufbahnen geht, ist die vorbereitende Durchführung einer strategischen Personalplanung hilfreich.