Am 26. April fand das von uns gemeinsam mit der Initiative für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolge – ifex – ausgerichtete Netzwerktreffen „Entrepreneurship Education und Ökonomische Bildung“ für Hochschullehrende im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg in Stuttgart statt. Die Vermittlung von „Unternehmergeist“ und lösungsorientiertem Denken an Schulen und Hochschulen ist wichtig, um junge Menschen mit gründungsbezogenen Thematiken vertraut zu machen und sie für eine aktive gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe sowie die Übernahme von Verantwortung zu motivieren. Die in der Fachliteratur als „Entrepreneure“ bezeichneten Gründer sind für die Mitgestaltung der deutschen Wirtschaft - und die Erneuerung der mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur - elementar.

Entrepreneur ist, wer auf dem Weg zu seiner Vision immer wieder über sich hinaus wächst und dabei andere unterstützt, so dass alle gewinnen (1), bringt es die Definition des Unternehmers und Stifters Karl Schlecht schlüssig auf den Punkt. Gleichzeitig können Intrapreneure – Angestellte, die wie Gründer denken und handeln – innerhalb von Unternehmen neue, innovative Denkweisen fördern oder zukunftsfähige Geschäftsmodelle entwickeln. Dadurch tragen sie mittel- und langfristig zur Arbeitsplatzsicherheit und einem hohen Beschäftigungsniveau entscheidend bei.

„Arbeitsaufgabe“ für das Ideenentwicklungsformat des Events war die Leitfrage: „Welche  Schlüsselkompetenzen befähigen junge Menschen zu unternehmerischen Denken und Handeln?“ Ziel war es, Themen und Lernfelder zu identifizieren, die in der Entrepreneurship Education zukünftig eine noch größere Rolle spielen können. Im Zentrum der Überlegungen standen dabei „weiche“ Persönlichkeitsmerkmale, die laut den Umfrageergebnissen des Global Entrepreneurship Monitors Deutschland 2017/2018 (RKW Kompetenzzentrum und Leibniz Universität Hannover) an deutschen Schulen noch viel stärker ausbaufähig wären.

Das Projekt „Unternehmergeist erleben!“ hat bezüglich der „weichen“ Persönlichkeitsmerkmale drei „Schlüsselkompetenzen“ im Fokus:

  • Kreativität: Die Fähigkeit, abstrakte Gedanken in anwendbares Wissen zu überführen, welches einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen entfaltet (2).
  • Experimentierfreude: Durch Ausprobieren und „Lernen aus Fehlern“ zu tragfähigen Lösungen zu kommen.
  •  Selbstwirksamkeit

Von den Veranstaltungsteilnehmern wurden folgende Ansatzpunkte für neue Entrepreneurship-Education-Formate identifiziert:

  • Reflektiertes Denken
  • Empathiefähigkeit
  • Selbstwirksamkeit
  • Ambiguitätstoleranz
  • Querdenken
  • Aktuelle Bedarfe erkennen
  • Zeitmanagement
  • Eigenverantwortung
  • Umgang mit Zahlen
  • Ethik/Urteilskompetenz
  • Begeisterungsfähigkeit
  • Zielorientiertes Arbeiten

Drei Themen wurden vertiefend diskutiert:

Eigenverantwortung

Die Fähigkeit zum Erkennen von günstigen Opportunitäten und deren Ausnutzung durch proaktives Handeln zum Wohle des Akteurs und Dritter, ist eine Kompetenz, die das Leben junger Menschen erheblich beflügeln kann. Grundvoraussetzung hierfür ist eine grundlegende Motivation und Begeisterungsfähigkeit. Diese sorgt dafür, dass junge Menschen ihr Umfeld aktiv gestalten und Verantwortung übernehmen wollen. Um erfolgreiche Ergebnisse erzielen zu können, ist zudem eine solide fachliche Qualifikation in dem entsprechenden Themengebiet sowie ein hohes Grundvertrauen in die eigene Person notwendig. In der Entrepreneurship Education sollen Lernsituationen geschaffen werden, in denen junge Menschen die Übernahme von Eigenverantwortung üben können. Dafür muss ihnen seitens des Lehrpersonals einerseits ausreichend Autonomie gegeben werden, andererseits müssen Schüler oder Studierende darin bestärkt werden, an ihre eigene Selbstständigkeit zu glauben.

Da Schulen und Hochschulen einen „geschützten Raum“ darstellen und die Übernahme von Eigeninitiative und proaktivem Handeln in gewisser Hinsicht einen „Sprung ins kalte Wasser“ bedeutet, empfiehlt es sich diese Persönlichkeitseigenschaft in einem im Herausforderungsniveau stufenweise sich steigernden didaktischen Ansatz zu vermitteln. Erste Erfahrungen können Schülerinnen oder Studierende hier beispielweise durch eine von ihnen selbst konzipierte Analyse eines Unternehmens oder Startups sammeln. Als „Zwischenschritt“ ist dann ein realer Außenkontakt denkbar – indem die Ergebnisse mit Vertretern des Unternehmens besprochen und diskutiert werden. Als abschließende Aufgabe – mit der höchsten Schwierigkeitsstufe – ist es dann denkbar, die Studierenden oder Schüler selbst eine Betriebsbesichtigung beim analysierten Unternehmen planen und organisieren zu lassen. Hier erhalten die jungen Menschen die Möglichkeit, als Gruppe bzw. Gruppenmitglieder einen Teil der Verantwortung zu tragen. Dies kann sich im Vergleich zu Konzepten, in denen sie alleinig die volle Verantwortung tragen müssten, als vorteilhaft erweisen, da für viele junge Menschen ein solcher Lernansatz eher „ungewohnt“ sein wird und so einer „Überforderung“ entgegengewirkt werden kann.

Ambiguitätstoleranz

Im Rahmen der Entrepreneurship Education können Möglichkeiten, mit Ungewissheit und Gegensätzlichkeit umzugehen, beispielsweise in Rollenspielen vermittelt werden (3).

Reflektiertes Denken

Denkbar sind hier beispielsweise Übungen in der Studierende oder Schüler den Mehrwert von Produkten oder Dienstleistungen aus Sichtweise eines (potentiellen) Kunden analysieren.

Diese Themenfelder werden im zweiten Netzwerktreffen „Entrepreneurship Education und Ökonomische-Bildung“ aufgegriffen und vertiefend weiterbearbeitet.
 

Quellen und vertiefende Links zu den Themengebieten:

(1) Entrepreneurship Education - Begeisterung wecken, Talente entdecken; RKW Kompetenzzentrum 2015

(2) Wolf Lotter, INNOVATION - Streitschrift für barrierefreies Denken; 2018

(3) Hintergrundartikel zur Ambiguitätstoleranz im RKW Magazin 3/2017 (Seite 24)