Wer als Ausbildungsbetrieb junge Menschen für eine Ausbildung begeistern möchte, sollte sich intensiv mit dem eigenen Bewerbungsprozess auseinandersetzen. Vor allem Anschreiben und lange Datenformulare zum Auszufüllen schrecken Jugendliche ab.

„Der Erstkontakt zum Betrieb sollte so einfach wie möglich gestaltet sein“, weiß Brit Oswald, die bei der REHAU Industries SE & Co. KG für die Themen Personalmarketing und Employer Branding zuständig ist. Sie hat gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen den Bewerbungsprozess umgekrempelt – herausgekommen ist „Die schnellste Bewerbung Deiner Region“. Was es damit auf sich hat und wie erfolgreich das Unternehmen mit dieser Maßnahme ist, hat uns Brit im Interview verraten.

Brit, wie funktioniert „Die schnellste Bewerbung Deiner Region“?

Es ist der einfachste Bewerbungsprozess, den wir uns für unsere Azubibewerbenden vorstellen konnten. Der erste Kontakt ist heruntergebrochen aufs Allernötigste. Die Interessierten brauchen kein Anschreiben, keinen Lebenslauf und keine Zeugnisse. Sie müssen im allerersten Schritt nur das kurze Formular ausfüllen, das dauert höchstens eine Minute. Der nächste Schritt liegt dann bei uns. Das ist auch die Besonderheit: Der Weg zum Bewerbenden ist so unkompliziert wie möglich. Dadurch haben wir sämtliche Hürden abgebaut.

Wie kam es überhaupt dazu, dass ihr euren Bewerbungsprozess hinterfragt und auch verändert habt?

Uns war schon länger bewusst, dass unser klassischer Bewerbungsprozess nicht ganz optimal war, weil sich die potenziellen Azubis anmelden und ein Profil mit Passwort anlegen mussten. Darüber hinaus war es notwendig einige Formularfelder auszufüllen und die ganzen Bewerbungsunterlagen hochzuladen. Vor ein paar Jahren war das einfach der Standard in einem Bewerbungsprozess – mittlerweile hat sich das geändert.
Heute sollte man es den Bewerbenden so einfach wie möglich machen, um überhaupt Ausbildungsplätze zu besetzen. Natürlich haben wir auch unsere Zielgruppe genauer analysiert und uns gefragt, wie die Generation Z eigentlich tickt und was sie sich wünscht. Wir haben auch Feedback von unseren eigenen Azubis eingeholt, die uns zurückgespiegelt haben, dass sie den Bewerbungsprozess nicht so einfach fanden.

Wie ging es dann weiter?

Wir haben gemeinsam überlegt, welche Informationen wir unbedingt von den Bewerbenden benötigen. Darüber hinaus haben wir unsere eigene Candidate Journey und den Bewerbungsprozess angesehen und versucht uns in den Bewerbenden hineinzuversetzen und uns gefragt, an welcher Stelle Interessierte den Bewerbungsprozess abbrechen und warum. Aus diesen Erkenntnissen ist dann letztendlich „Die schnellste Bewerbung deiner Region“ entstanden.

Wie schnell konntet ihr mit der Schnellbewerbung einen „Erfolg“ verzeichnen?

Wir konnten innerhalb eines Jahres 150 Prozent mehr Bewerbungen durch das Schnellbewerbungsformular generieren. Das war also definitiv eine erfolgreiche Maßnahme.

Wow, das hat sich wirklich richtig für euch gelohnt. Und das, obwohl die Bewerbenden bei eurem Formular eine Telefonnummer angeben müssen. Tendenziell höre ich von vielen Unternehmen, dass Jugendliche via Telefon schwer zu erreichen sind. Welche Erfahrung hast du damit gemacht?

Tatsächlich ist das ein Problem, dass wir feststellen mussten. Es spielt aber auch keine Rolle, ob wir den Bewerbenden eine Mail oder eine WhatsApp schreiben. Es ist generell sehr schwierig mit der Generation Z in Kontakt zu kommen. Deshalb gibt es in der Bestätigungsmail den Hinweis, dass die Bewerbung eingegangen ist und sich jemand melden wird. Es gibt natürlich trotzdem Bewerbende, die wir zehn Mal anrufen und trotzdem nicht erreichen können. In dem Fall ist es dann eben auch nicht der passende Azubi für uns.

Nehmen wir mal an, dass ihr einen interessierten Jugendlichen erreicht habt und das Gespräch lief erfolgreich von beiden Seiten aus. Wie geht es dann mit dem Bewerbungsprozess weiter? Müssen dann alle Bewerbungsunterlagen nachgeliefert werden?

Für uns ist dieses Telefongespräch die Alternative zum Lebenslauf. In dem Gespräch fragen wir genau die Punkte ab, die im Lebenslauf stehen würden. Ob man schon mal Praktika gemacht hat, wie es in der Schule aussieht, was die Interessen sind und so weiter. In einem Lebenslauf von einer Schülerin oder einem Schüler sind sowieso noch nicht so viele Informationen enthalten.
Wenn es von beiden Seiten aus passt, laden wir die Person zum Vorstellungsgespräch ein, bei dem auch die Ausbildenden dabei sind – an diesem Punkt schauen wir uns das Zeugnis an. Ein Anschreiben ist bei uns kein Thema, das brauchen wir nicht.

Ist das Schnellbewerbungsformular eigentlich nur für Azubis gedacht oder können sich damit auch Fachkräfte bewerben?

In diesem Fall ist es nur für Azubis gedacht. Wir haben dieses Konzept auch schon für Fachkräfte angewendet. Das war beispielsweise im Rahmen von Personalmarketing-Kampagnen, wo wir für Werkstandorte gezielt Produktionsmitarbeitende gesucht haben. Das Formular haben wir einfach etwas abgewandelt.

Würdest du kleinen Betrieben das Schnellbewerbungsformular weiterempfehlen und mit welchen Kosten müssen Unternehmen rechnen?

Für kleinere Betriebe ist es sogar einfacher so ein Formular einzuführen, weil gerade im Hintergrund die Prozesse weniger komplex sind als bei größeren Unternehmen und schneller Entscheidungen getroffen werden können.
Wir haben die Schnellbewerbung von unserer IT-Abteilung programmieren lassen, deshalb waren die Kosten bei uns kein großes Thema und hatten keinen Einfluss auf Entscheidungen bei der Neugestaltung des Bewerbungsprozesses.

Vielen Dank für das Interview! 

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