Spanier & Wiedemann KG

Durch die Digitalisierung neue Geschäftsmodelle entdecken

Firmensitz: Longuich; Mitarbeiterzahl: 25

Leistungsprofil
Die Spanier & Wiedemann KG ist spezialisiert auf Gerüstbau und dazugehörige Dienstleistungen.

Kontakt
Sebastian Bichler,
Geschäftsführer
sb(at)spanier-wiedemann.de
www.spanier-wiedemann.de

Thematische Zuordnung
Digitalisierung im Handwerk und Erschließung neuer Geschäftsfelder

Aktueller Status quo in Sachen Digitalisierung

Das Gerüstbauunternehmen hat verschiedene Prozesse digitalisiert und erste Schritte zum Arbeiten mit BIM unternommen. Dabei können digitale Werkzeuge in verschiedenen Datei-Strukturen zur weiteren Be- und Verarbeitung in unterschiedlichen Programmen genutzt werden. Die Büroorganisation hat sich geändert, aber auch die Logistik und die Ausführung. Das Aufmaß erfolgt digital mit Drohne oder Scanner, sodass das aufgenommene Objekt in einer Punktewolke digital dargestellt und der Plan digitalisiert allen Projektbeteiligten zur Verfügung gestellt werden kann. Die Zeiterfassung ist ebenfalls digitalisiert, sowie die Arbeitsplanung. Auch die Rechnungserfassung erfolgt digital und ist Cloud-basiert. Die Gerüstabnahme erfolgt mit Hilfe einer App. Dadurch werden alle am Projekt Beteiligten per Ampelsystem über den Zustand des Gerüsts in Echtzeit informiert, worüber sich nicht nur der Informationsfluss, sondern vor allem die Zusammenarbeit mit den Projektpartnern stark verbessert hat. Die Arbeit ist kooperativer und schneller geworden, insbesondere die Koordination der verschiedenen Gewerke. In diesem Zuge haben sich auch die Kommunikationsformen und -kanäle verändert: E-Mails wurden beim direkten Datenaustausch von Visualisierungen abgelöst und auch die Logistik ist in die neuen Kommunikationskanäle eingebunden.

Die Digitalisierungs-Strategie des Unternehmens

Geschäftsführer Hermann Spanier, verfolgt mit dem Einsatz digitaler Werkzeuge vor allem strategische Ziele. An erster Stelle steht hier die Effizienzsteigerung in seinem Unternehmen, verbunden mit einer besseren Planung und Planungsqualität, eine bessere Datendurchgängigkeit, die Gewinnung neuer Mitarbeiter, die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung der vorhandenen Belegschaft und nicht zuletzt die Generierung eines Wettbewerbsvorteils.

Herr Spanier und seine Tochter Jeanette, die ab 2020 in der Geschäftsführung sein wird, informieren sich ständig über die aktuellsten Entwicklungen in Fachzeitschriften, -literatur und bei -veranstaltungen. Aber auch Online-Angebote und Social Media spielen eine große Rolle bei den Informationen zum Thema Digitalisierung. Aktuell prüfen sie die Möglichkeiten von Virtual Reality (VR) und die Kommunikation auf Basis digitaler Modelle auf der Baustelle, mit mehr Bildern und weniger Text.

Erste Erfolge aus der digitalen Strategie hat das Unternehmen bereits zu verzeichnen. Aus dem Kerngeschäft Gerüstbau heraus haben sich zwei Startups entwickelt. Moselcopter wurde im Juli 2017 ausgegründet. Hier geht es um die digitale Vermessung mit Drohnen. Die Gründung von SCAFFEYE folgte im Oktober 2018. Das Angebot hier ist eine Software zum digitalen Gerüstmanagement.

Vater und Tochter sind überzeugt, dass Building Information Modeling (BIM) das Image der Bauwirtschaft positiv verändern kann und wird. „Der Weg der Digitalisierung ist der richtige! Insbesondere das frühzeitige Erkennen von Konflikten kann eine positive Auswirkung haben“, so Hermann Spanier. Aus Sicht des Unternehmers darf die Digitalisierung nicht zu theoretisch sein. „Die Visualisierung ist für uns darum der richtige Weg. So werden nicht nur die Kommunikation, sondern auch die Prozesse schlanker und effizienter.“

Einbindung der Mitarbeiter

Zur Einführung digitaler Werkzeuge und von BIM kam es durch erste Überlegungen von Hermann Spanier und seiner Tochter. Diese wurden in die Belegschaft gespiegelt und mit den Mitarbeitern diskutiert. So konnten Einsatzmöglichkeiten im Unternehmen identifiziert und auch schnell entschieden werden, an welcher Stelle die Digitalisierung sinnvoll ist und was sofort umgesetzt werden kann. Auch bei allen weiteren Digitalisierungsschritten sind die Mitarbeiter eingebunden und werden regelmäßig über Neuerungen informiert. Durch diese enge Zusammenarbeit und den direkten Austausch akzeptieren die Mitarbeiter die neuen Methoden sehr schnell. Natürlich gibt es auch Mitarbeiter, die der Digitalisierung gegenüber eher zögerlich sind, oft sind dies die Äteren. Aber auch diese Haltung wird respektiert, da ihr Know-how über den Gerüstbau im Unternehmen wichtig ist und weiterhin benötigt wird. Neue Kollegen bringen jedoch viele der benötigten digitalen Kompetenzen und die nötige IT-Affinität mit. Gerade technische Zeichner sind für die Digitalisierung des Unternehmens wichtig, da sie Prozesse und Aufbauanweisungen visualisieren und so das gemeinsame Verständnis fördern.

BIM wirkt sich natürlich auch auf den Qualifizierungsbedarf der Mitarbeiter aus, der stetig untersucht und Schritt für Schritt angepasst wird. Die Belegschaft nimmt beispielsweise an internen und externen Weiterbildungen teil, unter anderem, wenn neue Soft- oder Hardware eingeführt wird, damit sie mit den digitalen Informationen umgehen und arbeiten können. Hermann Spanier schätzt das bestehende externe BIM-Schulungsangebot für sein Berufsbild allerdings als sehr schlecht ein. Deshalb setzt er überwiegend auf interne Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen und Tutorials.

Hemmnisse und Chancen aus Unternehmenssicht

Hemmnisse sehen Herr und Frau Spanier in der unzureichenden Übersicht auf dem Software-/WerkzeugMarkt, den funktionalen Grenzen der Software, dem hohen Zeitaufwand bei der Einführung sowie in den hohen Anschaffungskosten für die Hard- und Software. Auch die Komplexität der Software schätzen sie im Verhältnis zum Einsatzzweck kritisch ein.

Dennoch kennen sie die Chancen. Insbesondere die hohe Effizienz von unternehmensintern strukturierten Arbeitsabläufen und einer systematischen Projektorganisation mit externen Beteiligten. Beides ist für sie Grund genug, die Digitalisierung des Unternehmens weiter voranzutreiben. Das frühzeitige Aufdecken von Fehlern bei der Planung durch Visualisierungen und Kollisionsprüfungen, die höhere Planungstiefe zu einem frühen Projektzeitpunkt, die Erhöhung der Transparenz und Dokumentation, der geringere Ressourceneinsatz für Projekte, die Zeitersparnis bei der Projektbearbeitung und die deutlich verbesserte Koordination mit Projektpartnern machen sich in dem Unternehmen bereits positiv bemerkbar.

Der Gerüstbauer ist durch BIM auch als Arbeitgeber attraktiver geworden. Er findet leichter Auszubildende und stößt zunehmend auch auf das Interesse von potenziellen Mitarbeitern ohne Schul- oder Berufsausbildung.

Tipps für andere Bauunternehmen

Jeanette Spanier stellt anderen Handwerkern die Startups Moselcopter und SCAFFEYE in Vorträgen bei Veranstaltungen oder auf Messen vor und muss oft große Überzeugungsarbeit für ihre digitalen Angebote leisten. Viele Handwerker sind der Meinung: „Das hab‘ ich 20 Jahre lang ohne Drohnen und Software hinbekommen, warum soll ich das jetzt ändern?“ Sie und ihr Vater wissen und verdeutlichen dann, wie sie als Unternehmer durch die digitalen Methoden profitieren. Voraussetzungen dafür sind Offenheit und der Glaube an die Sache, auch wenn viel Arbeit mit der Einführung der Digitalisierung verbunden ist. Sie berichten von den vielen positiven Erfahrungen, die sie bisher schon machen konnten, und zeigen auch, dass diese ersten Erfolge auf ihrem eigenen Engagement basieren. Die Politik sei zwar sehr offen und investiere auch, aber die Betriebe müssten auch selbst aktiv werden, so Hermann Spanier.

Vater und Tochter sind sich einig, dass sich in Zukunft Planer und Auftragnehmer immer mehr mit der Digitalisierung beschäftigen und entsprechende Prozesse einführen müssen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Das beinhaltet auch, sich mit BIM frühzeitig auseinanderzusetzen.

Für den Gerüstbaubetrieb bedeutet das konkret, dass BIM helfen soll, Gerüste sicherer zu machen, wenn sie digitalisiert werden. Mit einer Hochschule stoßen sie derzeit nächste Schritte an, indem sie ein System erarbeiten, mit dem sich ein Gerüst selbst beobachten kann.