Welche Folgen hat das modellbasierte Bauen (BIM) für die Bau-Arbeitswelt?

Fähigkeiten und Kompetenzen, die durch die Anwendung von BIM künftig an Bedeutung gewinnen
Neben den Fachkompetenzen werden bei der Anwendung der digitalen Methode vermehrt neue Kompetenzen nachgefragt werden. Beispielsweise benötigen alle Beschäftigten ein grundlegendes Verständnis von BIM. Aufgrund des kooperativen Charakters der Methode werden auch Grundkenntnisse des Gesamtprozesses, Fähigkeiten zur Strukturierung und erhöhte kommunikative Kompetenzen notwendig sein. Ergänzend kommen IT-Kompetenzen hinzu, um mit der entsprechenden BIM-Software umgehen zu können.

Schlüsselkompetenzen werden dabei insbesondere Lernbereitschaft und eine gewisse Innovationsfähigkeit sein.

Fachkompetenzen werden mit der Einführung von BIM allerdings keineswegs entbehrlich! Alle Beschäftigten müssen weiterhin über ihr jeweils berufsspezifisches, baufachliches Fachwissen verfügen. Daher werden sich beispielsweise die Qualifikationen eines Bauingenieurs, Architekten oder Bautechnikers nicht grundlegend ändern. Wer am Bau arbeitet, muss etwas vom Bauen verstehen!

Die Ergebnisse der RG-Bau Beschäftigungsstudie zeigen, dass die befragten KMU und Experten die IT-Affinität als wichtigste Fähigkeit – unabhängig von Altersund Beschäftigtengruppe – identifizieren. Dem schnellen Erlernen und Anwenden von neuen digitalen Werkzeugen wird darum ein relativ hoher Stellenwert beigemessen (siehe Abbildung 4).

Auswirkung von BIM auf den Qualifizierungsbedarf der Beschäftigtengruppen
Die befragten KMU-Bau schätzen den Qualifizierungsbedarf der Beschäftigten sehr unterschiedlich ein, von „nicht vorhanden“ bis „sehr stark gestiegen“. Sofern ein Qualifizierungsbedarf besteht, bezieht sich dieser vorwiegend auf betriebsinterne Schulungen – mit Ausnahme von anbietergebundenen Softwareschulungen. Die Experten sahen tendenziell einen hohen Qualifizierungsbedarf für alle Berufsgruppen – vor allem im Umgang mit digitalen Werkzeugen und in Bezug auf Softwareschulungen (siehe Abbildung 5).

Anpassungen, die in den Berufen und Aufgabenprofilen durch die Einführung von BIM erforderlich werden
Die Mehrheit der befragten KMU-Bau gehen davon aus, dass es nicht nötig sein wird, eigens für die Anwendung von BIM neue Berufe zu schaffen. Vielmehr sollten die IT-Kompetenzen und der Umgang mit digitalen Tools der Beschäftigen und Nachwuchskräfte der Bauwirtschaft gefördert werden, um BIM anwenden zu können. Von einigen Unternehmen wurde insbesondere die Integration des Prozessdenkens in die bestehenden Bauberufe eingefordert. Mehrheitlich vertraten die befragten KMU-Bau die Meinung, dass alle bestehenden Berufe neue Kompetenzen benötigen (siehe Abbildung 6).

Nur jedes fünfte befragte KMU-Bau war der Meinung, dass durch die Einführung von BIM neue Berufe geschaffen werden müssten. Dies wären insbesondere Berufe, die sich um rechtliche Aspekte kümmern, Ausbilder für BIM beziehungsweise Digital Coaches oder Digital Scouts sowie Berufe im Bereich der Datenverwaltung. Essenzielle Kompetenzen, die diese ‚neuen‘ Berufe ausmachen, sind nach Ansicht der befragten KMU vor allem IT-Affinität, digitale Methodenkompetenz, Expertise in rechtlichen Themen sowie Koordinationsfähigkeit.

Für die Beschäftigten der Bauwirtschaft werden IT-Kompetenzen über alle Berufsgruppen hinweg immer wichtiger. Darüber hinaus werden zukünftig grundlegende Kenntnisse des kollaborativen Arbeitens und des prozessbezogenen Denkens benötigt.

Den entstehenden Qualifizierungsbedarf versuchen die KMU sowohl über interne als auch externe Schulungsangebote zu decken.

Die befragten Experten vertraten die Meinung, dass durch die integrative und kollaborative Arbeitsweise mit der BIM-Methode neue Verantwortlichkeiten und Projektrollen entstehen, die vom ‚klassischen‘ Projektmanagement nur unzureichend abgedeckt werden können. Mit den neuen Projektrollen entstehen auch neue Berufsbilder, wie BIM-Manager, BIM-Koordinator oder BIM-Modellierer. Nach ihrer Meinung werden zusätzlich Modellierungskompetenz sowie prozessorientiertes, Gewerke-übergreifendes Denken und kollaboratives Arbeiten sowie koordinierende und kommunikative Kompetenzen benötigt (siehe Abbildung 7).

Sowohl KMU-Bau als auch Experten gehen überwiegend davon aus, dass die aktuellen Berufe ausreichen werden, um BIM anzuwenden. Diese müssen jedoch mit weiteren Kompetenzen angereichert werden. Das sind auf der einen Seite technische Fähigkeiten und IT-Affinität. Auf der anderen Seite sind das „SoftSkills“ wie Kommunikation, Kooperation und die Fähigkeit kollaborativ zu arbeiten.

Eine Anpassung der bestehenden Berufe sehen die Experten vor allem bei der Weiterentwicklung der einzelnen Leistungsbilder, wobei es eine erhebliche Rolle spielt, ob eine Person im Rahmen ihrer Aufgaben digitale Gebäudemodelle direkt bearbeitet oder die Informationen nur liest.

Die Leistungsbilder aus den neuen Projektrollen des BIM-Managers, BIM-Koordinators oder BIM-Modellierers befinden sich bereits in der Etablierungsphase.

Veränderung des Stellenwerts von Bauberufen
Die Experten wurden nach ihrer Einschätzung gefragt, welche Berufe besonders von der Digitalisierung in der ausführenden Bauwirtschaft betroffen sein werden, inwieweit die Methode BIM Einfluss auf verschiedene Berufe hat und ob die Berufe dadurch kurz- beziehungsweise langfristig an Stellenwert verlieren oder gewinnen (siehe Abbildung 8).

Die Auswertung zeigt, dass die Experten durch die Einführung von BIM nur wenig kurzfristige Effekte auf den Stellenwert der Bauberufe erwarten. Eine Ausnahme ist der Bauzeichner, für den eine Steigerung des Stellenwertes abzusehen ist. Auch bei den Berufen Bauleiter und Baukalkulator gab es einige Stimmen, die eine kurzfristige Steigerung des Stellenwertes erwarten.

Langfristig erwarten die Experten durch die Themen Digitalisierung und BIM, dass alle Berufe profitieren werden. Allerdings sind sich die Experten nicht immer einig, was am Beispiel des Baukalkulators deutlich wird: Ein Teil der Experten vermutet, dass die Kalkulation zukünftig zu einem großen Teil automatisiert stattfinden wird, was zum Verlust des Stellenwerts führen würde. Andere hingegen sehen den Baukalkulator als wichtige Schnittstelle zwischen modellierten Objekten und zugeordneten Kosteninformationen, was den Stellenwert steigern würde.

Insgesamt erwarten die Experten eher langfristige Effekte für alle Berufsgruppen. Nach ihrer Einschätzung werden alle Berufe von den Themen Digitalisierung und BIM profitieren und sich ihr Stellenwert tendenziell verbessern.

Verhältnis zwischen Nachfrage und Angebot der BIM-spezifischen Aus- und Weiterbildung
Im Rahmen der Befragung wurde das vorhandene Schulungsangebot für BIM von den KMU-Bau mit knapp befriedigend bewertet. Gründe hierfür sind vor allem fehlende Standards für Schulungsinhalte, oft sehr allgemeine oder sehr softwarespezifische Schulungen, und dass für die KMU-Bau der Schulungsmarkt wie auch die Softwarelandschaft zu undurchsichtig sind (siehe Abbildung 9).

Zwei Drittel der befragten KMU-Bau haben bereits Schulungsangebote bei Kammern, Verbänden, BIM-Clustern oder anderen Anbietern in Anspruch genommen. BIM-spezifische Aus- und Weiterbildungsangebote werden scheinbar am stärksten bei den Kammern nachgefragt und entsprechende Schulungen dort auch am häufigsten durchgeführt. Bei der Hälfte der genutzten Schulungsinhalte handelte es sich um Softwareschulungen.

Insgesamt erscheint den KMU-Bau das Angebot zu allgemein, da sie sich ein auf ihr Unternehmen zugeschnittenes Weiterbildungsangebot wünschen.

Die Experten schätzen die Nachfrage nach BIM-spezifischen Schulungsangeboten sehr unterschiedlich ein, von hoch, über gering und partiell bis hin zu nicht existent (siehe Abbildung 10).

Den Unternehmensvertretern fällt es mitunter schwer, ihren konkreten Schulungsbedarf zu nennen. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Unternehmen auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittene Schulungen wünschen und dies über das aktuelle Angebot nur partiell abgedeckt wird (Nachfrage).

Die Angebote der befragten Experten im Bereich der BIM-spezifischen Aus- und Weiterbildung sind eher heterogen.

Es besteht anscheinend eine Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage (siehe: Abbildungen 9 und 10). Allerdings befinden sich zurzeit weitere Aus- und Weiterbildungsangebote in der Erarbeitung.