Zentrale Ergebnisse

Gründungsaktivitäten und die Wahrnehmung von Gründungschancen (Bevölkerungsbefragung)

Mehr Gründer als im Vorjahr: In Deutschland erreicht die TEA-Quote 2017 knapp über 5,3% und liegt somit 0,7 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Im Vergleichszeitraum ist die Gründungsquote in den Referenzländern wie Polen, Irland oder der Niederlande gesunken. Ein vorsichtiger Optimismus im Hinblick auf das Gründungsgeschehen in Deutschland ist somit angebracht, ob hieraus ein Trend entsteht, bleibt jedoch abzuwarten. Im internationalen Vergleich weist Deutschland seit Jahren eine relativ niedrige Gründerquote auf. In Vergleichsländern wie Kanada oder Estland liegt die TEA-Quote bei etwa 20%.

Gründungen eine Frage des Alters? Nicht in Deutschland: Ein Vergleich von Gründergruppen liefert wichtige Erkenntnisse über deren Beitrag zum gesamten Gründungsgeschehen. Für den vorliegenden Bericht wurden die Gründungsaktivitäten von jungen Menschen (18-24-jährige) mit denen von älteren Menschen (55-64-jährige) miteinander verglichen. Zwischen den Vergleichsgruppen besteht in Deutschland kein Unterschied: die TEA-Quote liegt jeweils bei 3,37%. Da in Deutschland aufgrund des demographischen Wandels die älteren Menschen einen relativ großen Teil der Bevölkerung darstellen, haben die 55 bis 64 jährigen hierzulande zumindest potentiell einen starken Einfluss auf die Gründungshäufigkeit insgesamt.

Siebenmal mehr Chancengründungen als Gründungen aus Mangel an Erwerbsalternativen: Der Blick auf die Gründungsmotive offenbart ein sehr erfreuliches Ergebnis: Sieben Chancengründungen (Opportunity-Gründung) steht eine Gründung aus Mangel an Erwerbsalternativen (Necessity-Gründung) gegen- über. Es ist der höchste Wert seit der erstmaligen Ermittlung im Jahr 2002. Im internationalen Vergleich mit den innovationsbasierten Ländern liegt Deutschland auf Platz vier. Ausschlaggebend für dieses positive Ergebnis ist die hohe Opportunity-Quote. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Entwicklung von Opportunity-Gründungen: Sie weisen im Vergleich zu Necessity-Gründungen häufiger ein stärkeres Wachstum auf und behaupten sich länger am Markt.

Viele Migranten sind Chancengründer: Der Vergleich von Migranten mit der einheimischen Bevölkerung zeigt, dass die Gruppe der nicht in Deutschland geborenen mit einer TEA-Quote von knapp über 6% etwas häufiger gründet. Insbesondere in den ersten sieben Jahren nach ihrer Ankunft in Deutschland weisen die Migranten eine überdurchschnittliche Gründerquote auf. Der Unterschied in der Gründungshäufigkeit zwischen Frauen und Männern ist weniger stark ausgeprägt als bei gebürtigen deutschen Gründerinnen und Gründern. Drei Viertel der Migranten gründen, weil sie Marktchancen ausnutzen möchten und nicht aus Mangel an Erwerbsalternativen. Darüber hinaus kann der Import von Ideen aus dem Heimatland zu einem Wissenstransfer beitragen. Insgesamt tragen Migranten somit nicht nur durch ihre überdurchschnittliche Gründungshäufigkeit, sondern auch über die Qualität ihrer Gründungen zur deutschen Wirtschaft bei.

Deutsche Gründer legen den Fokus insbesondere auf den nationalen Markt: Gründungen werden häufig in Verbindung mit der Schaffung von Arbeitsplätzen gebracht. Die Ergebnisse zeigen, dass Gründer in Deutschland in dieser Hinsicht im internationalen Vergleich eher vorsichtig agieren. 70% der Gründer www.rkw-kompetenzzentrum.de 9 erwarten mindestens die Schaffung eines Arbeitsplatzes in den ersten fünf Jahren oder haben bereits einen Mitarbeiter eingestellt. Dieser Wert ist im internationalen Vergleich relativ niedrig. Wachstumspotenziale zeigen sich u.a. in der Exportorientierung von Gründungen. Hier schneidet Deutschland schlecht ab. Gründer in Deutschland konzentrieren sich vor allem auf den nationalen Markt. Lediglich ein sehr kleiner Anteil (2%) aller TEA-Gründungen erwartet einen Auslandsumsatz von mindestens 75%. Das ist der geringste Wert aller innovationsbasierten Länder.

Die Bevölkerung sieht häufiger Gründungschancen: Ein positiver Trend zeigt sich bei der Wahrnehmung von Gründungschancen. 42% der befragten Personen sehen in der Region, in der sie leben, in den nächsten sechs Monaten gute Chancen für eine Unternehmensgründung. Dieser Wert hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht und ist 2017 so hoch wie noch nie seit Beginn des GEM 1999. Das Ergebnis macht durchaus Hoffnung auf steigende Gründerquoten. Als einschränkender Faktor könnte in diesem Zusammenhang jedoch die Wahrnehmung der eigenen Gründungskompetenzen wirken. Im Hinblick auf die Einschätzung von Gründungskompetenzen, sind nur 37% der befragten Personen der Ansicht, dass sie ausreichendes Fachwissen und die notwendigen Fähigkeiten für die Gründung eines Unternehmens haben. Im internationalen Vergleich ist dies ein unterdurchschnittliches Ergebnis.

Die Rahmenbedingungen für den Gründungsstandort Deutschland (Expertenbefragung)

Gute Infrastruktur, schlechte Ausbildung: Die gründungsbezogenen Rahmenbedingungen in Deutschland weisen spezifische Stärken und Schwächen auf, die sich in den vergangenen Jahren kaum verändert haben. Besonders positiv werden die Infrastruktur, die Einstellung von Konsumenten und Unternehmen gegenüber Innovationen, der Schutz geistigen Eigentums und öffentliche Förderprogramme bewertet. Neue Unternehmen profitieren außerdem von einem breiten Spektrum an Beratern und Dienstleistern. In den genannten Bereichen bietet Deutschland für Unternehmensgründungen ein gutes Umfeld. Allerdings wird der überwiegende Teil der Rahmenbedingungen von den befragten Experten als verbesserungswürdig ein geschätzt. Allen voran erhält die Gründungsausbildung besonders schlechte Bewertungen. Der Bereich Regulierung und Steuern wird im Hinblick auf Gründungsaktivitäten ebenfalls als kritisch identifiziert. Auch die gesellschaftlichen Werte und Normen erhalten eine wenig gründungsfreundliche Einstufung. Der internationale Vergleich der gründungsbezogenen Rahmenbedingungen liefert folgendes Bild: Insgesamt liegen acht von zwölf bewerteten Rahmenbedingungen in Deutschland unterhalb des Mittelwerts der innovationsbasierten Länder. Die schlechte Bewertung der Gründungskultur und der Gründungsausbildung zeigt sich auch gegenüber den Referenzländern. Der Gründungsstandort Deutschland erscheint im internationalen Vergleich somit als nicht überdurchschnittlich attraktiv.

Zu wenig Rollenvorbilder für Frauengründungen: Im Hinblick auf Gründungen durch Frauen sehen die befragten Experten durchaus gute Chancen, Familie und Beruf aufgrund vorhandener Betreuungsangebote zu vereinbaren. Als problematisch werden hingegen die fehlende Präsenz von Rollenvorbildern und die Gründungschancen für Frauen im ingenieurwissenschaftlichen Bereich gesehen. Die Herausforderungen der Digitalisierung erfordern jedoch eine stärkere Einbindung von Frauen.

Die Möglichkeit der Unternehmensnachfolge als Gründungsoption ist noch zu wenig bekannt: Im Hinblick auf die Rahmenbedingungen für die Unternehmensnachfolge zeichnet sich ein positives Gesamtergebnis ab. Finanzierungsmöglichkeiten und Matching-Formate bieten – nach der Meinung der Experten – gute Chancen für die erfolgreiche Gestaltung einer Unternehmensnachfolge. Der Bekanntheitsgrad der Unternehmensnachfolge als Gründungsoption in der Gesellschaft wird hingegen von mehr als der Hälfte der Experten als gering eingeschätzt . Deutschland belegt unter den 24 innovationsbasierten Ländern mit einer Gründungsquote von 5,3% lediglich den fünftletzten Rang.