Die Personalbestandsanalyse: Ein Radar für personalwirtschaftliche Risiken

Die Personalbestandsanalyse: Ein Radar für personalwirtschaftliche Risiken

Welche Stellen müssen Sie künftig neu besetzen? Wo müssen Sie für Nachwuchs und Wissenstransfer sorgen? Wo für Personal- und Führungskräfteentwicklung? Kurz: Was müssen Sie tun, um zum richtigen Zeitpunkt das passende Personal zur Verfügung zu haben? Je früher das klar ist, umso besser. Voraussetzung dafür ist wiederrum Klarheit über:

  • den aktuellen Personalbestand,
  • seine Entwicklung, wenn geschäftlich sonst nichts weiter passiert, und
  • seine Entwicklung, wenn Sie an bestimmten Stellschrauben (Einstellungen, Weiterbildungen etc.) drehen.

Kleine Unternehmen können diese Aspekte "mit bloßem Auge" betrachten. Mit steigender Unternehmensgröße steigt allerdings der Nutzen einer systematischen Personalbestandsanalyse. Dabei kann die Technik helfen. Geeignete Programme gibt es viele, mittlerweile sogar kostenlos.

Ein solches Tool ist beispielsweise der DemografieKompass der TBS NRW. Er kann online über den Browser genutzt oder heruntergeladen werden. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf den ExpertenCheck, der eine umfassende Personalbestandsanalyse ermöglicht. Der Kurz-Check betrachtet "nur" die Altersstruktur der Gesamtbelegschaft und ist deshalb weniger aussagekräftig. Detaillierte Informationen zur Anwendung beider Versionen finden Sie im dazugehörigen Wiki auf der Website.

Der Weg zur Personalbestandsanalyse

1. Kategorien festlegen: Alter, Austrittsdatum, Geschlecht, Unternehmensbereiche / Abteilungen, Qualifikation … Wie so oft ist auch hier der erste der entscheidende Schritt. Denn Sie müssen sich überlegen, welche Informationen für Sie wichtig sind. Daraus ergibt sich: Welche Kategorien wollen Sie genauer betrachten und miteinander in Beziehung setzen? Zum Beispiel: Wie ist die Qualifikation auf die unterschiedlichen Altersgruppen in einer Abteilung verteilt? Oder welche Altersstruktur habe ich in fünf Jahren in der Abteilung, wenn ich (nicht) für Nachwuchs sorge? Wie ist die Altersstruktur meiner Schlüsselkräfte?

2. Daten erfassen: Über eine Excel-Tabelle können Sie Ihre Personaldaten importieren. Dabei müssen Sie sich an einer Vorlage orientieren, die das Programm mitliefert. Die beiden Kategorien "Geburtsdatum / Alter" und "Austrittsdatum" sind vorgegeben. Weitere optionale Kategorien können Sie ergänzen.

3. Standardauswertung erstellen: Der Auswertungsbildschirm ist in drei Bereiche gegliedert: In der rechten Spalte befinden sich die Steuerelemente für die Berechnung der aktuellen Situation und der Prognosen. Die Grafik links oben zeigt die aktuelle Auswahl, hier die Altersstruktur des gesamten Unternehmens (Linien) und die Prognose (Balken) für drei Jahre. Die Grafik links unten zeigt Personalkennzahlen zu den altersstrukturellen Veränderungen. Über die Steuerelemente rechts können die vorher festgelegten Kategorien gefiltert und verknüpft werden.

Im abgebildeten Beispiel handelt es sich um eine alterszentrierte Belegschaft, und die Prognose zeigt: Die Zahl der älteren Mitarbeiter wird in den nächsten drei Jahren weiter zunehmen, 14 Mitarbeiter werden das Unternehmen altersbedingt verlassen. Dieses Bild könnte man jetzt noch nach Abteilungen, Geschlecht, Qualifikation usw. differenzieren.

In dieser Standardauswertung unberücksichtigt bleiben Neueinstellungen, Fluktuation oder andere Maßnahmen – das Programm schreibt einfach die aktuelle Belegschaftsstruktur fort. Die Entwicklung im obigen Beispiel wird also vermutlich nicht so verlaufen, wie prognostiziert. Hier sehen Sie eben, was passiert, wenn sonst nichts passiert – und das kann schon genug Information sein.

4. Eventuell erweiterte Auswertung erstellen: Mit der "Erweitert"-Funktion am rechten Rand der Anwendung können Szenarien zur Entwicklung des Personalbestands simuliert werden, die folgende Faktoren berücksichtigen: Beschäftigtenkategorien (z. B. Qualifikation), die Fluktuation, die Nachbesetzung von freien Stellen und schließlich den geplanten Personalbedarf. Es können beliebig viele Szenarien erstellt werden. Hier ergibt sich ein realistischeres Bild, die Auswertung ist aber auch aufwendiger. Das Ergebnis sieht zum Beispiel wie in Abbildung 6 aus.

5. Auswertung dokumentieren: Im Verlauf einer solchen Personalbestandsanalyse entstehen viele Auswertungen. Um den Überblick nicht zu verlieren, ist es sinnvoll, zentrale Ergebnisse zu dokumentieren. Dazu können Sie die Ergebnisgrafiken und -tabellen speichern, in Präsentationen oder Text-Dokumente einfügen und erste Ideen zur Analyse festhalten.

6. Analyse der Ergebnisse: Sie haben nun den Personalbestand in Ihrem Unternehmen untersucht und Hinweise auf mögliche Risiken und Handlungsfelder erhalten. Nun gilt es, die Ergebnisse zu analysieren, in die (möglichst strategische) Personalplanung einfließen zu lassen und entsprechende Maßnahmen abzuleiten. Die Daten, Auswertungen und Interpretationen können außerdem Bestandteil von regelmäßigen Berichten des Personalbereichs an die Geschäftsführung werden und in etwaige Personalkennzahlen einfließen.

Unterstützung bei der Altersstrukturanalyse bieten zum Beispiel die bundesweit qualifizierten Demografie-Lotsen, zu denen auch das RKW Hessen gehört, weitere Infos.

Personalbestandsanalyse bei der Arnold AG

Die Arnold AG, ein familiengeführtes, hessisches Unternehmen der Metallverarbeitung mit rund 300 Beschäftigten, hat sich 2008 erstmals die Frage gestellt, wie sich das Unternehmen auf den demografischen Wandel vorbereiten kann. Das Unternehmen produziert Baugruppen für Kunden aus der Industrie, anspruchsvolle Designbauteile für Gebäude sowie großformatige Kunstwerke aus Metall im Auftrag internationaler Künstler. Diese Produkte erfordern langjährige Erfahrung und echte Leidenschaft für das oft außergewöhnlich anspruchsvolle Ergebnis. Das Unternehmen legt daher großen Wert auf engagierte und zufriedene Mitarbeiter.

Mit Hilfe einer Personalbestandsanalyse verschaffte sich das Unternehmen einen fundierten Überblick, welcher Handlungsbedarf im Hinblick auf den demografischen Wandel besteht.

Für die Analyse hat die Arnold AG die Datensätze aller Mitarbeiter anonymisiert aufbereitet und durch eine Beraterin des RKW Hessen auswerten lassen. Genutzt wurde dabei der DemografieKompass der TBS NRW. Neben den Standardkategorien wurden auch die Fehltage und die Weiterbildungsbeteiligung betrachtet. Die Daten wurden dabei mit den Bevölkerungs- und Ausbildungsdaten der Region sowie der Unternehmensstrategie für die kommenden Jahre abgeglichen.

Die Ergebnisse wurden zunächst im Personalbereich gesichtet und anschließend in einem Workshop im Führungskreis diskutiert. Für die Führungskräfte wurde durch die Analyseergebnisse sichtbar, wie stark das Durchschnittsalter der Beschäftigten in der Produktion in den kommenden zehn Jahren steigen wird. Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Beschäftigten gewinnen daher eine zentrale Rolle. Die Nachrekrutierung von Fachkräften wird dagegen erst in etwa zehn Jahren eine wesentliche Rolle spielen.

Andere Aspekte wie zum Beispiel die Altersverteilung der Führungskräfte und Nachfolgeregelungen waren dagegen bereits gut gelöst. Aha-Effekte löste auch die Auswertung der Arbeitsunfähigkeitstage nach Alter und Unternehmensbereichen aus. Als Konsequenz aus den Ergebnissen entschied sich die Arnold AG für ein Projekt in der Produktion, das unter dem Motto "Gesund arbeiten – gesund in Rente" für eine gesundheitsförderliche Arbeitsweise sensibilisiert. Das ursprünglich im Fokus stehende Thema "Rekrutierung junger Mitarbeiter" wird dabei selbstverständlich weiterhin verfolgt.

Die Analyse wird nun in regelmäßigem Abstand wiederholt, um Entwicklungen in der Personalstruktur frühzeitig zu erkennen.

Für Christoph Ebert, Leiter der Produktion und Mitglied des Vorstands der Arnold AG, lag der Nutzen klar auf der Hand: "Durch die Analyse haben wir strategisch wichtige Maßnahmen frühzeitig angepackt".