Überzeugt hat mich ein umfangreicher Literaturbeitrag. Er ist aus dem sogenannten "Projekt Zukunft" entstanden. Dies ist eine 1997 an den Start gegangene Landesinitiative der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung.

In deren Rahmen wurde das Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung sowie das Geographische Institut der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer aktuellen Bestandsaufnahme der Kreativ- und Innovationslabs in Berlin beauftragt. Auf Grund der Vielzahl der aufgezeigten Labs kann man Berlin zu Recht als Lab-Metropole bezeichnen. Die Existenz der Labs und ihre steigende Anzahl zeigt, dass sich die Organisation von Innovationstätigkeiten im Wandel befindet bzw. sich schon spürbar verändert hat.

Charakteristika von Innovations- und Kreativlabs

Um dieses Phänomen verstehen zu können, startet man vielleicht am besten beim klassischen, geschlossenen Innovationsprozess, den wir ja in unseren Publikationen schon hinreichend beschrieben haben, so zum Beispiel im Faktenblatt "Erfolgsfaktor 2: Der Innovationsprozess".Der beschriebene klassische, mehrstufige Innovationsprozess ist von der Vorstellung geprägt, dass sich die Arbeiten überwiegend bzw. fast ausschließlich im Unternehmen, seinen Räumen und Laboratorien vollzieht. Nur punktuell sieht er Kontakte zur Außenwelt vor.

Innovations- und Kreativlabs sind nun Ausdruck einer dazu gegenteiligen Vorgehensweise:

Ein "Lab" – so die neudeutsche Bezeichnung – ist grundsätzlich ein physischer und / oder virtueller Raum, der der Initiierung und Umsetzung innovativer Ideen dient. Ein Lab ermöglicht durch seine reale und / oder virtuelle Infrastruktur eine offene, oft zeitlich begrenzte Zusammenarbeit zwischen kreativen Köpfen, einschließlich potentieller Kunden. Die Räume an sich tragen durch ihre Lage, ggf. durch baulich Maßnahmen und durch ihre reale und / oder virtuelle Ausstattung den Anforderungen an einem kreativen Arbeiten Rechnung. Durch ein Lab werden neben räumlichen auch neue personelle Konstellationen geschaffen und alleine schon dadurch die kreativen Denkprozesse stimuliert. Der Innovationsprozess kann also durch die Nutzung eines Labs außerhalb etablierter Routinen vollzogen werden. Ja nach Ausprägung bietet ein innovation-lab die Möglichkeit, die generierten Ideen und neu erdachte Geschäftsmodelle direkt mit geringem Aufwand auszuprobieren und neue Entwürfe durch Experimente zu testen.

Ziel ist ganz klar der interdisziplinäre, verschiedene Akteure übergreifende Austausch von Informationen, Wissen und Ideen. Es geht also um die Öffnung des Innovationsprozesses, wie es uns die Open Innovation-Ansätze ja auch schon zeigen. Eine besondere Rolle kann dabei die Kreativwirtschaft als Querschnittsbranche mit ihren vielfältigen Facetten einnehmen. Durch ihre Integration in die laufenden Innovationsprozesse können Unternehmen des traditionellen verarbeitenden Gewerbes bzw. der technologiebasierten Wirtschaftszweige ihre Innovationskraft wesentlich stärken. Eine in den Labs gut anwendbare Methode ist das Design Thinking

Die Lab-Typen:

Die eingangs aufgeführte Studie unterscheidet folgende, für die Erfassung des Phänomens wichtige Lab-Typen:

GRASSROOT LABS: In diese Kategorie fallen Labs, die aus einer privat (und weniger kommerziell) motivierten Initiative von (mehreren) Einzelpersonen entstanden sind, die (zum Teil eigene) Räume – häufig mit Werkstattcharakter – zur Verfügung gestellt haben bzw. stellen. Ihr Motiv: Spaß am Experimentieren und am kreativen Austausch.

COWORKING LABS: Hier kommt schon mehr der Gedanke der Wirtschaftlichkeit ins Spiel, denn die Labs in dieser Kategorie haben in der Regel ein handfestes Geschäftskonzept. Sie bieten (überwiegend) körperliche Räume zum Arbeiten vor Ort an und stellen sie für heterogene Nutzer zur Verfügung. Flexible Nutzungsbedingungen kennzeichnen die Angebotspalette, die auch für die wechselnden Konstellationen der Akteure unterstützende Formate, zum Beispiel Programme und Veranstaltungen, enthalten. Die Nutzung erfolgt in der Regel gegen ein Entgelt (Miete +…).

Unternehmenseigene Labs: Sie werden von einem oder mehreren kooperierenden Unternehmen eingerichtet, um die eigenen Innovationsprozesse zu verbessern und die gezielte Einbindung externer Experten und potentieller Kunden zu erleichtern bzw. anzustoßen. Anderen externen Teilnehmern können je nach Geschäftsmodell auch die entsprechenden Leistungen angeboten werden, womit solche Labs in diesem Teil dann auch wieder Coworking Labs im oben bschriebenen Sinne sind. 

Forschungs- und Hochschulnahe Labs: Wie der Name der Kategorie schon sagt, gehen sie auf die Initiative von Hochschulen oder anderen FuE-Einrichtungen zurück. Wie alle Labs dienen sie dazu, externe Organisationen und Unternehmen in FuE-Projekte einzubinden und gemeinsam FuE-Projekte zu bearbeiten. Ziel ist es auch, dass im Ergebnis der Projekte Ausgründungen aus der Hochschule bzw. start-ups initiiert werden.

Daneben gibt es noch Inkubatoren, die Startkapital, Know-how, einen Marktzugang etc. anbieten und darüber hinaus einen sog. "Coworking Space" zur Verfügung stellen, der aber in der Regel "inhouse" ist und dessen Zugang im Unterschied zu den Coworking Labs enger begrenzt ist.

Bei den sog. "Company builder" handelt es sich eher um geschlossene Konzepte, mit denen Investor / Business Angels und / oder Venture Capital Geber darauf abzielen, start-ups "„inhouse" Coworking Space zu bieten, um aus (zum Teil unternehmenseigenen Ideen) profitable Firmen entstehen zu lassen.

Fazit:

Labs eignen sich, um vorhandene Innovationsprozesse unabhängig von einzelnen Phasen zu unterstützen. Sie bieten sicherlich nicht nur für start-ups und angehende Gründer, sondern auch für kleine und mittlereUnternehmen interessante Dienstleistungen und Kooperationsmöglichkeiten an. 

Es ist keine gewagte These, dass sich Kreativ- und Innovationslabs weiter in der Fläche verbreiten werden. Falls Sie schon Erfahrungen mit einem Lab dieser Art gemacht haben, berichten Sie uns davon!