Studierende, aber auch junge Absolventinnen und Absolventen verfügen oft noch nicht über ausreichende finanzielle Reserven, um die risikoreiche frühe Phase einer innovativen Unternehmensgründung aus eigenen Mitteln umzusetzen.
Für angehende Gründende an Hochschulen und Forschungseinrichtungen bietet das EXIST-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz die Möglichkeit, innovative Gründungsideen zu realisieren. Stipendien beziehungsweise Personalund Sachmittel minimieren in den Programmlinien „EXIST-Gründungsstipendium“ und „EXIST-Forschungstransfer“ das Anfangsrisiko für die Gründenden.
Neben den Gründenden selber nimmt EXIST auch die Hochschulen in den Fokus: Die Förderlinie „EXIST-Potentiale“ unterstützt Hochschulen beim Auf- und Ausbau von Gründungsnetzwerken, die Gründende individuell begleiten, das Thema Gründung in die Vorlesungen bringen, Studierende mit Formaten wie Startup-Planspielen für das Thema begeistern und so eine wahrnehmbare und aktivierende Gründungskultur schaffen. Auch wenn nicht alle Teilnehmenden zwangsläufig im Anschluss ein Startup gründen, wird so Vorratswissen erzeugt, das zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden kann und nebenbei die Entwicklung eines unternehmerischen Mindsets unterstützt.
Seit Beginn des Programms „EXIST“ vor über 25 Jahren wurden zahlreiche Gründende gefördert und erfolgreiche Unternehmen aufgebaut. Bis vor wenigen Jahren waren allerdings über 85 Prozent der im EXIST-Programm Geförderten männlich.
Seit 2023 spricht EXIST auch ganz gezielt Frauen an, die sich für eine Unternehmensgründung interessieren und sich weiter qualifizieren möchten: Die Programmlinie „EXIST-Women“ bietet gründungsaffinen Frauen eine zwölfmonatige unternehmerische Qualifizierungsphase, Eins-zu-eins-Mentoring durch Unternehmerinnen, Möglichkeiten zur Vernetzung und finanzielle Unterstützung durch ein optionales dreimonatiges Stipendium sowie Sachmittel.
Anders als bei den anderen Programmlinien können an EXIST-Women auch Frauen teilnehmen, die noch keine konkrete Gründungsidee haben oder deren Gründungsidee nicht in den eher technologieorientierten Fokus von EXIST-Gründungsstipendium oder EXIST-Forschungstransfer passen würde. Außerdem können die Qualifizierungsphase auch Frauen durchlaufen, die parallel einer Berufstätigkeit nachgehen. Damit ist EXISTWomen bewusst niedrigschwellig gestaltet. Gefördert werden pro Hochschule in der Regel Gruppen von fünf bis zehn Frauen. EXIST-Women soll den Teilnehmerinnen zu Beginn ihres Gründerinnenwegs einerseits einen Safe Space bieten, anderseits einen Zugang zum regionalen Gründungsökosystem eröffnen. Zeitlich ist EXIST-Women vor anderen Gründungsförderungen angesiedelt. Die Teilnehmerinnen können während der Laufzeit Anträge für Folgeförderungen wie zum Beispiel das EXIST-Gründungsstipendium ausarbeiten oder diese zu einem späteren Zeitpunkt in Angriff nehmen.
Angesprochen werden die potenziellen EXIST-Women Teilnehmerinnen durch die Hochschulen vor Ort. Da das Programm auch den Hochschulen wenig inhaltliche Vorgaben hinsichtlich der Art der Angebote zur Gründerinnenförderung macht, ist an den verschiedenen Hochschulen eine große Vielfalt an Maßnahmen entstanden, ausgerichtet an der jeweiligen Zielgruppe. Dies spiegelt sich auch in der Ansprache der Interessentinnen wider.
Als Good Practice nennen die Hochschulen das Vermeiden von Geschlechterstereotypen bei der Ansprache von angehenden Gründerinnen, denn noch immer wird gerade in der Gründungsszene der männliche Gründende oft als „Standardfall“ präsentiert. Bild- und Textsprache sollten solche Stereotype explizit vermeiden – auf das Programm „EXIST-Women“ bezogen, aber auch darüber hinaus bei allen Angeboten des Gründungsnetzwerks.
Weiterhin wird die Nutzung von nahbaren, vielfältigen Vorbildern als Erfolgsfaktor betont, um Sichtbarkeit zu schaffen und Gründungsinteressierte zu motivieren. Anhand der Vorbildgründerinnen können verschiedene Arten von Gründungen (Einzelgründung, Startup-Teamgründung etc.) und Karrierewege zur Gründung dargestellt werden. Dass es nicht eine einzige Gründerinnenpersönlichkeit gibt und Gründerinnen vielfältig in Hinblick auf Alter, Herkunft und Zielsetzung sind, wird so ebenfalls deutlich.
Als Erfolgsfaktor hat sich außerdem eine individuelle, bedürfnisorientierte Kommunikation erwiesen: Absolventinnen, die planen, ihre Forschungsarbeiten in einer Unternehmensgründung umzusetzen, haben andere Bedarfe und anderes Vorwissen als sehr frühphasige Gründungsinteressierte ohne konkretes Gründungsthema, bei deren Ansprache eher die Gründungssensibilisierung im Vordergrund steht. Für die angehenden Gründerinnen besonders motivierend ist oft die Aussicht, durch das eigene Unternehmen soziale und ökologische Ziele umzusetzen, und auch das kann durch die Ansprache kommuniziert werden.
Gute Erfahrungen haben Hochschulen mit einer persönlichen Ansprache der potenziellen Teilnehmerinnen vor Ort gemacht, beispielsweise mit einem Stand vor der Mensa oder einer Beteiligung an der Erstsemesterwoche. Allerdings ist das mit einem hohen Personalaufwand verbunden. Einige Hochschulen haben nicht nur eine ausgewählte Gruppe, sondern sämtliche Bewerberinnen für das Programm zu einem persönlichen Gespräch eingeladen. Auch zu Interessentinnen, die später keine EXIST-Women-Förderung erhalten haben, konnte so ein Kontakt aufgebaut werden, an den sich bei Bedarf später anknüpfen lässt.
Dauerhaft auffindbar werden die EXIST-Women-Projekte in der Regel über eine eigene thematische Unterseite innerhalb des Internetauftritts des Gründungsnetzwerks. Idealerweise können die Interessentinnen sich hier auch direkt für das Programm bewerben.
Der Artikel ist Teil des Themenheft Female Entrepreneurship.
Dr. Antje Dewitz ist wissenschaftliche Teamsprecherin für EXIST-Women beim Projektträger Jülich.
EXIST
EXIST ist co-finanziert durch den europäischen Sozialfonds. Wir danken den EXIST-Women Hochschulen für die Bereitstellung Ihrer Good-Practice-Beispiele zur Gründerinnenunterstützung.
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