Halb voll? Oder halb leer?
Ist das Glas damit halb voll oder halb leer?
Dafür muss man genauer in den Trendbericht Adult Education Survey (AES) 2014 hineinschauen, den das BMBF unter dem Titel "Weiterbildungsverhalten in Deutschland" im März veröffentlicht hat. Und dann zeigt sich, dass diejenigen, die es eigentlich am nötigsten hätten, sich am wenigsten an betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen beteiligen.
44 Prozent der An- und Ungelernten haben sich an Weiterbildungsaktivitäten beteiligt, ein Plus von 7 Prozent gegenüber 2012. Das ist ein erfreulicher Trend. Aber vergleicht man diesen Wert mit der Weiterbildungsbeteiligung von Fachkräften: 64 Prozent oder gar von Führungskräften: 75 Prozent ist das Glas eher halb leer. Denn niemand bezweifelt, dass Jobs für An- und Ungelernte weniger werden und ihr Risiko von Arbeitslosigkeit betroffen zu sein viel höher ist.
Mit den hohen Werten für Fach- und Führungskräfte geht einher, dass die besser Gebildeten oder höher Verdienenden sich eher weiterbilden. Für diese Gruppen gilt die Maxime vom lebenslangen Lernen also offenbar, Glas halb voll.
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr?
Fragt sich nur, wann das "Lebenslang" endet. Je älter Erwerbstätige werden, desto weniger ist Weiterbildung angesagt. Die 25-34-Jährigen Erwerbstätigen beteiligen sich zu 65 Prozent an betrieblicher Weiterbildung, im letzten Lebensjahrzehnt vor der Rente liegt der Wert nur noch bei 53 Prozent. Wollen die Älteren nicht mehr lernen oder wollen Arbeitgeber nicht mehr in ihre Weiterbildung investieren? Beides ist gleich dumm, denn wenn jemand sein Wissen und Können nicht auf dem aktuellen Stand hält, wird er mehr oder weniger schnell an Leistungsfähigkeit verlieren. Nicht alles lässt sich durch Erfahrung ausgleichen. Eher ein halb leeres Glas.
Zwar findet berufliche Weiterbildung meistens während der Arbeitszeit statt und wird vom Arbeitgeber bezahlt, aber die Chancen auf Weiterbildung sind in kleinen Betrieben deutlich geringer als bei Großunternehmen. Unternehmen mit über 1.000 Beschäftigten haben eine Beteiligungsquote von 71 Prozent, die kleinsten Betriebe mit bis zu 10 Mitarbeitern nur eine von 44 Prozent. Auch das Glas ist eher halb leer.
Kaum Unterschiede gibt es bei den Geschlechtern, wohl aber beim Umfang der Beschäftigung. Wer Teilzeit arbeitet beteiligt sich seltener an Weiterbildung.
Fasst man die Statsitiken des Trendberichts zusammen, ergibt sich dieses Bild: Die größte Chance auf eine Beteiligung an betrieblicher Weiterbildung hat die 25-34-jährige Führungskraft mit hoher Bildung in einem befristen Vollzeitarbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst in Ostdeutschland.
Soweit die Statistik. Viel spannender ist die Frage, wozu betrieblich weiterbilden? Das macht kein Arbeitgeber nur mal so. Aber was dann schließlich der Nutzen für das Unternehmen ist, überprüfen die wenigsten. Das hat mein Kollege Thomas Hoffmann vorige Woche einen Beitrag veröffentlicht.
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