Laut UN-Statistiken landet weltweit mehr als eine Milliarde Tonnen Lebensmittel pro Jahr auf dem Müll, fast ein Fünftel der globalen Produktion. Dies ist nicht nur besorgniserregend angesichts der fast 800 Millionen Hungernden weltweit, sondern auch aufgrund des damit verbundenen unnötigen Ressourcenverbrauchs und der damit verbundenen Umweltfolgen. In Deutschland wurden in der Vergangenheit pro Person und Jahr 78 kg Lebensmittel weggeworfen. Den überwiegenden Anteil davon bilden schnellverderbliche Lebensmittel wie Obst & Gemüse. Aber bereits an dritter Stelle folgen Brot & Backwaren mit 13 %.
Es gibt viele Lösungsansätze für das Problem die auf unterschiedlichen Ebenen wirken können. Für Unternehmen in der Lebensmittelproduktion oder im Handel sind es beispielsweise das Spenden von Lebensmitteln, sowie bessere Absatzprognosen auf Basis von Verkaufsdaten und mit Hilfe von Software. Aber auch verbesserte Verbraucherkommunikation und Aufklärung insbesondere zu Themen wie Produkthaltbarkeiten und richtiger Aufbewahrung können Lebensmittelverschwendung entgegenwirken. Besonders wirksam ist dies Art der Kommunikation über digitale Kanäle.
Genau hier setzt das Projekt der Bäckerei Görtz aus Ludwigshafen an. Lokal verankert und in Familienbesitz seit 1963 hat das Unternehmen Filialen in 68 Orten und arbeitet eng mit regionalen Lieferanten zusammen. Um das Thema Lebensmittelverschwendung zu adressieren, hat die Bäckereikette gemeinsam mit dem Institut für Management und Innovation der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen 2022 das Projekt Brotwert ins Leben gerufen.
Ziel ist es, mit an die Kundschaft gerichteten digitalen (und auch analogen) Kommunikationsmaßnahmen, Wissen und Wertschätzung für Backwaren zu steigern und die Verschwendung von Brot in Haushalten zu verringern. Konkrete Maßnahmen die das Unternehmen mit Hilfe des Projektpartners unternommen hat, waren beispielsweise ein interaktiver Brot- Mengenrechner sowie ein Online Quiz. Mit Hilfe des Mengenrechners können Kundinnen und Kunden genau planen wie viel Brot und Backwaren sie benötigen, dies ist insbesondere nützlich für größere Gästegruppen. Beim Online Quiz können Nutzende ihr Wissen über Brotsorten, Herstellung sowie nachhaltigen Umgang mit den Backwaren testen. Alle Angebote werden über die Website und App der Bäckerei kommuniziert sowie über die Social-Media-Kanäle. Die digitale Kommunikation wurde flankiert von analogen Aktionen in den Filialen wie Plakaten, Coupons oder bedruckte Tüten.
Das Projekt kam bei der Kundschaft der Bäckerei sehr gut an. Alleine von Februar bis August 2024 gab es 80.000 Zugriffe auf die „Brotwert“-Seiten der Görtz-Homepage. Zum Abschluss des Projektes gab es noch eine weitere Kundenumfrage zur Evaluation des Nutzens der Angebote. Auch eine Übertragung auf andere Produktkategorien wie z.B. Fleisch – mit anderen Praxispartnern - ist vom IMI-Institut der Hochschule angedacht.
Auch wenn das „SDG 2 – Kein Hunger“ für die meisten Unternehmen nur schwer zu beeinflussen ist, zeigt das Beispiel, dass es nicht nur im globalen Maßstab, sondern auch ganz konkret in Deutschland von mittelständischen Unternehmen angegangen werden kann. Laut Geschäftsführer Peter Görtz besteht auch kein Widerspruch zwischen kaufmännischem und nachhaltigem Interesse: „Mein Bäckerherz schlägt hier stärker als mein Verkäuferherz. Unser Ansinnen ist nicht, dass unsere Produkte weggeworfen werden.“ Prof. Dieter Thomaschewski und Projektleiter Philipp Tachkov schlagen in die gleiche Kerbe: „Mittelständler können über solche Maßnahmen Markenstärke und Kundenbindung steigern und auf diese Weise ökologische Verantwortung und ökonomische Interessen verbinden.“
Mehr Informationen:
https://imi.hwg-lu.de/projekte/oeffentliche-foerderung/brotwert/
https://www.baeckergoertz.de/brotwert/brotwert-das-projekt/
Lust auf mehr spannende Praxisbeispiele zur Twin Transition?
Dann schauen Sie doch mal hier: www.twintransitiontool.de
- © Bäckerei Görtz / Privat/Non-kommerziell – SDG_872x400_200125_36_beispiele_5_Baeckerei_Goertz.jpg