Sind Sie schon bereit für die Digitalsierung!?

Die XERVON GmbH hat bereits erste Schritte in Richtung Digitalisierung unternommen. 

Seit Anfang 2019 gibt es elektronische Personalakten und das Rechnungswesen wurde digitalisiert. Eingehende Rechnungen werden an eine spezielle E-Mail-Adresse geschickt und auch ausgehende Rechnungen können ohne langen Zeitverzug verschickt werden. Dafür wurden Baustellen-Tablets für die Mitarbeitenden eingerichtet, mit denen Aufmaß, Tätigkeiten und Zeiterfassung direkt erfolgen und in das Rechnungssystem einfließen können. Die Zeiterfassung dient dabei ausschließlich der Leistungsermittlung für die Rechnungsstellung und nicht zur Kontrolle der Mitarbeitenden. Das Ergebnis dieser Umstellung sind eine erhebliche Papierreduktion sowie eine schnellere und effizientere Rechnungsstellung. Das alles befindet sich zurzeit noch in der Testphase bei einem Kunden, damit vor einer kompletten Umstellungen Schwachstellen des Systems erkannt und behoben werden können.

Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Unternehmensorganisation und auf die Beschäftigten aus?

Da die digitalisierte Aufmaß- und Rechnungsstellung noch erprobt werden, können noch keine wirtschaftlichen Effekte festgestellt werden.

Für die kaufmännischen Mitarbeitenden bieten sie aber große Erleichterungen, da aktuell auch sie vor Ort, auf den Baustellen oder Werksgeländen der Kundschaft sind. Durch die Digitalisierung ihrer Aufgaben könnten damit verbundene Reisetätigkeiten deutlich reduziert oder sogar überflüssig werden. Sie wären ortsunabhängig und könnten beispielsweise auch vom Homeoffice aus arbeiten, so meine Meinung.

Ich fände es sogar sinnvoll, den „Test“ elektronische Rechnungsstellung im Gerüstbau auch auf andere Unternehmensbereiche zu übertragen, wie beispielsweise die Lagerverwaltung, oder Oberflächentechnik und Isolierung. Die Arbeit würde damit insgesamt effizienter. Bedauerlicherweise ist dies aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht in der Diskussion.

Veränderungen in den Arbeitsrollen gibt es bisher nicht. Durch die Testphase sind temporär Zusatztätigkeiten für die kaufmännischen Angestellten entstanden, da sie parallel zur mobilen Aufmaßerfassung und Abrechnung der Gerüste (MULTISCAFF) diese analog kontrollieren müssen.

Welche Ängste und Hemmnisse traten bei den Mitarbeitenden auf und wie konnten sie abgebaut werden?

Grundsätzlich sind die Mitarbeitenden der Digitalisierung gegenüber aufgeschlossen und das System für die elektronische Rechnungsstellung ist einfach.

Eine gründliche Einweisung und Schulungen waren am Anfang insbesondere für die älteren Teammitglieder erforderlich. Hilfreich ist auch, wenn die Mitarbeitenden technikaffin sind.

Das A und O, um Ängste und Hemmnisse abzubauen, sind Schulungen und der Beschäftigtendatenschutz, davon bin ich überzeugt.

Die Schulungen organisieren meist Führungskräfte und die Bauleitung. Hierfür können sie auf einen umfangreichen Weiterbildungskatalog des Mutter-Unternehmens REMONDIS zurückgreifen. Dieser wurde speziell für die (auch angehende) Bauleitung angelegt, ist aber grundsätzlich allen Beschäftigten zugänglich. Diese Inhouse-Schulungen werden von externen Expertinnen und Experten oder Beschäftigten aus der IT-Abteilung durchgeführt.
Zum Thema Digitalisierung und Building Informatiohn Modeling (BIM) gibt es aktuell keine Weiterbildungsangebote, sie beschränken sich auf allgemeine EDV-Schulungen.
Ich denke,  dass auch die Ausbildung dringend angepasst werden müsste. In den Ausbildungsrichtlinien der drei Gewerke, Gerüstbau, Isolierung und Maler, sollte Building Information Modeling als fester Bestandteil integriert werden.

Um das Vertrauen der Belegschaft nachhaltig zu sichern, ist für mich - wie schon erwähnt - auch der Beschäftigtendatenschutz sehr wichtig. Alles rund um die IT und die Digitalisierung ist gemäß der EU Datenschutz Grundverordnung (EU-DSGVO) im Unternehmen geregelt. Dafür hat sich auch der Betriebsrat in zwei Datenschutzseminaren umfänglich schulen lassen und einen Datenschutzplan entwickelt.

Wurden die Mitarbeitenden und der Betriebsrat in dem Veränderungsprozess mitgenommen und eingebunden? Und wie?

Es wurde eine Rahmenbetriebsvereinbarung (RBV) zur Entwicklung, Einführung und Betrieb von Informationstechnologien zwischen Geschäftsführung und Interessenvertretung der Mitarbeitenden abgeschlossen, der zwischenzeitlich verschiedene Anlagen hinzugefügt, die Ende 2018 zwischen Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeber ausgehandelt wurden.

2019 wurde auch die intern entwickelte Software MULTISCAFF als Gesamtbetriebsvereinbarung über die Einführung und Anwendung einer Software zur mobilen Aufmaßerfassung und Abrechnung von Gerüsten (GBV) in der RBV ergänzt. Hier konnte der Betriebsrat voll mitbestimmen.

Im Unternehmen gibt es außerdem einen IT-Ausschuss. Er bereitet in Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat die Entwürfe zu Gesamtbetriebsvereinbarungen IT vor und verhandelt diese auch. Im Gesamtbetriebsrat werden sie dann beschlossen.

Die Mitarbeitenden wurden und werden beim Einführen, Testen und Implementieren von digitalen Hilfsmitteln und Werkzeugen eingebunden. Ich gebe allerding zu bedenken, dass die Angst vor Neuem bei einigen Beschäftigten bestehen geblieben ist. Es wäre optimaler, die Mitarbeitenden aktiv und umfänglicher mit einzubinden und mit gestalten zu lassen, dann wäre auch die Akzeptanz größer.

Welche Tipps möchten Sie gerne anderen Betriebsräten mit auf den Weg geben?

Ich bin mir sicher, dass Building Information Modeling (BIM) den Unternehmens-Umsatz steigern könnte, und Unternehmen den Zuschlag für bestimmte Aufträge ohne BIM nicht mehr erhalten werden. Hier wird sich dann die Spreu vom Weizen trennen, das ist meine Meinung dazu. Betriebsräte sollten darum der Digitalisierung der Baubranche offen gegenüberstehen und sich frühzeitig in die Themen zur Digitalisierung und zu Building Information Modeling einarbeitet.
Gesamtbetriebsvereinbarungen, beziehungsweise generell Betriebsvereinbarungen, sind wichtige Instrumente. Sinnvoll ist es, gegebenenfalls sachliche oder rechtliche Unterstützung beziehungsweise Expertise hinzuzuziehen. Auch die Gewerkschaft ist bei der Betriebsratsarbeit ein guter Sparringspartner.