Die Pandemie hat Dinge ermöglicht, die vorher undenkbar gewesen wären. Gerade in der Bauausbildung tat sich einiges. Die RG-Bau sprach deshalb mit Thomas Murauer, dem Geschäftsführer der Bildungszentren des Baugewerbes e. V. (BZB).

Herr Murauer, wie genau hat die Digitalisierung die Bauausbildung verändert?

Die größte Veränderung in den BZB ist im Weiterbildungsbereich wegen des Präsenzverbots entstanden: Es wurde von 100 Prozent Präsenz auf 100 Prozent Online umgestellt. Die überbetriebliche Ausbildung gestaltet sich jedoch weitestgehend so wie vorher.

Welche Digitalangebote machen Sie den Auszubildenden in Ihren Bildungszentren und welche Erfahrungen haben Sie bei der Einführung und Umsetzung gemacht?

Der Fokus wurde zunächst daraufgelegt, die allgemeine Hardware-Infrastruktur aufzubauen. Die Ausbildenden wurden aus der Kollegenschaft heraus zu Multiplikatoren für „Digitale Geräte“ ausgebildet.

Die einzelnen Arbeitsplätze wurden aufgerüstet, es gibt zwei Monitore für die Ausbildenden, CAD-Anwendungen wurden ausgeweitet und die Ausbildenden dafür qualifiziert. Hierzu wurde MS Office 365 und Fachsoftware eingeführt. Das BZB hält hier Bildungslizenzen für die Auszubildenden bereit.

Je nach Gewerk und Qualifizierung des einzelnen Ausbildenden werden nun Lernanwendungen mit und für die Azubis umgesetzt. Dabei werden den Auszubildenden Tablets zur Verfügung gestellt, die durch die BZB administriert werden, um Datenschutz und -sicherheit zu gewährleisten, aber auch 3D-Druck und Lehrfilme wurden integriert.

Wichtig: Die Digitalisierung soll die handwerkliche Ausbildung in den Zentren unterstützen, nicht ersetzen.

Wir haben nochmals den Rollout mit „Digitalen Geräten“ forciert und sehen, dass die Motivationskurve bei den Auszubildenden deutlich angestiegen ist!

Dipl.-Ing. Thomas Murauer,

Geschäftsführer der Bildungszentren des Baugewerbes e. V. (BZB)

Wo wird die Entwicklung der Digitalisierung in der Bauausbildung Ihrer Meinung nach hinsteuern?

Roboter (Maurerroboter, Estrichroboter, 3D-Drucker für ganze Häuser oder Bauteile) werden kommen beziehungsweise sind teilweise schon da. Der Hauptanwendungsbereich wird wohl eher in größeren Bauprojekten liegen. Dort, wo Roboter nicht eingesetzt werden können, ist das Know-how des Facharbeiters erforderlich. Dazu müssen „Skills“ bereits in der Ausbildung vermittelt werden.

Ebenso wird es erforderlich sein, sich regelmäßiger fortzubilden.

Auch werden visuelle Anwendungen kommen und Fertigkeiten im Handling derer notwendig sein, dazu zählen CAD, Building Information Modeling (BIM), Augmented Reality, Virtual Reality, aber auch 3D-Scans und 3D-Druck.

Vielleicht müssen wir auch über gänzlich neue Berufsbilder nachdenken, die eine stärkere Gewichtung auf digitale Aspekte legen, zum Beispiel Baumaschinenprogrammierer oder Fachkraft für Baurobotik.

Gibt es ein konkretes Beispiel, wie Sie Augmented Reality (AR) oder Virtual Reality (VR) einsetzen?

Mit dem ARUB-Projekt erarbeiten wir gerade eine auf handlungsorientiertem Lernen basierende Anwendung von Augmented Reality mit dem Einsatz von AR-Brillen, 3D-Scannern und Tablets. Dabei wird das Werkstück wie bisher durch den Auszubildenden erstellt und mit dem digitalen Zwilling (CAD-Zeichnung) verglichen. Die Bilder werden sozusagen mit Hilfe der Brille übereinandergelegt.

Durch ARUB schulen wir das räumliche Vorstellungsvermögen und den Umgang mit 3D-CAD-Zeichnungen und durch das Erfassen digitaler Daten die „Bewertungs- und Messkompetenz“ der Auszubildenden sowie durch den Einsatz von Tablets auch die IT-Kompetenz. Wichtig ist auch, dass die digitalen Komponenten die praktische Ausführung ergänzen.

Sind Sie der Meinung, dass die Bauausbildung noch digitaler sein sollte?

Uneingeschränkt ja! Es liegt ein großes Potenzial in der Digitalisierung, aber es gibt leider nicht die „eine“ Lösung, sondern die Digitalisierung muss auf allen Ebenen stattfinden, also bei Auszubildenden, im Betrieb, in der Berufsschule und in den überbetrieblichen Ausbildungsstätten. Ohne Digitalisierung werden wir die Herausforderungen in Qualität und Quantität, vor allem in Bezug auf Fachkräfte, nicht stemmen können, zumal sich auch durch die Digitalisierung größere Chancen in der globalen Welt bieten.

Danke Herr Murauer für das Gespräch!

 

Das gesamte Interview aus der Praxis finden Sie in der letzten Ausgabe des RKW Magazins.