Durch das international abgestimmte und standardisierte Erhebungsdesign des Global Entrepreneurship Monitor (GEM) ist es möglich, länderübergreifende Vergleiche spezifischer Rahmenbedingungen vorzunehmen. Diese erlauben eine Bestätigung bzw. Relativierung der von den deutschen Experten identifizierten Stärken und Schwächen. Als Vergleichsländer werden in diesem Blogartikel alle Länder aus Europa herangezogen, für die entsprechende Experten-Daten vorliegen (Im Länderbericht Deutschland 2017/18 dienen innovationsbasierte Nationen als Vergleichsgruppe). Die Einschätzungen der Rahmenbedingungen in den Vergleichsländern basieren auf den Urteilen und Antworten der jeweils in dem entsprechenden Land befragten Experten. Der National Expert Survey (NES) ist eine qualitative Befragung von Experten, welche im Zuge des GEM durchgeführt wird, um die Rahmenbedingungen unternehmerischer Aktivität zu analysieren.
Insgesamt umfasst der internationale Vergleich 12 gründungsbezogene Rahmenbedingungen (siehe Tabelle). In Deutschland werden sieben der Rahmenbedingungen im Vergleich zu den europäischen Referenzländern als besser eingeschätzt. Hiervon sind jedoch nur „Öffentliche Förderprogramme“ sowie „Berater und Zulieferer“ mit Abstand deutlich besser bewertet. Das Angebot an öffentlichen Förderprogrammen sowie Beratern und Zulieferern ist somit innerhalb Europas herausragend. Beide Rahmenbedingungen sind Teil einer im Vergleich besonders gut ausgeprägten Unterstützungslandschaft für Gründungen und neue Unternehmen, die sich durch ein effektives Zusammenspiel zwischen öffentlichen und privaten Initiativen kennzeichnet.
Die weiteren fünf besser bewerteten Rahmenbedingungen liegen hingegen nur knapp über dem Mittelwert der Referenzländer. Hierzu zählen die Faktoren Marktdynamik, Wissens- und Technologietransfer, Finanzierung, Regulierung und Steuern sowie das Engagement der Politik.
Vier Rahmenbedingungen werden schlechter bewertet als die Mittelwerte der Referenzländer. Bemerkenswert ist das Ergebnis für die „physische Infrastruktur“. Hier liegt Deutschland leicht unterhalb des europäischen Durchschnitts. Ein Grund könnte die im europäischen Vergleich relativ niedrige Übertragungsgeschwindigkeit bei der Internet-Kommunikation sein. Deutschland befindet sich bei der durchschnittlichen Internet-Übertragungsrate derzeit nicht unter den Top 10 Europas. Darüber hinaus ist eine Reihe von ländlichen Regionen noch nicht an das leistungsfähige Breitbandnetz angeschlossen.
Ein Grund zur Sorge bereitet die schlechte Einschätzung der Gründungskultur (gesellschaftliche Werte und Normen) sowie der Gründungsausbildung. Es ist besonders kritisch, dass der Gründungsstandort Deutschland bei seinen größten absoluten Schwächen auch im internationalen Vergleich deutlich zurückliegt. Der Handlungsbedarf im Bereich „Entrepreneurship Education“ wird durch diese Ergebnisse zusätzlich unterstrichen.
Die oben abgebildete Tabelle zeigt die durchschnittlichen Werte der gründungsbezogenen Rahmenbedingungen für Deutschland und Europa im Vergleich. Nur die Kategorien „physische Infrastruktur“ und „unternehmensbezogene Dienstleistungen“ liegen sowohl in Deutschland als auch für Europa über dem theoretischen Mittelwert von fünf. Für Deutschland kommen noch die oben bereits erwähnten „öffentlichen Förderprogramme“ hinzu. Insgesamt zeigen sich politische, ökonomische, soziale und kulturelle Kontextfaktoren für Gründungen sowohl in Deutschland als auch in Europa als verbesserungswürdig.