Geschäftsmodellentwicklung in der Praxis

Neue Geschäftsmodelle in der Pflege

Myra Mani ist Geschäftsführerin des Mani Pflegedienstes in Lüdenscheid. Sie übernimmt das Unternehmen seit 2010 sukzessive von ihren Eltern, es ist gut positioniert und wächst bislang am Heimatstandort im Branchenvergleich recht schnell. Aktuell sind hier 85 Mitarbeitende beschäftigt, 2014 waren es noch 35. Nun geht Myra Mani gemeinsam mit ihrem Bruder einen deutlichen Schritt weiter auf Wachstumskurs. Die Demografie ist ohnehin auf ihrer Seite – die Digitalisierung auch. Das RKW Kompetenzzentrum begleitet sie bei diesem Weg im Rahmen des Entwicklungsprojekts „Wettbewerbsfähig in der Digitalisierung“. In dem folgenden Interview gibt sie einen Einblick in ihren Geschäftsmodellentwicklungsprozess.

Redaktion: Wohin geht die Reise für den Mani Pflegedienst in den nächsten Jahren?

Zum einen vollziehen wir intern immer noch den Generationenwechsel, und ich freue mich, dass auch mein Bruder mit an Bord kommt. Das ist natürlich nicht nur ein bürokratischer Akt, sondern wir fragen uns auch, wie wir künftig arbeiten wollen und was das für die Positionierung unseres Unternehmens heißen kann. Zum anderen haben wir mittlerweile eine Unternehmensgröße und wirtschaftliche Stärke erreicht, die es uns erlaubt beziehungsweise von uns fordert, größer zu denken. Wir werden uns also breiter aufstellen, unsere Angebote ausbauen und überregional aktiv werden. Es gibt derzeit bundesweit nur sehr wenige Pflegeeinrichtungen, die das tatsächlich schaffen und durch mehr als einen Namen verbunden sind. Uns geht es dabei natürlich um Skaleneffekte, aber auch darum, eine noch interessantere Verhandlungspartei für die Kranken- und Pflegekassen zu werden – und damit ein Stück weit die Pflegebranche mitzugestalten. Unsere Gesellschaft steht da vor großen Herausforderungen, und wir wollen unseren Beitrag dazu leisten. Das sind große Pläne.

Wie gehen Sie die an?

Ein Punkt ist die Vernetzung. Die Pflege ist natürlich einerseits sehr personenbezogen – und das wird sie meiner Meinung nach hier in Deutschland zumindest in den nächsten 20 Jahren auch bleiben. Aber es gibt viele Prozesse, wie Planung oder Abrechnung, die man digitalisieren, zentralisieren und sinnvoll vernetzen kann. Die IT ist im Moment also eine entscheidende Baustelle für uns, um wirtschaftlich wachsen zu können. Deshalb entwickeln wir auch als Referenzunternehmen gemeinsam mit einem IT-Partner eine neue Pflegesoftware, die es erlaubt, Daten über mehrere Standorte hinweg zu nutzen. So werden unsere Fach- und Führungskräfte von formalen Tätigkeiten entlastet, und sie haben über ihr Smartphone bei der Kundschaft vor Ort wirklich alle relevanten Informationen zur Verfügung, um ihre Arbeit gut machen zu können – und das ist ja letztlich das, was uns auszeichnet: Pflege mit Herz. Ein anderer Punkt ist, dass wir sehr stark mit unseren Mitarbeitenden gehen – und in Zukunft auch wortwörtlich: Wenn sie sich beispielsweise aus privaten Gründen entscheiden, nach Bielefeld zu ziehen, sollen sie dort auch weiter für uns arbeiten können. Nicht in jede Lebensphase passt unser eher ländliches Lüdenscheid, und so wollen wir künftig auch dar- über hinaus unsere wertvollen Fachkräfte binden.

Was sehen Sie als größte Herausforderung bei der Umsetzung dieser Wachstumsstrategie?

Die sehe ich bei den Punkten Unternehmenskultur und Mitarbeiterführung. Unser Pluspunkt in Lüdenscheid ist ganz klar unsere hohe Pflegequalität – mit langer Tradition. Hier stehen wir für „Pflege mit Herz“. Das ist der Kern unserer Unternehmenskultur und unser Erfolgsfaktor – sowohl gegenüber den Kundinnen und Kunden als auch den hart umkämpften Fachkräften. Um das über die lokalen Grenzen hinaus tragen zu können, brauchen wir vor Ort Schlüsselpersonen, die einerseits genau dafür stehen und andererseits in der betreffenden Region gut verankert sind. Pflege ist ein sehr lokales Thema. Vertrauen spielt hier eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus wollen wir neben den bereits bestehenden, vielfältigen Aktivitäten zur Bindung von Mitarbeitenden auch eine eigene Akademie einrichten. Hier sollen den Mitarbeitenden Fachinhalte, aber auch die prägenden Elemente unserer Unternehmenskultur vermittelt werden, beispielsweise warum und wie wir flexible Arbeitszeiten anbieten und viele andere Pflegeeinrichtungen nicht.

Frau Mani, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der Umsetzung Ihrer Pläne.