Work-Life-Balance

Work-Life-Balance

Orientiert an der Lebensrealität: eine moderne Führungs- und Arbeitsorganisation

Wer das Potenzial von Frauen sowie jungen Nachwuchskräften für die Besetzung von Führungspositionen konsequent ausschöpfen will, muss die Führungsorganisation für die Lebensrealitäten dieser Zielgruppen öffnen und flexible Arbeitszeiten, dezentrale Arbeitsformen sowie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Führungsbereich ermöglichen. Führen in Teilzeit kommt dem von immer mehr Führungskräften geäußerten Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten nach und bietet Männern wie Frauen die Möglichkeit, auch in Führungspositionen Familie und Karriere besser in Einklang zu bringen (siehe Online-Publikation "Frauen in Führungspositionen – Erfolgreiche Unternehmensführung im Mittelstand", RKW Kompetenzzentrum, 2014, Seite 18). Für Frauen verbessern sich damit die Zugangschancen in Leitungspositionen. Das Unternehmen verschafft sich mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und einem attraktiven Kinderbetreuungsangebot für Führungskräfte einen erheblichen Wettbewerbsvorteil im Kampf um die besten Talente.

Was sollten Sie bei der Gestaltung familienfreundlicher Rahmenbedingungen beachten?

  • Fördern Sie flexible, lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle bzw. Angebote der Arbeitszeitverkürzung im Management (Teilzeitmodelle befristet mit Anspruch auf Rückkehr in Vollzeit).
  • Unterstützen Sie Teilzeit-Führungskräfte durch Coaching sowie organisatorische und technische Lösungen im Betrieb.
  • Stellen Sie Angebote dezentraler Arbeitsformen (z. B. Homeoffice, Telearbeit) im Führungsbereich zur Verfügung.
  • Bauen Sie Ihr Angebot zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Führungskräfte aus.
  • Stellen Sie Chancengerechtigkeit in der Karriereentwicklung her, z. B. durch die Vergabe von Karrierepunkten an Mütter und Väter, die sich in Elternzeit befinden.

Wie können Sie vorgehen?

  • Ermitteln Sie in einer Umfrage unter Führungskräften in Ihrem Betrieb deren Bedarf nach flexibleren Arbeitszeiten und Kinderbetreuungsangeboten v. a. auch in Zusammenhang mit Elternzeit oder Pflegezeit.
  • Unterstützen Sie Führungskräfte in Teilzeit durch klare Organisationsabläufe und Regelungen (z. B. Delegation von Aufgaben, Vertretungsregelung bei Abwesenheit der Führungskraft, Sicherstellung der Erreichbarkeit über technische Hilfsmittel).
  • Setzen Sie die richtigen Anreize für Führungskräfte mit familiären Verpflichtungen. Gestalten Sie Ihre Unternehmenskultur so, dass Elternzeit von Männern und Frauen gleichermaßen in Anspruch genommen werden kann.
  • Ermöglichen Sie Ihren Führungskräften bei familiären Verpflichtungen (Elternzeit, Pflege Familienangehöriger) ihre Arbeitszeit zeitweise zu verkürzen.
  • Gewährleisten Sie einen Anspruch auf Rückkehr in eine "vollzeitnahe" Teilzeit (z. B. 32-Stunden-Woche) nach der Elternzeit.
  • Unterstützen Sie Führungskräfte bei der Organisation der Kinderbetreuung durch ein bedarfsgerechtes Kinderbetreuungsangebot im Betrieb (z. B. Einrichtung eines Eltern-Kind-Arbeitszimmers im Betrieb, Reservierung von Belegplätzen in Kindergärten, Vermittlung von Tagesmüttern u. a.).
  • Fördern Sie eine schnelle Rückkehr aus der Elternzeit z. B. durch die Mitfinanzierung (Zuschuss) externer Kinderbetreuung für Eltern, die früher aus der Elternzeit zurückkehren.
  • Bleiben Sie in Kontakt mit Führungskräften während der Elternzeit. Beteiligen Sie sie an betriebsinternen Veranstaltungen und Fortbildungen und bieten Sie kurzfristige Arbeitseinsätze z. B. bei krankheitsbedingten Ausfällen an.
  • Nutzen Sie verstärkt neue Medien in der Arbeit, um dezentrale Arbeitsformen im Führungsbereich (Homeoffice, Teleheimarbeit, Videokonferenzen) insbesondere in der Familienphase zu ermöglichen.

Wer kann Sie unterstützen?

Erkundigen Sie sich an Ihrem Standort nach Angeboten von Unternehmen sowie kommunalen und privaten Kinderbetreuungseinrichtungen, um ein breites Betreuungsangebot für Führungskräfte mit Familienverantwortung bereitstellen zu können. Vernetzen Sie sich mit Großunternehmen in Ihrer Nähe, die über einen Betriebskindergarten verfügen und Ihnen ein Kontingent an Betreuungsplätzen zur Verfügung stellen können.

Suchen Sie die Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Kinderbetreuungseinrichtungen und entwickeln Sie gemeinsam ein firmenspezifisches Angebot. Prüfen Sie auch die Möglichkeiten flexibler Öffnungszeiten, die besonders für Führungskräfte sehr hilfreich sein können.

Für die Entwicklung familienfreundlicher Fort- und Weiterbildungsangebote empfiehlt sich die Kooperation mit Bildungsträgern in der Region, vor allem mit solchen Bildungseinrichtungen, die während ihrer Schulungen Familienbetreuung anbieten.

Ein Beispiel: Karriere für Frauen bei der Firma Zühlke Engineering GmbH – Interview mit Katja Wittefeld, HR Managerin bei der Zühlke Engineering GmbH

Frau Wittefeld, was sind Ihre beruflichen Karriereziele und mit welchen Angeboten unterstützt Sie Ihr Unternehmen, diese Ziele zu verwirklichen?

Mein Karriereziel ist es, das Unternehmen im Wachstum gut zu begleiten und die HR-Prozesse dem Wachstum anzupassen. Ich möchte das Unternehmen bei der Aufstellung als profitablen, interessanten, innovativen und mitarbeiterorientierten Arbeitgeber unterstützen und gut für die Zukunft aufstellen. Zühlke unterstützt mich wiederum durch ein sehr großzügiges Fortbildungsbudget von 17 Tagen pro Jahr.

Welche konkreten Maßnahmen der Karriereentwicklung bietet Ihr Unternehmen für Frauen und deren Aufstieg in Führungspositionen an?

Es gibt derzeit noch keine "gezielten Maßnahmen". Das Unternehmen unterstützt Frauen am meisten durch ein mitarbeiterorientiertes, wertschätzendes Umfeld, ausgeprägte Familienfreundlichkeit und das Angebot von Teilzeitführungspositionen. Potenzielle Führungskräfte (egal ob männlich oder weiblich) werden im Rahmen eines Management-Development-Programms auf ihre mögliche künftige Führungsrolle vorbereitet.

Lassen sich Karriere und Familie in Ihrem Unternehmen denn gut miteinander vereinbaren?

Ja, Beruf und Familie sind gut miteinander vereinbar. Es gibt Teilzeitangebote für alle Arbeitnehmer, alle Mitarbeiter nehmen Elternzeit, die Männer zum Teil auch über die Partnermonate hinaus. Und ganz wichtig: Niemand wird deswegen schief angeguckt oder gar unter Druck gesetzt. Jeder Mitarbeiter kann von zuhause arbeiten, wobei es gewisse Einschränkungen gibt, wenn zum Beispiel ein Mitarbeiter vor Ort beim Kunden sein muss. Es gibt jeden Sommer ein Familienfest in allen Standorten. Ich glaube, das Wichtigste ist aber die gelebte Familienfreundlichkeit.

Reichen diese Maßnahmen nach Ihrer Meinung aus oder sollte das Angebot weiter ausgebaut werden?

Mitarbeiter, die als Berater arbeiten (in diesem Fall bei uns fast ausschließlich Männer), müssen zum Teil beim Kunden vor Ort arbeiten. Bei ihnen kann es vorkommen, dass ein junger Familienvater vier Tage einer Woche in einer anderen Stadt arbeitet. Wir versuchen, diese Projekte für frischgebackene Väter auszuschließen, aber es lässt sich in der Firmenrealität eben nicht immer vermeiden. Dies kann die Familie sehr belasten. Auf diese Fragestellung haben wir noch keine befriedigende Antwort gefunden.

Ist "Führen in Teilzeit" in Ihrem Unternehmen ein Thema? Besteht z. B. für Führungskräfte (Männer und Frauen) die Möglichkeit, die Arbeitszeit für familiäre Aufgaben (Elternzeit, Pflege, Wiedereinstieg nach Elternzeit) zu reduzieren beziehungsweise vorübergehend in Teilzeit (Führen in Teilzeit) zu arbeiten?

Es gibt im Service-/Backoffice-Bereich, dem ich als Leiterin Personal auch angehöre, die Möglichkeit, in Teilzeit zu führen. In den anderen Bereichen wurde das Thema von den betroffenen, durchweg männlichen Führungskräften bisher nicht angesprochen oder eingefordert. Im Fall einer solchen Anfrage würde das Unternehmen die Teilzeitführungsposition sicher auch in Erwägung ziehen, wobei zunächst die Geschäftsleitung überzeugt werden müsste.

Wie viele Führungskräfte arbeiten in Teilzeit? Und werden diese als positive Vorbilder im Unternehmen kommuniziert?

Ich bin derzeit die einzige Führungskraft in Teilzeit. Es gab früher eine weitere Kollegin in Teilzeit.

Vervollständigen Sie bitte abschließend den Satz: Chancengleichheit im Unternehmen bedeutet für mich …

… dass Männer und Frauen ohne Karriereknick Verantwortung in der Familie leben können.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Margarete Schreurs, Projektleiterin im RKW Kompetenzzentrum im Januar 2014.